Misstrauen Sie dem unverwechselbaren Geschmack
Angebotstext mit der Abkürzung »NOS« beschrieben worden: »New old stock«, also eine Uhr, die vermutlich schon seit 1952 irgendwo in der Schublade eines Juweliers gelegen hatte. Sehr hübsch, nach einem Ausflug zu Otto, aber immer noch nicht »die Uhr« …
eBay ist eine Mischung aus Cyberspace-Tauschbörse und ländlicher Auktion mit computergestütztem automatischem Bietsystem. Der Auktionator ist ein eBay-Server.
Käufer müssen an eBay nichts bezahlen, sondern lediglich an den Verkäufer der Ware. Verkäufer dagegen müssen beim Einstellen ihrer Ware eine Gebühr bezahlen und eine weitere, wenn diese verkauft wird. Man kann seinen Verkäufer-Accountdirekt über seine Kreditkarte laufen lassen. Die einzelnen Transaktionen erzeugen für das Unternehmen vermutlich nicht sonderlich viel Umsatz, aber auf eBay laufen eine Menge Auktionen.
Man hat das Gefühl, an einem System beteiligt zu sein, das noch in der Entwicklung begriffen ist. eBay wird sich höchstwahrscheinlich auf ähnliche Weise weiterentwickeln wie das Netz selbst.
Als ich damit begann, die Website zu besuchen, wurde gerade die User-ID eingeführt. Man kann seine Geschäfte bei eBay nun unter einem Benutzernamen abwickeln. Vermutlich sollte damit Spam-Minern das Wasser abgegraben werden, die bei eBay mithilfe spezieller Bots E-Mail-Adressen sammelten. Nach meinen ersten Besuchen bei eBay bekam ich tatsächlich Spam, was bis dahin noch nie vorgekommen war. Nachdem ich mir jedoch eine User-ID zugelegt hatte, gab sich das Problem.
Unter den aktuellen Ankündigungen auf der Website sah ich kürzlich, dass eBay inzwischen eine Kreditkartennummer verlangt, wenn Nutzer Zugriff auf Kategorien wie Waffen oder nicht jugendfreies Material erhalten wollen: eine Strategie zur Altersüberprüfung.
Was sich bei eBay möglicherweise bald ändern wird, ist die Vorgabe, dass Verkäufer Fotos ihrer Waren von einer externen Seite aus hosten müssen. Auf eBay gibt es zwar Links zu Anleitungen, in denen beschrieben wird, wie man das macht, aber die meisten Leute schreckt das wohl eher ab. Mich selbst eingeschlossen. Wäre es möglich, ein Foto direkt bei eBay einzustellen, wäre dies ein großer Schritt zur Popularisierung der Verkaufsplattform.
In meiner unmittelbaren Umgebung stört mich Unordnung. In meinen Geschichten tauchen dagegen mit schöner Regelmäßigkeit verrückte Ansammlungen kaputter technischer Geräteauf – merkwürdiges Gerümpel, das dort tröstlich, atmosphärisch und irgendwie magisch wirkt. Die Zukunft als Flohmarkt – ganz falsch dürfte ich mit dieser Vision nicht liegen.
Wenn ich irgendeine brandneue Computer-Hardware entdecke, ist mein erster Impuls immer, mir vorzustellen, wie sie in zehn Jahren aussehen wird, wenn sie in einem Trödelladen unter einem Klapptisch steht und Staub sammelt. Was mit großer Wahrscheinlichkeit ihr Schicksal sein wird.
eBay zu durchstöbern macht genauso viel Spaß, wie über einen Flohmarkt zu schlendern oder einen Garagenverkauf zu besuchen. Man ist in sich gekehrt, doch die Sinne sind geschärft, als würde ein altes Jäger-und-Sammler-Modul aktiviert. Fast wie beim Strandgutsammeln.
Durch seine schiere Größe und die Suchfunktion stellt eBay allerdings jeden Flohmarkt in den Schatten. Man kann dort nach allem Erdenklichen suchen. Und wird es höchstwahrscheinlich auch finden.
Will man eher auf gut Glück herumstöbern, gibt es auch die Möglichkeit, sich einfach treiben zu lassen. Bei jedem Gegenstand kann man nachschauen, was der Verkäufer sonst noch so im Angebot hat, wodurch man in Warenkategorien gelangt, auf die man vorher niemals gekommen wäre. Eine Suche nach Hopi-Silber brachte beispielsweise noch andere, wesentlich ältere indianische Artefakte zutage. Und nachdem ich mich durch Unmengen von steinernen Queräxten und Speerspitzen aus der Clovis-Kultur geklickt hatte, landete ich schließlich bei einer obskuren Monografie über Erdhügelausgrabungen in Florida in den 30er-Jahren.
Letztlich waren es aber die Uhren, die mich zurückkehren ließen.
Und immer öfter musste ich erleben, dass ich gesniped wurde.
Ich fand eine Uhr, die mir gefiel, etablierte mich als Höchstbietender, überprüfte regelmäßig meine Position (eBay unterrichteteinen zwar über den eigenen Bietstatus, und man bekommt eine Mail, sobald man überboten wird, aber es macht trotzdem Spaß, immer wieder nachzusehen), nur um nach Ablauf der Auktion festzustellen, dass ich in den letzten fünf Minuten von jemandem
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