Mister Mädchen für alles
provokativ mit den Hüften rotierten. Die Crew stellte die Laser ein und richtete sie probeweise an der Decke aus. Nun fehlten nur noch die Gäste.
«Alex, kann ich dich kurz sprechen?» Todd stand neben ihr, noch bevor sie den Monolog ihrer Mutter kommentieren konnte. «Hallo, liebe Mutter», fügte er hinzu. «Ich müsste gerade einmal mit deiner Tochter sprechen.» Er nahm Alex beim Ellenbogen und führte sie weg, doch sie hatte die zutiefst entrüstete Miene ihrer Mutter noch bemerkt. Das «liebe Mutter» war sicherlich nicht besonders gut angekommen. «Alex, ich bin nicht zufrieden mit der kurzen Zeit, die du mir für die
New York Times
eingeräumt hast. Sie waren eben am Telefon –»
«Alex.» Ellas Stimme ertönte hinter ihr. «Kannst du dir das hier bitte ins Ohr stecken?»
«Oh, Ella. Ich habe gerade zu viel zu tun …»
«Kannst du es bitte tun?»
Mürrisch nahm Alex den kleinen Knopf entgegen und ließ ihn in ihr Ohr gleiten, wo er leise summte. «Also, Todd, ich habe getan, was ich konnte, und ich schwöre dir, dass ich dir mehr Interviews besorgt habe als allen anderen. Habt ihr irgendwo ein Lebenszeichen von Saff entdeckt?»
«Saff? Deine Freundin? Dieses kleine Ding? Warum, um Himmels willen, sollte sie hier sein? Erst deine Mutter, jetzt Saff. Soll das hier eine Art Familienfeier werden?» Seine Stimme klang höhnisch und trotzig, wie bei einem verzogenen Kind.
«Klar, Todd», erwiderte sie und schaute ihm direkt in die Augen. «Es sieht ganz danach aus. Sie sind hier, um mir zu helfen.» Sie drehte sich auf dem Absatz um undstürmte zur Tür. Dort befanden sich mittlerweile jede Menge Leute, die alle Klemmbretter in den Händen hielten und in Walkie-Talkies sprachen. Alex blickte auf die Uhr: zehn vor neun, und noch immer war nichts zu essen da und kein Frankie in Sicht. Es war ein Albtraum, vor allem, weil sie nun Gavin aus dem Augenwinkel erspäht hatte. Er wurde offensichtlich gerade von Camilla auf den neuesten Stand gebracht, die ängstlich auf ihre Armbanduhr schielte und sich dann mit einem Ausdruck tiefster Besorgnis die Hand auf den Mund legte. Hinter ihm lungerte Ella herum und trat ständig von einem Bein aufs andere, und sie hielt etwas in der Hand, während sie versuchte, seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Was, um alles in der Welt, war mit ihr los?
Im nächsten Moment teilte sich die Gruppe an der Tür wie das Rote Meer, und alle schauten auf, überrascht von der Erscheinung, die vor ihnen auftauchte. Frankie stand in der Tür, aber das Einzige, woran man ihn erkennen konnte, war sein gerötetes Gesicht. Der Rest sah irgendwie aufgepumpt aus, wie ein Ballon. Seine Beine, die unter dem überdimensionalen American-Football-Shirt für Sanferino in grellem Gelb mit Firmenlogo hervorlugten, steckten in Baseball-Shorts, die ihm bis zur Mitte der Waden reichten. Auf seinem Gesicht malte sich zutiefst empfundener Schmerz.
Kapitel 46
Frankie wankte zu Alex hinüber, deren Miene reine Ratlosigkeit zeigte. Er wusste nicht, wie lange er es noch aushalten konnte.
«Frankie! Gott sei Dank, du hast es geschafft! Wo sind die Outfits? Und was, um alles in der Welt, ist mit dir los?»
«Bin ich noch pünktlich?», quiekte er. «Wo ist Bettina? Kannst du mir sagen, wo hier eine Toilette ist?»
«Was? Was hast du …? Ach, du liebe Güte! Frankie! Du hast sie doch nicht etwa …?»
«Doch», keuchte er. «Doch, ich habe alles an! Das war der einzige Weg, ohne die entsprechenden Dokumente durch den Zoll zu kommen. Ich musste alles in Istanbul am Flughafen anziehen. Ganz zuunterst habe ich Bettina Gordinos Outfits und zwei T-Shirts , die Melik mir geschenkt hat.» Er zeigte mit behäbiger Geste auf seinen gutgepolsterten Körper. «Du hättest mir sagen sollen, dass sie mehr als einmal ihr Outfit wechseln muss. Du kannst dir nicht vorstellen, wie schrecklich unbequem das hier ist! Welche Größe trägt sie eigentlich, um Himmels willen? Das Zeug dehnt sich nicht ewig aus!»
Alex brach in Gelächter aus und wäre vor Heiterkeit fast zusammengebrochen. Sie zeigte zu einer Ecke hinüber, in der sich die Toiletten befanden, woraufhin er hurtig mit steifen Beinen darauf zuwatschelte wie ein Erpel, aber als er sich bereits abgewandt hatte, war er fast sicher, sie «Frankie, du bist der Beste!» rufen zu hören. Frankie nahm die seltsamen Blicke, die ihm die coolen Scouts, Journalistenund Fotografen zuwarfen, gelassen hin und bahnte sich einen Weg durch die Menge in die relative
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