Mister Peanut
fühlen. Ich möchte mich nicht wie eine Versagerin fühlen.« Sie wartete. »Ist es so ähnlich?«
»Nein, eigentlich nicht.«
»Warum erklärst du es mir nicht?«
Er überlegte kurz. »Ist nicht die Tatsache, dass ich es erklären muss, Erklärung genug?«
Marilyn schüttelte den Kopf. »Niemand kennt dich besser als ich«, sagte sie, »egal, was du tust.«
»Das weiß ich.«
»Keine andere Frau würde dir so viel … Freiraum lassen.«
Er schaukelte weiter.
»Willst du irgendetwas dazu sagen?«, fragte sie.
»Würde das nicht gegen unsere Abmachung verstoßen?«
Marilyns Gesicht verfinsterte sich. Sie schleuderte ihm den Aschenbecher entgegen, und das Geschoss traf direkt neben seinem linken Ohr den Schaukelstuhl und zersprang mit dem Geräusch einer platzenden Glühbirne. Ein Scherbenregen spritzte gegen seine Wange. Als er sich ins Gesicht fasste, waren seine Fingerspitzen blutverschmiert.
Bevor er den Blick wieder von seiner Hand gehoben hatte, war Marilyn schon zur Tür hinaus. Er hörte den Motor ihres Wagens anspringen und die Reifen durchdrehen, und dann blieb er lange Zeit sitzen und schaukelte.
Er bemühte sich, den Gerinnungsprozess zu erspüren, das frische Blut, das in der Wunde brannte, den Ansturm der weißen Blutkörperchen und der Blutplättchen, die sich über die Verletzung schoben wie Millionen Ziegelsteine, die frische Kruste, die sich innerhalb von Minuten so hart anfühlte wie getrockneter Klebstoff.
Später, als Kokie auf die Veranda kam, ließ er sich die Finger ablecken. Als die Hündin fertig war, ließ sie sich mit einem Rums zu seinen Füßen nieder und seufzte.
Wenn das Leben immer so wäre, fragte er sich, wenn es immer so still wäre, würde er dann hier sitzen und sich nach Lärm sehnen?
Er kam zu dem Schluss, dass sie zweifellos wieder nach Hause kommen würde. Früher hätte er sich das Hirn zermartert, er hätte sich Sorgen und Hoffnungen gemacht. Aber der Trick bestand natürlich darin zu durchschauen, dass sich früher oder später alles wie von selbst regelte. Man bekam Entscheidungen aufgezwungen oder wartete ab, bis man selbst entscheiden musste.
Die Ehe war ein langes Warten.
An einem Abend Ende November rief Susan ihn zu Hause an. Marilyn war oben, um Chip zu baden, und es war reines Glück, dass er persönlich ans Telefon ging. »Ich muss dich sehen«, sagte Susan. Sie klang furchtbar aufgeregt. Als er wissen wollte, wo er sie abholen könne, sagte sie ihm, er solle zum Apartment ihrer Eltern kommen. Was das bedeutete, verstand er erst, als er schon im Auto saß und Marilyn erzählt hatte, er müsse zu einem dringenden Notfall ins Krankenhaus. Draußen regnete es, ein schrecklicher, spätherbstlicher Sturm war losgebrochen, und die Luft war so kalt, dass mit Graupelschauern zu rechnen war. Der Wind wirbelte abgestorbene Blätter durch die Luft, die sich an den Scheibenwischern verfingen oder wie Seesterne an die Windschutzscheibe geklatscht wurden. Als er auf den Parkplatz des Apartmentgebäudes einbog, tauchte Susan im Scheinwerferlicht auf. Sie hatte draußen auf ihn gewartet und war nass bis auf die Haut. Als sie zu ihm ins Auto stieg, schien die Temperatur im Innenraum zu fallen. Sie schluchzte.
Er fuhr los, brauchte aber nicht weit zu fahren. Bei diesem Wetter konnte man beim Blick aus dem Fenster so gut wie nichts sehen, und umgekehrt würde niemand die Insassen im Wagen von außen erkennen können. Er parkte in einer Seitenstraße. Das war so gut wie privat.
»Bob und ich, wir sind nicht mehr …« Wieder brach sie in Tränen aus. »Wir werden nicht heiraten.« Sie presste sich ihren Ärmel gegen die Augen, bevor sie Sheppard ansah. Sogar verheult sah sie schön aus. »Er sagt, er sei noch nicht so weit.« Sie fing zu lachen an. »Du kannst dir vorstellen, wie ironisch ich das finde.«
Sheppard reichte ihr seine Hand.
»Ich möchte verheiratet sein«, sagte sie, »mit jemandem, den ich liebe.« Sie nahm seine Hand und sah ihn flehentlich an. »Du auch?«
»Ja«, sagte Sheppard.
Sie zog ihn an sich und küsste ihn. Ihr Gesicht war kalt. »Ich musste dich einfach sehen«, flüsterte sie. »Ich musste dich einfach sehen, jetzt, wo Bob weg ist, um herauszufinden, ob sich zwischen uns etwas ändern würde.« Sie küsste ihn noch einmal, und er, ergriffen von einem unendlichen, unerklärlichen Verlangen, erwiderte den Kuss. Sie schob ihre Hand zwischen seine Beine. »Aber es hat sich nichts verändert.«
»Nein«, sagte er.
»Für
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