Mister Mädchen für alles
graue T-Shirt mit dem Schriftzug ihrer Firma, das sie unter ihremBerg Bügelwäsche gefunden und sich hektisch übergestreift hatte, als sie kurz nach Hause gekommen war, um dann mit dem Auto zum Krankenhaus zu fahren. «Du solltest wirklich versuchen, dich etwas weiblicher zu kleiden, Liebes. Grau hat deinem Teint noch nie geschmeichelt. Nur sehr wenige Frauen können Grau tragen – das solltest du wissen, ich habe es dir schließlich oft genug gesagt. Celia Johnson hätte die Farbe natürlich tragen können, aber sie sah einfach in allem elegant aus.»
«Ach, Mum, es ist doch nur ein T-Shirt . Also, wenn es dir nichts ausmacht …»
«Oh, du hast nicht zufällig ein paar Kekse für mich, oder?» Wieder wandte sie den Blick vom Fernseher ab. «Nur ein paar Butterkekse oder dergleichen? Dieses Krankenhausessen ist wirklich eine Schande – nicht ein Hauch von Luxus, und wie es von diesem Rollwagen aus verteilt wird! Das hat einfach keinen Stil.»
Alex seufzte und schnappte sich den Schlüsselbund. «Ich gehe los und sehe nach, was Rajesh im Angebot hat», sagte sie und lief zur Tür. «Zum dritten Mal an diesem Nachmittag», murmelte sie vor sich hin, während sie die Treppe nach unten lief. Wie schnell würde sie nur jemanden finden, der ihr half?
Nachdem sie ihre Mutter endlich mit einem Teller Vollkornkekse zufriedengestellt hatte (es war ein Kompromiss und das, was aus Rajeshs Sortiment am ehesten an Butterkekse heranreichte), machte Alex es sich im Schneidersitz auf dem Fußboden ihres Schlafzimmers bequem und erledigte ihre Anrufe. Bei den meisten ging es um den Etat für die Produkteinführung. Außerdem rief sie ein paar Mal bei Camilla wegen der Powerpoint-Präsentation für Toronto an. Ihre Assistentin hatte offenbar die Panik inAlex’ Stimme bemerkt und ging beruhigend auf ihre Bitte ein, einige Punkte in der Excel-Tabelle zu ergänzen, und versprach ihr mehrfach, dass alles bis zum nächsten Morgen erledigt sei, wenn sie ihr den Laptop zurückbrachte. Alex versuchte unterdessen, ihre Präsentation von einem Papierausdruck auswendig zu lernen, und ignorierte geflissentlich die Staubflusen und benutzten Taschentücher, die sie unter ihrem Bett entdeckte – wie oft hatte Manuela ihre Wohnung wohl benutzt, um ihre Freier zu empfangen?, fragte sie sich. Hatten sie es auch auf dem Sofa im Wohnzimmer getrieben? Sie hatte die Präsentation schon zur Hälfte geschafft, als Todd anrief.
«Hallo, meine Süße.» Seine Stimme besaß die Wirkung von Bournville-Schokolade. Sie war auch der Grund dafür, warum Alex bei den gemeinsamen Telefonkonferenzen von Todd so fasziniert gewesen war, lange bevor sie sich das erste Mal getroffen hatten. Und da er der Pressesprecher für Zencorp in den USA war, hatte es einige Telefonate gegeben. Während sie über die Strategie zur Markteinführung der neuen Kollektion diskutiert hatten, war sie einem merkwürdigen Zauber erlegen. Und die reale Begegnung mit ihm, auf einer seiner mittlerweile häufigen Geschäftsreisen nach London, war sogar noch prickelnder verlaufen.
«Hi, Baby.» Sie legte ihren knappen Geschäftston ab und versuchte es mit einer Stimmlage, die, wie sie hoffte, verführerischer klang. «Wie war dein Flug? Du musst müde sein. Wie war dein Tag bislang?»
«Nicht übel, wirklich nicht übel, aber er wird noch viel besser, wenn ich dich heute Abend sehe.» Verdammt. In der ganzen Hektik um ihre Mutter hatte sie vergessen, dass sie sich für heute Abend verabredet hatten.
«Oje, wir haben ein Problem.» Sie klärte ihn über die aktuelle Situation auf.
Als er gegen halb neun schließlich an ihrer Tür klingelte, betete Alex im Stillen, dass er sich ein wenig mit dem Gedanken angefreundet hatte, den Abend gemeinsam mit ihr und ihrer Mutter zu verbringen. Die Feindseligkeit zwischen Todd und ihrer Mutter war von Anfang an greifbar gewesen, als sie sich vor einigen Monaten zum ersten Mal getroffen hatten, auch wenn sie sie hinter einer Fassade aus vorgetäuschter Jovialität verbargen. Bis jetzt hatte Alex ihr Zusammentreffen auf ein absolutes Minimum beschränkt – das obligatorische Ich-stelle-dir-meinen-Freund-vor-Treffen, das auf Drängen ihrer Mutter stattgefunden hatte, nachdem Alex beiläufig erwähnt hatte, sie habe jemanden kennengelernt, und einige kurze Begegnungen. Doch heute würden sie zum ersten Mal gemeinsam zu Abend essen.
Im Flur tauschten sie verstohlen einen innigen Kuss. Sie hatten sich drei Wochen lang nicht gesehen, und Alex ließ
Weitere Kostenlose Bücher