Mister Aufziehvogel
sie nickte.
Sie trug ein Sweatshirt und einen dünnen Rock, der ihr bis zu den Knien reichte, aber schon bald wurde mir klar, daß sie darunter nichts anhatte. Das verschaffte mir fast automatisch eine Erektion, und sie schien das zu merken. Ich konnte ihren warmen Atem an meinem Hals spüren.
Ich schlief dann doch nicht mit ihr. Aber ihre »Batterien« mußte ich noch eine ganze Weile weiter »aufladen« - bis zwei Uhr früh. Sie flehte mich an. bei ihr zu bleiben, bis sie eingeschlafen wäre. Ich brachte sie ins Bett und deckte sie schön zu. Aber sie blieb noch lange wach. Sie hatte ihren Pyjama angezogen, und ich hielt sie weiter in den Armen und »lud« sie »auf«. Ich spürte, wie ihre Wangen heiß wurden und ihr Herz hämmerte. Ich war mir nicht sicher, ob ich das Richtige tat, aber ich hatte keine Ahnung, wie ich sonst mit der Situation hätte umgehen sollen. Das Einfachste wäre gewesen, mit ihr zu schlafen, aber ich schaffte es irgendwie, diese Möglichkeit aus meinem Bewußtsein zu verscheuchen. Mein Instinkt riet mir davon ab, es zu tun.
»Bitte denken Sie deswegen nicht schlecht von mir«, sagte sie. »Meine Stromspannung ist einfach völlig runter, ich kann nichts dafür.«
»Keine Angst«, sagte ich. »Das verstehe ich.«
Ich wußte, ich sollte zu Hause anrufen, aber was konnte ich Kumiko schon sagen? Ich wollte nicht lügen, aber ich wußte, daß ich ihr unmöglich würde erklären können, was hier vor sich ging. Und nach einer Weile schien es sowieso keine Rolle mehr zu spielen. Was passieren sollte, würde passieren. Um zwei verließ ich ihre Wohnung, und bis ich zu Haus ankam, war es drei. Es war schwierig gewesen, ein Taxi aufzutreiben.
Kumiko schäumte natürlich vor Wut. Sie saß am Küchentisch, hellwach, und wartete auf mich. Ich sagte, ich sei mit den Jungs aus dem Büro ausgewesen, wir hätten getrunken und Mah-Jongg gespielt. Wäre es so schwierig gewesen, einmal kurz anzurufen? fragte sie. Ich hätte einfach nicht dran gedacht, sagte ich. Sie nahm mir das nicht ab, und die Lüge kam fast sofort ans Licht. Ich hatte seit Jahren kein Mah-Jongg mehr gespielt, und außerdem war ich fürs Lügen sowieso nicht geschaffen. Es endete also damit, daß ich die Wahrheit gestand. Ich erzählte ihr die ganze Geschichte von Anfang bis Ende - natürlich ohne die Passage mit der Erektion - und beteuerte, daß ich mit der Frau überhaupt nichts gemacht hatte.
Drei Tage lang sprach Kumiko kein Wort mit mir. Buchstäblich. Nicht ein einziges Wort. Sie schlief im anderen Zimmer, und sie aß allein. Das war die größte Krise, die es in unserer Ehe bis dahin gegeben hatte. Kumiko war ernstlich wütend auf mich, und ich konnte sie absolut verstehen.
Nach dreitägigem Schweigen fragte sie mich: »Was würdest du eigentlich denken, wenn du in meiner Situation wärst?« Das waren die allerersten Worte, die sie wieder an mich richtete. »Wenn ich sonntags früh um drei nach Haus gekommen wäre, ohne vorher auch nur anzurufen? ›Ich bin die ganze Zeit mit einem Mann im Bett gewesen, aber keine Angst, ich hab nichts getan, bitte glaub mir. Ich hab nur seine Batterien wieder aufgeladen. Okay, toll, laß uns frühstücken und dann schlafen gehen.‹ Willst du etwa behaupten, daß du nicht wütend wärst, daß du mir einfach glauben würdest?« Ich blieb stumm.
»Und was du getan hast, war sogar noch schlimmer«, fuhr Kumiko fort. »Du hast mich angelogen! Du hast behauptet, du hättest getrunken und Mah-Jongg gespielt. Eine absolute Lüge! Wie kannst du da von mir erwarten, daß ich dir glaube, daß du nicht mit ihr geschlafen hast?«
»Es tut mir leid, daß ich dich angelogen habe«, sagte ich. »Das hätte ich nie tun dürfen. Aber ich hab nur deswegen gelogen, weil die Wahrheit so schwer zu erklären war. Ich möchte, daß du mir glaubst: Ich habe wirklich überhaupt nichts Unrechtes getan.«
Kumiko legte den Kopf auf den Tisch. Ich hatte das Gefühl, daß sich die dicke Luft allmählich aus dem Zimmer verzog.
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll«, sagte ich. »Ich kann nichts anderes tun, als dich zu bitten, mir zu glauben.«
»In Ordnung. Wenn du willst, daß ich dir glaube, dann glaube ich dir«, sagte sie. »Aber ich will, daß du dir folgendes merkst: Eines Tages werde ich wahrscheinlich das gleiche tun. Und wenn es soweit ist, will ich, daß du mir glaubst. Das ist mein gutes Recht.«
Kumiko hatte von diesem Recht nie Gebrauch gemacht. Von Zeit zu Zeit versuchte ich mir vorzustellen, wie ich
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