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Mister Aufziehvogel

Mister Aufziehvogel

Titel: Mister Aufziehvogel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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eine schlechte internationale Verbindung, von sehr weit her.
    »Ich war die ganze Zeit im Ausland, auf der Mittelmeerinsel Malta. Eines Tages kam mir ganz plötzlich der Gedanke: ›Ach ja! Ich muß nach Malta und zu seinem Wasser zurück! Die Zeit dafür ist gekommen!‹ Das geschah unmittelbar, nachdem ich zum letztenmal mit Ihnen gesprochen habe, Herr Okada. Erinnern Sie sich an das Gespräch? Ich war damals auf der Suche nach Kreta. Wie dem auch sei, ich hatte wirklich nicht vor, so lange im Ausland zu bleiben - ich hatte an etwa zwei Wochen gedacht. Und das ist der Grund, weswegen ich mich nicht mit Ihnen in Verbindung gesetzt habe. Ich habe kaum jemandem Bescheid gesagt, bin einfach ins Flugzeug gestiegen, mit kaum mehr als den Kleidern, die ich am Leib trug. Dort angekommen, sah ich mich allerdings außerstande, wieder abzureisen. Sind Sie jemals auf Malta gewesen, Herr Okada?«
    Ich verneinte. Vor einigen Jahren, erinnerte ich mich, hatte ich mit ebendieser Person nahezu das gleiche Gespräch geführt. »Herr Okada? Herr Okada?«
    »Ja, ich bin noch da«, sagte ich.
    Mir war, als gäbe es etwas, was ich Malta Kano erzählen mußte, aber es fiel mir nicht ein. Nachdem ich den Kopf zur Seite gelegt und eine Weile darüber nachgedacht hatte, wußte ich es endlich wieder. Ich nahm den Hörer in die andere Hand und sagte: »Ach ja, da ist etwas, weswegen ich Sie schon lange anrufen wollte. Der Kater ist zurückgekommen.«
    Nach vier, fünf Sekunden Schweigen sagte Malta Kano: »Der Kater ist zurückgekommen?«
    »Ja. Da uns mehr oder weniger die Katersuche anfangs zusammengeführt hat, fand ich, ich sollte es Ihnen sagen.«
    »Wann ist der Kater zurückgekommen?«
    »In diesem Frühjahr. Seither ist er bei mir geblieben.«
    »Ist Ihnen an seinem Aussehen irgend etwas aufgefallen? Irgendeine Veränderung seit der Zeit vor seinem Verschwinden?« Veränderung?
    »Wenn ich’s mir recht überlege, kam es mir im ersten Moment irgendwie so vor, als sei die Form seines Schwanzes ein bißchen anders gewesen«, sagte ich. »Als ich den Kater zur Begrüßung gestreichelt habe, hatte ich den Eindruck, sein Schwanz sei früher etwas stärker gebogen gewesen. Aber ich könnte mich irren. Ich meine, er war fast ein Jahr lang weg.«
    »Und Sie sind sicher, daß es derselbe Kater ist?«
    »Absolut sicher. Ich habe diesen Kater sehr lange gehabt. Ich würde es merken, wenn es nicht derselbe wäre.«
    »Ich verstehe«, sagte Malta Kano. »Nun, es tut mir leid, aber ich muß Ihnen sagen, daß ich den richtigen Schwanz des Katers hier bei mir habe.« Malta Kano legte den Telefonhörer auf den Tisch, dann stand sie auf und zog ihren Mantel aus. Wie ich vermutet hatte, trug sie darunter nichts. Ihre Brüste und ihr Schamhaar glichen denen Kreta Kanos. Den roten Vinylhut nahm sie nicht ab. Sie drehte sich um und kehrte mir den Rücken zu. Und tatsächlich: über ihrem Gesäß war ein Katzenschwanz befestigt. Er war, ihrer Körpergröße entsprechend, viel länger und dicker als das Original, aber von gleicher Form wie der Schwanz von Oktopus. Er hatte an der Spitze den gleichen scharfen Knick, nur wirkte dieser hier viel echter als der meines Katers.
    »Sehen Sie bitte genau hin«, sagte Malta Kano. »Das ist der echte Schwanz des Katers, der verschwunden war. Derjenige, den der Kater jetzt hat, ist eine Imitation. Er mag auf den ersten Blick genauso aussehen, aber wenn Sie ihn aufmerksam betrachten, werden Sie feststellen, daß er anders ist.« Ich streckte die Hand nach ihrem Schwanz aus, aber sie wedelte ihn mit einer peitschenden Bewegung aus meiner Reichweite. Dann sprang sie, immer noch nackt, auf einen der Tische. Auf meine ausgestreckte Hand fiel von der Decke ein Tropfen Blut. Er war von dem gleichen intensiven Rot wie Malta Kanos Vinylhut. »Kreta Kanos Baby heißt Korsika, Herr Okada«, sagte Malta Kano von ihrem Tisch aus und zuckte nervös mit dem Schwanz. »Korsika?«
    »›Kein Mensch ist ein Eiland.‹ Das Korsika«, meldete sich der schwarze Hund, Ushikawa, von irgendwoher. Kreta Kanos Baby? Ich wachte schweißgebadet auf.
     
    Seit sehr langem hatte ich keinen so langen, plastischen und zusammenhängenden Traum mehr gehabt. Und einen so seltsamen. Nachdem ich aufgewacht war, pochte mein Herz noch eine ganze Weile, fuhr mein Herz fort, laut und vernehmlich zu schlagen. Ich nahm eine heiße Dusche und zog einen frischen Pyjama an. Es war kurz nach ein Uhr nachts, aber ich konnte nicht mehr einschlafen. Um mich zu

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