Mister Mirakel
gewollt und schon einen ersten Erfolg erzielt, denn jetzt gelang es mir, aus eigener Initiative zu handeln. Ich wußte wieder, was ich tun mußte, und meine Augen weiteten sich in den Höhlen, denn Mister Mirakel veränderte sich. Er verlor die Sicherheit, er mußte das Kreuz gesehen haben, und dann reagierte er mit einem gellenden Schrei.
Da starrte er schon auf mein Kreuz, dessen geweihtes Silber bereits den Kürbis berührt hatte.
Es war der Kontakt, der alles veränderte. Auf meinem Kopf sitzend zerplatzte der Kürbis. Ich merkte nicht einmal einen Wärmestrom oder einen Schleier aus flitze. Noch auf meinem Kopf sitzend und auch vor mir zersprühte die schwarze Kürbismaske, begleitet vom matten Silberschein des Kreuzes.
Ich war wieder frei!
Viele Menschen hatten zugeschaut, doch niemand war bereit gewesen, einzugreifen und mir zur Seite zu stehen. Die Zuschauer waren entsetzt. So hatten sie sich ihren Halloween nicht vorgestellt.
Jetzt waren die Chancen wieder gleich verteilt!
Kalte, gelbe, nicht menschliche Augen, die aber etwas von ihrem alten Blick verloren hatten, denn sie bewegten sich. Unsicherheit stahl sich in den Blick.
So etwas halte Mister Mirakel noch nie zuvor erlebt. Bisher hatte er sich immer auf seine Stärke verlassen können, nun mußte er sich eingestehen, daß es etwas gab, das ihm zumindest ebenbürtig war. Damit zurechtzukommen, war verdammt schwer.
»Deine Kürbisse mögen Unikate und auch mit einer fremden Magie gefüllt sein, aber es gibt etwas, das stärker ist. Und dieses Zeichen der Macht und des Sieges über das Böse halte ich in der Hand.«
Zum erstenmal zuckte es im Gesicht der schaurigen Gestalt. Die Maske erhielt Leben. Da öffnete sich ein Maul. Ich konnte mir gut vorstellen, daß er plötzlich Feuer spuckte, aber er tat es nicht. Nicht einmal ein Schrei oder ein Röcheln drang aus der Kehle. Dafür passierte etwas anderes.
Mister Mirakel hob seinen rechten Arm an.
Die Finger der Hand hatte er zum Griff gekrümmt. Sie tauchten von der rechten Seite her ein in seinen Mund.
Ich sah diese Bewegung, aber ich begriff sie nicht. Suko hatte sich inzwischen neben mich gestellt, die Dämonenpeitsche schlagbereit in der rechten Hand.
Beide griffen wir nicht ein, denn Mister Mirakel zog seine eigene Schau ab, und sie brachte uns zunächst nicht in Gefahr. Statt dessen zeigte er uns im wahrsten Sinne des Wortes sein wahres Gesicht.
Einige der Finger steckten noch immer in seinem Mund. Sie hatten sich innen festgehakt und nicht bewegt.
Mirakel änderte dies.
Plötzlich zerrte er an der rechten Mundseite, als wollte er sich selbst zerstören und sein Maul in Fetzen reißen. Es gab den Mund nicht mehr so wie er war. Er war jetzt zu einem schiefen klaffenden Loch geworden. Damit war der eklige Vorgang nicht beendet, er stand noch am Beginn, denn die Hand bewegte sich in die Höhe, und sie hatte dabei den Hautfetzen noch nicht losgelassen.
Zahlreiche Zeugen schauten zu, wie Mister Mirakel sich die Haut vom Gesicht riß. Sie sah aus wie eine gummiartige, elastische Masse, die nur übergeklebt war und nun durch die Kraft des Mister Mirakel abgerissen wurde.
Die graue Haut hatte ja nicht nur die Umgebung des Mundes bedeckt. Sie war auf dem gesamten Gesicht verteilt gewesen und löste sich nun vom Schädel.
Er drehte sich dabei. Er beugte sich nach vorn. Er ging in die Knie. Er umtanzte beinahe das größere Feuer. Er schrie und röhrte zugleich. Er trampelte und kam uns vor wie jemand, der die Kontrolle über sich verloren hatte.
Dann hatte er es hinter sich!
Aus der Dehnung heraus fuhr er herum. In der rechten Hand hielt er die gesamte Haut, die er nicht nur von seinem Gesicht, sondern auch vom Körper gezerrt hatte.
Der große Fetzen hing wie eine graue Fahne von seinen Fingern herab, und er wollte sie auch nicht.
Mit einer wütenden Bewegung schleuderte er seine eigene Haut in das große Feuer hinein, wo sie innerhalb von Sekunden verglühte.
Mister Mirakel zeigte nun sein wahres Gesicht. Ein schreckliches Gesicht, das entsetzlich auf die Zuschauer wirkte, denn sie konnten den Anblick nicht ertragen.
Als hätte ihnen jemand einen Befehl gegeben, ergriffen sie die Flucht. Sie ließen uns mit Mister Mirakel zurück, umhüllt vom schaurigen Licht der Feuer, durch die der zähe Nebel in dicken Schwaden trieb.
Es war kaum zu glauben, aber gerade ich hätte nicht so überrascht sein dürfen. Schon in London, als dieser Kürbis zum erstenmal auf meinem Kopf gesessen hatte,
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