Mission Walhalla
und noch irgendwas anderes, aber das war kein Wintergrün. Es war eine Krankenschwester, und sie saß auf mir, und ich schob ihren Rock hoch. Aber es war gar keine Krankenschwester, es war eine nette hausbackene junge Frau aus Bern. Sie war also doch noch zu mir gekommen. Ich griff nach ihren Brüsten, und sie ohrfeigte mich, zweimal, so fest, dass ich nach Luft schnappte und wieder husten musste. Ich wand mich unter ihr weg und würgte. Sie sprang vom Bett und eilte jetzt selbst hustend zum Fenster, das sie aufstieß, um kurz den Kopf hinauszustrecken, ehe sie wieder zu mir kam, mich vom Bett zog und versuchte, mich zur Tür zu schleifen.
Ich hustete und würgte noch immer, als zwei Männer in weißen Jacken erschienen und mich auf einer Trage wegbrachten. Vor dem Hotel, auf dem Boulevard Raspail, strömte frische Morgenluft in meine Lunge, und es ging mir ein wenig besser.
Sie fuhren mich zum Krankenhaus Lariboisière in der Rue Ambroise-Paré. Man legte mir eine Infusion, und ein deutscher Wehrmachtsarzt erklärte, ich hätte eine Gasvergiftung.
«Gas?», fragte ich keuchend. «Was für Gas?»
«Kohlenstofftetrachlorid», sagte der Arzt. «Anscheinend war der Feuerlöscher in Ihrem Raum defekt. Wenn das Zimmermädchen vor Ihrer Tür nicht den Geruch bemerkt hätte, wären Sie wahrscheinlich tot. Wenn Kohlenstofftetrachlorid an die Luft gelangt, wird es zu Phosgen und löscht so das Feuer. Es erstickt es. Und hätte das Gleiche fast mit Ihnen gemacht. Sie haben Riesenglück gehabt, Hauptsturmführer. Dennoch möchten wir Sie noch eine Weile hierbehalten, um Ihre Leber- und Nierenfunktion zu überwachen.»
Ich musste wieder husten. Mein Kopf fühlte sich an, als wäre der Eiffelturm über ihm zusammengekracht. Mein Hals fühlte sich an, als hätte ich versucht, ihn am Stück runterzuschlucken. Aber zumindest war ich am Leben. Ich hatte in Frankreich viele Männer mit Gasvergiftung gesehen und wusste, dass ich glimpflich davongekommen war. Man muss dabei gewesen sein, wie ein Mann stündlich zwei Liter gelbe Flüssigkeit raushustet, wie er an seinem eigenen Schleim erstickt, um zu wissen, wie grauenhaft der Tod durch Gas ist. Angeblich war auch Hitler bei einem Gasangriff verletzt worden und vorübergehend erblindet. Das würde natürlich eine Menge erklären. Immer wenn ich ihn in der Wochenschau sah, wie er tobte und schrie und wild gestikulierte, sich auf die Brust schlug, an seinem Hass auf Juden oder Franzosen oder Bolschewiken schier erstickte, erinnerte er mich an jemanden, den eine Gasvergiftung wahnsinnig gemacht hatte.
Am frühen Abend fühlte ich mich schon besser. Gut genug, um Besuch zu empfangen. Es war Paul Kestner.
«Die sagen, du hättest einen Unfall mit einem Feuerlöscher gehabt. Was hast du damit gemacht? Ihn ausgetrunken?»
«So eine Sorte Feuerlöscher war das nicht.»
«Ich dachte, es gibt nur eine Sorte. Die Sorte, die Feuer löscht.»
«Dieser war von der Sorte, die Feuer mit Chemikalien erstickt. Den Sauerstoff verdrängt. Das ist mir passiert.»
«Hat dich jemand beim Rauchen im Bett erwischt?»
«Ich hab fast den ganzen Tag über den Vorfall nachgedacht. Und Schlüsse daraus gezogen, die mir nicht gefallen.»
«Welche denn zum Beispiel?»
«Ich hab mal in einem Hotel gearbeitet. Im Adlon. Und ich hab mitbekommen, was in Hotels üblich ist und was nicht. Und Feuerlöscher in den Schlafzimmern sind äußerst unüblich. Zum einen, weil man nicht möchte, dass ein betrunkener Gast auf die Idee kommt, die Vorhänge abzuspritzen. Zum anderen, weil viele Feuerlöscher gefährlicher sind als die Brände, die sie bekämpfen sollen. Es ist eigenartig, aber ich erinnere mich nicht, in meinem Zimmer einen Feuerlöscher gesehen zu haben, als ich im Lutetia ankam. Und gestern Nacht war auf einmal einer da.»
«Willst du damit andeuten, dass es Sabotage war?»
«Das liegt meiner Meinung nach so klar auf der Hand, dass ich mich frage, wieso du so überrascht klingst.»
«Überrascht? Na, und ob ich überrascht bin, Bernie. Du behauptest doch praktisch, jemand hätte versucht, dich zu ermorden. In einem Hotel voller Polizisten.»
«Gerade ein Polizist könnte wissen, wie man einen Feuerlöscher manipuliert. Außerdem schließt im Lutetia keiner von uns sein Zimmer ab.»
«Weil wir alle auf derselben Seite sind. Du kannst doch nicht ernsthaft glauben, dass ein Deutscher versucht hat, dich umzubringen.»
«Genau das glaube ich.»
«Aber wieso kein Franzose? Schließlich haben wir eben
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