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Mister Mädchen für alles

Mister Mädchen für alles

Titel: Mister Mädchen für alles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Sanders
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die sich hier einen Preis ausdenken und dann das Vierfache davon kassieren. Echt, das machen die so. Einmal habe ich gehört, wie sie darüber diskutierten. Sie wissen schon, dass das Popcorn hier teurer ist als Beluga-Kaviar. Und der ist echt teuer.»
    «Das stimmt nicht», jaulte Chris, doch es nützte nichts. «Wirklich, das ist nicht   …»
    Ella drehte sich zu Chris um und fuhr mit glasklarer Stimme fort: «Und wenn ich schon dabei bin, die Wahrheit auszusprechen – ich trage vielleicht keine Kontaktlinsen, aber ich habe nichts gegen Leute, die Linsen oder auch Brillen tragen, wenn du es genau wissen willst. Gar nichts. Mein Bruder beispielsweise trägt Kontaktlinsen, und er ist einer der Menschen, die mir auf der Welt am meisten bedeuten. Die ganze Geschichte über Marie Stopes habe ich nur erfunden. Ich wollte deine Gefühle nicht verletzen. Jetzt wünsche ich mir allerdings, ich hätte mir darüber nicht so sehr den Kopf zerbrochen. Jeder   …» Chrishatte Ella grob gepackt und versuchte, sie durch das Foyer zu bugsieren, doch sie sprach immer weiter – und weiter. «Wissen Sie, Chris hier hat mich gefragt, ob ich mit ihm ausgehen möchte, doch das wollte ich nicht. Kann man mir deswegen einen Vorwurf machen? Ich meine, sehen Sie sich nur an, wie er mich jetzt behandelt! So gewinnt man wohl kaum das Herz eines Mädchens, oder? Doch ich wollte seine Gefühle nicht verletzen, und deshalb habe ich mir eine Ausrede einfallen lassen   …» Sie hatten jetzt fast die Tür erreicht, doch die Menge lachte und drängelte, um einen Blick auf die kleine junge Frau, die noch immer brüllte, und den großen Mann mit dem inzwischen zornesrot angelaufenen Gesicht zu erhaschen, dem die Brille fast über die Nase gerutscht war.
    Als sie endlich draußen auf der Straße standen, warf Chris ihr einen bitterbösen Blick zu. «Bilde dir bloß nicht ein, dass du hier jemals wieder auftauchen kannst. Nicht mal, um dir einen Film anzusehen. Du hast Hausverbot, ist das klar? Du kannst dir einen neuen Schlafplatz suchen. Und wage es ja nicht, mich um ein Empfehlungsschreiben anzubetteln, denn es würde mir das größte Vergnügen bereiten, der ganzen Welt zu erzählen, was für eine verlogene, hinterhältige Faulenzerin du bist. Und jetzt zieh Leine – und zwar sofort!»
    Ella strich ihre Kleidung glatt und straffte die Schultern. Es freute sie ein wenig, dass Buh-Rufe ertönten, als Chris ins Kino zurückkehrte. Dann begab sie sich in der Nachmittagssonne auf den Weg nach Hause. Was machte es schon? Der Job war ohnehin total ätzend gewesen.
    Als sie jedoch zu Hause ankam, war ihre Laune deutlich gesunken. Während sie die Tür vorsichtig aufsperrte, fragte sie sich, ob Frankie wohl da war. Sie hatte keine Lust,ihm erklären zu müssen, dass sie schon wieder einen Job verloren hatte, und es war klar, dass er sofort Lunte riechen würde, wenn sie zu dieser Tageszeit auftauchte. Zum Glück war von ihm keine Spur zu sehen, obwohl es nicht lange her sein konnte, dass er gegangen war, wie Ella ein Beweisstück verriet. Sie schnitt sich eine dicke Scheibe von dem Früchtestollen ab, der noch warm war, und weil sie sich keinen Teller nehmen wollte, hielt sie die freie Hand unter das Stück, um die Krümel aufzufangen. Dann spazierte sie zum Sofa hinüber, um auszuspannen.
    Sie seufzte. Es war ja nicht einmal so, dass Frankie auf sie böse sein würde, wenn sie ihm von der Sache erzählte. Er würde einfach nur seinen enttäuschten Blick aufsetzen, wie er es immer tat, wenn er eine Rolle nicht bekam, für die er vorgesprochen hatte. Und er würde besorgt aussehen. Das hasste sie am meisten – wenn Frankie besorgt aussah. Sie wusste, dass sie knapp bei Kasse waren. Sie wusste, dass sie nicht so viel hätte telefonieren dürfen. Und sie wusste, dass sie sich einen vernünftigen Job suchen musste, aber der Radiosender hatte sich noch nicht bei ihr gemeldet, und sonst gab es einfach nichts da draußen, was auch nur ansatzweise akzeptabel zu sein schien, geschweige denn spannend.
    Vielleicht sollte sie eine ihrer College-Freundinnen von früher anrufen – obwohl die meisten tagsüber beschäftigt waren, weil sie eine Anstellung gefunden hatten. Sie bemerkte, dass das Anrufbeantworterlämpchen blinkte. Behutsam legte sie den Kuchen auf der Armlehne des Sofas ab, fegte die Krümel, die sie auf dem Polster verteilt hatte, mit einer Handbewegung weg und drückte mit Schwung auf die Play-Taste. Es war nur eine Nachricht für Frankie.

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