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Mission Walhalla

Mission Walhalla

Titel: Mission Walhalla Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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ordentliche Dröhnung Aufputschmittel gespritzt, um mich in Schwung zu bringen. Amphetamine, hatte er gesagt. Was immer das war, ich kam mir vor, als würde der heilige Veit mit mir Händchen halten. Das Zeug betäubte zwar nicht die Schmerzen in Brust und Hals von der vielen Würgerei, aber es machte mich flugtauglich. Ich musste bloß noch meine Uniform aus dem Hotel holen, dann war ich startklar.
    Der Hoteldirektor war erleichtert, mich wieder auf den Beinen zu sehen. Er wäre es ebenso gewesen, wenn er mich im Rollstuhl gesehen hätte. Hauptsache, ich war am Leben. Es ist nun mal schlecht fürs Geschäft, wenn Gäste auf ihrem Zimmer sterben. Meine alte Unterkunft war wegen des strengen Chemikaliengeruchs abgeschlossen worden, und man hatte meine Sachen in eine Suite in einem anderen Stockwerk gebracht. Er schien beruhigt, als ich ihm erzählte, dass ich für ein paar Tage nach Biarritz reisen würde. Als ich sagte, dass ich auf dem Weg nach oben in mein neues Zimmer sei und mich auch gern bei meiner Lebensretterin, dem Zimmermädchen, bedanken wolle, sagte er, er würde sie unverzüglich zu mir raufschicken.
    Oben angekommen, nahm ich meine feldgraue Uniform aus dem Schrank. Sie roch stark nach Chemie oder Gas, und mir wurde schlagartig schlecht. Dieses widerliche Zeug hatte ich eingeatmet. Ich öffnete das große Fenster, hängte meine Uniform dort auf und ging ins Bad, um mir kaltes Wasser ins Gesicht zu spritzen. Es klopfte an der Tür, und ich stakste mit weichen Knien hin, um aufzumachen.
    Das Zimmermädchen war hübscher, als ich es in Erinnerung hatte. Sie rümpfte leicht die Nase, als ihr Blick auf die Uniform fiel, wahrscheinlich wegen des Chemikaliengeruchs, der daran haftete, nicht wegen der Uniform an sich. Im Sommer 1940 hatten nur Deutsche, Tschechen und Polen guten Grund, die feldgraue Kluft eines SD -Hauptsturmführers zu fürchten.
    «Mademoiselle, ich danke Ihnen. Dass Sie mir das Leben gerettet haben.»
    «Das ist doch nicht der Rede wert.»
    «Für Sie vielleicht nicht. Für mich schon.»
    «Sie sehen geschwächt aus», bemerkte sie.
    «Ich fühle mich besser, als ich aussehe. Das liegt wahrscheinlich an dem Zeug, das mir heute Morgen zum Frühstück injiziert wurde.»
    «Hauptsache, Sie kriegen keinen Rückfall, wenn die Wirkung nachlässt.»
    «Wenn ich lange genug lebe, werde ich Ihnen berichten. Im Ernst, mein Leben bedeutet mir eine ganze Menge. Deshalb möchte ich mich erkenntlich zeigen. Keine Bange. Es ist nicht das, was Sie denken. Unter dieser Uniform bin ich eigentlich gar kein übler Kerl. Was würden Sie davon halten, auch mal Berufserfahrung in einem exklusiven Hotel sammeln zu können? Und ich rede nicht von Bettenmachen und Toilettenputzen. Ich meine in der Hotelleitung. Das könnte ich für Sie arrangieren. In Berlin. Im Adlon. Das Hotel hier ist auch nicht schlecht, aber ich habe den Eindruck, Paris ist derzeit eine wunderbare Stadt für Deutsche und nicht ganz so wunderbar für alle anderen.»
    «Das würden Sie für mich tun?»
    «Ich brauche bloß ein paar Auskünfte.»
    Sie lächelte ein verschämtes kleines Lächeln. «Sie meinen über den Mann, der versucht hat, Sie zu töten?»
    «Na bitte. Ich hab doch gewusst, dass Sie fürs Toilettenputzen zu schlau sind.»
    «Schlau vielleicht. Aber auch ein bisschen verwirrt. Wieso sollte ein deutscher Offizier einen anderen umbringen wollen? Wo Deutschland doch überall siegreich ist.»
    Ich lächelte. Ich mochte ihre kecke Art. «Genau das möchte ich herausfinden, Mademoiselle –?»
    «Matter. Renata Matter.» Sie nickte. «Also gut, Sturmbannführer.»
    «Hauptsturmführer. Hauptsturmführer Bernhard Gunther.»
    «Vielleicht werden Sie ja befördert. Falls Sie nicht vorher um die Ecke gebracht werden.»
    «Die Möglichkeit besteht. Leider ist es sehr viel wahrscheinlicher, dass man mich ermordet, als dass ich befördert werde, fürchte ich.» Ich musste wieder husten und übertrieb es ein wenig, um Eindruck zu machen.
    «Das kann ich mir vorstellen.» Renata holte mir ein Glas Wasser. Sie bewegte sich anmutig wie eine Ballerina. Und sah auch so aus, klein und zierlich. Ihr Haar war dunkel und recht kurz, ein wenig jungenhaft, aber das gefiel mir. Was ich zuvor als hausbacken empfunden hatte, erschien mir nun als natürliche, mädchenhafte Schönheit.
    Ich trank das Wasser. Dann sagte ich: «Also, wie kommen Sie darauf, dass jemand mich umbringen wollte?»
    «Weil der Feuerlöscher in Ihrem Zimmer nichts zu suchen

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