Mister Peanut
Februar, vier Monate vor Marilyns Ermordung, zieht Susan nach Kalifornien – ein Bundesstaat, in dem Sie selbst gern gelebt hätten. Sagen Sie, haben Sie Susan vor ihrer Abreise noch einmal gesehen?«
»Ja.«
»Haben Sie sie nett verabschiedet? Gute Reise und bis bald?«
»Ja.«
»Und Sie schmiedeten Pläne für ein Wiedersehen, nicht wahr?«
»Im darauffolgenden Monat, ja.«
»Als Sie an einer chirurgischen Fortbildung in Los Angeles teilnehmen wollten. Die Sie überall hätten belegen können, oder?«
»Möglicherweise.«
»Haben Sie ihr vor der Abreise irgendwelche Geschenke gemacht?«
»Eine Wildlederjacke …«
»Um sie zu wärmen.«
»… und einen Siegelring.«
»Das Versprechen auf eine gemeinsame Zukunft.«
»Nichts von dem, was Sie mir da unterstellen, trifft zu.«
»Sie kommen in Kalifornien an und schicken Ihre Frau und Jo Chapman direkt nach der Landung fast fünfhundert Kilometer weit weg, nach Big Sur. Und fahren sofort zu Susan, nicht wahr?«
»Ja.«
»Und noch am selben Abend nehmen Sie sie mit zu Ihrem guten Freund Dr. Miller, der Sie beherbergt und der am selben Abend eine Party gibt, ausgerechnet, auf der einige Gäste sogar Marilyn kennen.«
»Falls ich wirklich die Absicht gehegt haben sollte, meine Frau zu ermorden, hätte ich dann so eine Provokation gewagt?«
»Ich behaupte gar nicht, dass Sie den Mord an jenem Abend schon geplant haben. Ich behaupte nur, dass Ihnen alles egal war. Ich behaupte, Sie haben Susan mitgenommen, gerade weil es eine Provokation war. Sie wollten, dass Marilyn davon erfährt, denn in dem Fall wäre ihr nichts übrig geblieben, als die Scheidung zu verlangen.«
»Wieder falsch.«
»Und was hätte Ihr Vater schon ausrichten sollen, wenn Marilyn selbst die Scheidung verlangte?«
»Darüber habe ich nie nachgedacht.«
»Haben Sie kein Rückgrat? Gegen den Alten haben Sie sich nie behaupten können, nicht wahr?«
Sheppard schmunzelte.
»Zwei Tage später ziehen Sie und Susan in ein Hotel in L. A. um. Tagsüber gehen Sie zum Seminar, die Abende verbringen Sie mit ihr. Als wären Sie beide das Paar, das Urlaub macht. Als wären Sie beide verheiratet.«
»Sie irren sich, egal, wie die Sache sich für einen Außenstehenden darstellt.«
»Und am darauffolgenden Wochenende nehmen Sie sie sogar zu einer Hochzeit mit. Kleine Generalprobe für Ihr eigenes Fest?«
»Susan und ich haben uns danach getrennt. Auf der Rückfahrt.«
»Einfach so?«
»Nein. Es kam zu einem Zwischenfall.«
»Was ist passiert?«
»Etwas Schreckliches.«
»Sagen Sie mir eines, Dr. Sam. Warum haben Sie den Detectives nach Marilyns Tod, wenn es tatsächlich aus war zwischen Ihnen, nichts von Susan erzählt? Wenige Tage nach der Ermordung Ihrer Frau wurden Sie gefragt, ob Sie eine Affäre mit Susan Hayes hätten, und Sie haben gelogen . Sie sagten, Sie seien lediglich befreundet gewesen. Und später, bei der Vernehmung, wiederholten Sie die Lüge. Warum haben Sie sich die Mühe gemacht, wenn alles vorbei war?«
»Ich habe gelogen, weil es irrelevant war. Weil es vorbei war.«
»Und warum hat sie gelogen? Als der Staatsanwalt in Los Angeles sie befragte, stritt sie ab, jemals eine Affäre mit Ihnen gehabt zu haben.«
»Ich hatte keinen Einfluss auf ihre Aussage.«
»Mit dieser Lüge hat sie alles aufs Spiel gesetzt. Aber wir wissen beide ganz genau, warum sie log, nicht wahr?«
Sheppard nahm seine Armbanduhr ab und zog sie auf.
»Sie hat an die Zukunft gedacht, nicht wahr?«
»Das weiß ich nicht.«
»Sie war das Tatmotiv. In Los Angeles einigten Sie sich darauf, die Sache zu beenden, damit es nicht nach einem geplanten Mord aussehen würde.«
»Unsere Beziehung kam an ihr Ende. Auf jener Autofahrt.«
Möbius schüttelte den Kopf.
»Eine Affäre bringt Verpflichtungen mit sich, Doktor. Sie hört nicht einfach so und mitten in der Nacht auf.«
»Ich spreche nicht von Verpflichtungen«, sagte Sheppard. »Ich spreche von Liebe.«
In jenem Sommer – Susan war gerade erst nach Cleveland und nach Bay Village zurückgekehrt, den Ring von Dr. Stevenson am Finger –, nur wenige Minuten nachdem sie und Sam sich in einem Motel in Avon getroffen hatten, nur wenige Sekunden nach dem Sex, platzte er heraus: »Ich liebe dich.«
Er wusste, dass es nicht stimmte, dass es lediglich die Abwesenheit von Liebe verschleiern sollte; er hatte den Satz wie Radarwellen losgeschickt, um ein Echo zu erhalten. Aber als er es ausgesprochen und sich für den Kontrollverlust verflucht
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