Mission Walhalla
hatte.»
«Wissen Sie, wo das Ding jetzt ist?»
«Monsieur Schreider, der Direktor, hat ihn entfernen lassen.»
«Mist.»
«An der Wand im Flur hängt genauso einer. Soll ich ihn mal holen?»
Ich nickte, sie ging aus dem Zimmer und kehrte kurz darauf mit einem Messingfeuerlöscher zurück. Das Produkt der Pyrene Manufacturing Company in Delaware hatte eine Handpumpe, mit der sich ein Strahl Flüssigkeit auf ein Feuer spritzen ließ, und enthielt etwa neun Liter Kohlenstofftetrachlorid. Der Behälter stand nicht unter Druck und konnte nach Gebrauch durch einen Einfüllstutzen neu aufgefüllt werden.
«Als ich Sie fand, lag der Feuerlöscher neben Ihrem Bett, ohne Verschlussdeckel», sagte sie. «Die Chemikalie war direkt unter Ihrer Nase auf den Teppich geflossen. Anders ausgedrückt, es sah nach Fremdeinwirkung aus.»
«Haben Sie das irgendwem erzählt?»
«Mich hat niemand gefragt. Alle glauben, es war ein Unfall.»
«Es wäre besser für Ihre eigene Sicherheit, sie in dem Glauben zu lassen, Renata.»
Sie nickte.
«Können Sie sich vielleicht daran erinnern, ob jemand mein Zimmer betreten oder verlassen hat? Oder sich davor auf dem Flur herumgetrieben hat?»
Renata überlegte einen Moment. «Schwer zu sagen. Ehrlich gesagt, in euren Uniformen seht ihr Deutschen alle gleich aus.»
«Aber es sind doch bestimmt nicht alle so stattlich wie ich?»
«Das ist wahr. Vielleicht hat man Sie deshalb umbringen wollen. Aus Neid.»
Ich grinste. «Darauf bin ich noch gar nicht gekommen. Als Motiv, meine ich.»
Sie seufzte. «Hören Sie, eine Sache hab ich Ihnen noch nicht erzählt. Und Sie müssen mir Ihr Wort geben, dass Sie meinen Namen raushalten, wenn Sie irgendwas unternehmen. Ich will mir keinen Ärger einhandeln.»
«Keine Sorge», sagte ich. «Ich werde Sie beschützen.»
«Und wer beschützt Sie? Sie mögen ja ein toller Hecht gewesen sein, als Sie hier ankamen, aber im Augenblick sehen Sie eher aus, als könnten Sie selbst einen Beschützer gebrauchen.»
«Vielleicht haben Sie recht. Ich werde Sie aus allem raushalten. Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort.»
«Ihr Ehrenwort als deutscher Offizier.»
«Ist das nach München denn noch was wert?»
«Eigentlich nicht.»
«Was halten Sie von meinem Ehrenwort als jemand, der Hitler verachtet und alles, was er repräsentiert, samt dieser albernen Uniform?»
«Schon besser», sagte sie.
«Und der nur aus einem einzigen Grund heilfroh ist, dass die deutsche Armee den Rhein überquert hat.»
«Und der wäre?»
«Weil ich Ihnen sonst nie begegnet wäre, Renata.»
Sie lachte und schlug die Augen nieder. Sie trug schwarze Dienstkleidung mit einer kleinen weißen Schürze. Zögernd schob sie eine Hand in die Schürzentasche und holte einen Messingstöpsel heraus, der etwa die Größe eines Champagnerkorkens hatte. Sie reichte ihn mir und sagte: «Den hab ich gefunden. Das ist der fehlende Stöpsel des Feuerlöschers in Ihrem Zimmer. Er lag im Abfalleimer von Zimmer 55.»
«Gut gemacht. Können Sie herausfinden, welcher Offizier in Zimmer 55 wohnt?»
«Hab ich schon. Es ist Untersturmführer Willms. Nikolaus Willms.» Sie stockte. «Kennen Sie ihn?»
«Ich bin ihm im Zug von Berlin hierher zum ersten Mal begegnet. Er ist Polizist bei der Sitte. Hasst die Franzosen. Kommt sich vor wie ein Schlangenbeschwörer, ist aber keineswegs so betörend. Das ist so ziemlich alles, was ich über ihn weiß. Ich kann mir nicht vorstellen, was er für einen Grund hätte, mich umzubringen. Das ergibt keinen Sinn.»
«Vielleicht hat er sich einfach im Zimmer geirrt.»
«Die französische Posse kommt für gewöhnlich ohne Mord aus, jedenfalls bei Georges Feydeau.»
«Was wollen Sie jetzt tun?»
«Vorläufig nichts. Ich muss Paris für ein paar Tage verlassen. Vielleicht fällt mir bis zu meiner Rückkehr was ein. Was würden Sie davon halten, sich in der Zwischenzeit noch etwas deutsches Geld zu verdienen?»
«Womit?»
«Ihn im Auge behalten?»
«Und worauf soll ich achten?»
«Sie sind doch ein kluges Kind. Sie werden es merken. Immerhin haben Sie ja schon den Verschluss des Feuerlöschers gefunden, oder etwa nicht? Aber vergessen Sie nicht, er ist gefährlich, und gehen Sie kein Risiko ein. Nicht dass Ihnen auch noch etwas zustößt.»
Ich nahm ihre Hand und streifte sie mit den Lippen, und zu meiner Überraschung ließ sie es zu.
«Wenn ich nicht Angst hätte, dass ich wieder loshuste, würde ich Sie jetzt küssen.»
«Dann sollten Sie das lieber mir
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