Mission Walhalla
entschuldigen, um sein Gesicht und meinen Hals zu retten, dabei hätte ich ihn am liebsten meine Stiefelspitze spüren lassen. Diese Entscheidung wurde mir dadurch erleichtert, dass die beiden MP 40-Maschinenpistolen jetzt neu geladen und zum tödlichen Einsatz bereit waren.
Wir ließen die Leichen einfach liegen und bestiegen die Kübelwagen. Statt Oltramare setzte sich Kestner zu Kemmerich und mir. Er sah mir wohl an, dass ich aufgebracht war, und nach meiner Bemerkung über seine Mitgliedschaft in der KPD hatte er seine Freude daran, mich aufzuziehen.
«Was ist los? Kannst du kein Blut sehen? Du machst doch sonst immer so auf harter Kerl, Gunther.»
«Ich will dir mal was sagen, Paul. Auch wenn es dich nichts angeht. Im Krieg habe ich einige Menschen getötet. Nach dem Krieg dachte ich, die Welt hätte was gelernt, hat sie aber nicht. Falls ich wieder jemanden töten muss, dann werde ich darauf achten, dass ich es diesmal besser mache und jemanden töte, den ich auch wirklich töten will. Jemanden, der es verdient, zu sterben. Also lieg mir ruhig weiter in den Ohren und warte ab, was passiert, Genosse. Du bist nicht der Einzige in diesem Kübelwagen, der einem Menschen eine Kugel in den Hinterkopf jagen kann.»
Danach hielt er den Mund.
Es dämmerte. Ich blickte unverwandt in die Baumkronen über der Straße und schwieg, aber nur, weil der Lärm in meinem Kopf laut genug war: das Echo jener Maschinenpistolenschüsse. Es hätte mich kaum gewundert, wenn mir die Geister der ermordeten Männer auf den Sitzen neben uns erschienen wären. Still, reglos und in mich selbst gekehrt, sehnte ich das Ende dieser Albtraumfahrt herbei.
Die Franzosen nannten Toulouse die rosa Stadt. Fast alle Gebäude im Stadtzentrum einschließlich unseres Hotels, Le Grand Balcon, waren rosafarben, als würden alle die Welt durch die rosaroten Brillengläser des Oberinspektors sehen. Ich beschloss, mir diesen Liebreiz zu eigen zu machen, um zu erreichen, was ich unbedingt erreichen wollte. Dass es meiner Lunge inzwischen besserging, war eine zusätzliche Erleichterung. Also begrüßte ich beim Frühstück am nächsten Morgen Sturmbannführer Bömelburg und die beiden französischen Polizisten aufs herzlichste und gab mich sogar Paul Kestner gegenüber zuvorkommend.
«Ich möchte mich für mein gestriges Verhalten entschuldigen», sagte ich in die Runde. «Vor unserer Abreise aus Paris hat mir der Arzt im Krankenhaus irgendwas gegeben, um mich transportfähig zu machen. Und er hat mich gewarnt, ich könnte mich seltsam verhalten, sobald die Wirkung nachlässt. Vielleicht hätte ich gar nicht mitkommen sollen, aber wie Sie sich wahrscheinlich vorstellen können, war ich sehr darauf erpicht, den Auftrag auszuführen, den Obergruppenführer Heydrich mir erteilt hat, selbst auf Kosten meiner Gesundheit.»
Bömelburg sah noch dünner und grauer aus als am Vortag. Kestners Glatze glänzte, als hätte er sie die ganze Nacht poliert. Oltramare sagte irgendwas auf Französisch zu dem Kommissar, der seinen Kneifer aufsetzte und mich eingehend musterte, ehe er anerkennend nickte.
«Der Kommissar sagt, dass Sie schon viel wohler aussehen», sagte Oltramare. «Und ich muss sagen, das finde ich auch.»
«Ja, allerdings», sagte Bömelburg. «Gesünder. Gestern muss ein harter Tag für Sie gewesen sein, Gunther. Die lange Reise, und das in Ihrem angegriffenen Zustand. Sehr löblich, dass Sie sich uns unter diesen Umständen überhaupt angeschlossen haben. Das werde ich auch Standartenführer Knochen gegenüber erwähnen, wenn ich ihm in Paris Bericht erstatte. Außerdem haben wir soeben eine gute Neuigkeit von Kommissar Matignon erfahren, also scheint das heute ein erfreulicher Tag zu werden. Finden Sie nicht auch, Kestner?»
«Jawohl, Sturmbannführer.»
«Was denn für eine gute Neuigkeit?», fragte ich und lächelte ein Toulouse-farbenes Lächeln.
«Na, dass wir diesen Juden erwischt haben, der vom Rath ermordet hat», sagte Bömelburg. «Grynszpan.» Er lachte in sich hinein. «Offenbar hat er an die Gefängnistür hier in Toulouse geklopft und um Einlass gebettelt.»
Oltramare lachte auch. «Er spricht kaum Französisch, hatte kein Geld und dachte, wir würden ihn vor euch beschützen.»
«Dämlicher Jude», murmelte Kestner. «Ich werde mich gleich mit dem Kommissar und Monsieur Savigny zum Gefängnis begeben. Um Grynszpans Auslieferung nach Paris und von dort weiter nach Berlin zu veranlassen.»
«Wie es scheint, will der Führer
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