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Mister Peanut

Mister Peanut

Titel: Mister Peanut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Ross
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Er atmete schwer und mit einem leisen Pfeifgeräusch.
    »Welche Diagnose würden Sie stellen?«, fragte Sheppard.
    »Ich bin keine Ärztin.«
    »Wenn Sie eine wären.«
    Ihr Gesicht errötete. Er wollte es in die Hände nehmen und küssen.
    »Ich würde sagen, er hat eine bakterielle Lungenentzündung. Was auch den niedrigen Sauerstoffgehalt in seinem Blut erklären würde. Und die Orientierungslosigkeit.«
    »Noch etwas?«
    »Bauchfellentzündung. Dazu eine Blutvergiftung.«
    »Wie würden Sie ihn behandeln?«
    »Penicillininfusion, auf der Stelle. Und natürlich zusätzliche Flüssigkeit.«
    Sheppard nahm das Klemmbrett vom Bett des Patienten und notierte etwas. »Dann werden wir genau das veranlassen, Miss Hayes.«
    Sie zögerte kurz, betrachtete den Mann und dann wieder Sheppard. »Das wäre dann alles«, sagte er und schaute ihr nach, als sie hinausging.
    Sein Bruder Stephen kam früh zur Arbeit, gegen Viertel vor sechs. Bis dahin war der Patient stabil. Sheppard informierte Stephen über die Lage, ging in sein Büro, legte völlig erschöpft den Arztkittel ab, schlüpfte in seine Anzugjacke und beschloss, noch einmal in der Pathologie vorbeizuschauen.
    Aber Susan war verschwunden, und an ihrem Arbeitsplatz saß schon Tricia über die Objektträger gebeugt.
    »Guten Morgen«, sagte er.
    »Guten Morgen, Doktor.«
    Er klopfte einmal an den Türrahmen, ließ den Blick durchs Labor schweifen und drehte sich zum Gehen um.
    Sie wartete im Auto auf ihn.
    Draußen war es unerwartet schwül und der Himmel bedeckt, was die ganze Welt blaustichig aussehen ließ. Der drohende Regen schien alle Geräusche zu dämpfen, und hin und wieder störten Vogelrufe die ganz eigene, einzigartige Stille, die man nur im Morgengrauen und in seinen Träumen hören kann. Sheppard stieg ein und ließ den Motor an. »Haben Sie Hunger?«, fragte er, ohne sie anzusehen. »Ja«, antwortete sie, wobei sie ebenso nervös klang, wie er sich fühlte. Es war, als wären sie aus irgendeinem Grund auf der Flucht. Die Notwendigkeit der Nahrungsaufnahme erteilte ihm einen Freibrief, und er setzte aus der Parklücke zurück; aber anstatt nach Rocky River zu fahren, durchquerte er Bay Village und fuhr immer weiter nach Westen, in Richtung Avon, obwohl er selbst nicht genau wusste, wohin er eigentlich wollte. Seine Orientierungslosigkeit ließ ihn fast verzweifeln. Irgendwo mussten sie schließlich hin. Er hatte das Gefühl, sich mit fast leerem Tank in einem besonders heruntergekommenen Viertel einer fremden Stadt verirrt zu haben. Vor dem Ortseingang entdeckte er ein braunes Hinweisschild mit der Aufschrift THORNTON PARK, goldene Buchstaben über drei Piktogrammen: ein Picknicktisch, ein Wohnmobil, ein Boot. Er riss das Steuer so abrupt nach rechts, dass der MG leicht ausbrach und Schotter ins Gebüsch spritzte. Während er den Wagen vorsichtig über die enge, zweispurige Straße lenkte, stützte Susan sich mit einer Hand am Handschuhfach ab. Eine letzte Biegung, und schon lag der Eriesee in seiner unendlichen Weite vor ihnen, graues Wasser unter einem grauen Himmel. Ein Bootssteg. Lustlose, kleine Wellen. Kein Boot weit und breit. In seiner stummen Trägheit wirkte das Wasser bedrohlich, geradezu vergiftet. Der von Bäumen umstandene Parkplatz mit den Picknicktischen war menschenleer. Sheppard trat auf die Bremse und stellte den Motor ab. Nichts war zu hören als das leise Plätschern der Wellen direkt hinter dem Gestrüpp, das den Blick auf den Strand versperrte. Er starrte für eine Weile geradeaus, ohne irgendetwas zu sehen.
    Sie berührte seinen Oberschenkel.
    Er stürzte sich auf sie. Er versuchte, sich an ihren Lippen festzusaugen; er hätte seinen Mund nicht fester auf den ihren drücken können. Er riss einen Arm aus dem Jackenärmel und schob seine andere Hand in ihr Genick, damit sie ja nicht auf die Idee käme, sich zu befreien; dann zog er auch den zweiten Arm aus der Jacke. Sie drückte seine Schultern zurück. Seine Lippen bebten, und seine Zähne fingen zu klappern an. Sie war so ruhig und unbewegt wie der See. »Die Sitze«, sagte sie. Er griff hinter sie und zwischen ihre Beine, zog an der Lasche und schob ihren Sitz mit aller Kraft so weit wie möglich vom Armaturenbrett weg. Er langte über sie hinweg und drückte seine Wange an ihre Bluse, um an dem Hebel zwischen Tür und Beifahrersitz zu ziehen und die Lehne fast horizontal nach hinten zu klappen – und dann war er wieder über ihr. Sie zu küssen und dabei ihre Beine an seinen

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