Mister Peanut
dich?«
»Nein«, sagte er und dachte bei sich: Warum auch?
Schon hatte sie seinen Gürtel geöffnet. »Siehst du«, sagte sie und küsste ihn, »es bleibt immer gleich zwischen dir und mir.« Er stemmte sich hoch, und sie zog ihm die Hose herunter. »Es könnte immer so sein.«
»Ja«, sagte er.
»Möchtest du das?«
»Ja.«
»Ich habe keine Angst vor dieser Art von Glück.«
Glück? Plötzlich kam ihm das Wort, das sie da verwendet hatte, seltsam unpassend vor, denn er wäre nie darauf gekommen, die Zeit mit ihr als glücklich zu bezeichnen. Ihr Verhältnis entsprang einer Freiheit, die sie sich selbst genommen und ein ums andere Mal verteidigt hatten, einer Art fleischlicher Aufrichtigkeit, gepaart mit einem ekstatischen Mangel an Zurückhaltung und Worten, Worten, Worten. Er hatte sie für ihre Unverblümtheit bewundert, und wie sie alle Hindernisse, die sich zwischen sie geschoben hatten, niedergemäht hatte, nur weil sie ihn wollte. Selbst der Gefallen, den sie daran fand, ihm zu gefallen, stellte sich nun als Großzügigkeit heraus, so wie bei Marilyn, die den Tennisball auf magische Weise immer so zurückschlug, dass sein Spiel besser wurde. Aber Glück? Dieses Wort hatte Sheppard für seine Frau reserviert, egal, was zwischen ihnen passierte – oder eben nicht. Das Glück fiel in Marilyns Zuständigkeitsbereich. Er hatte Glück empfunden, als er sie zum ersten Mal küsste, im Alter von vierzehn Jahren, allein mit ihr in der Hütte ihres Onkels Bud, wo es so still war, wie es nur an einem Ort still sein kann, der jeden Augenblick von Erwachsenen heimgesucht wird. Glück war, wie Marilyn sich jedes Mal erst dann an ihn geschmiegt hatte, wenn er seine Hand an ihren Rücken legte, ihr gerötetes Gesicht, die heißen Lippen. (War man dazu geboren, eine ganz bestimmte Frau zu küssen?) Er hatte Glück empfunden, als er während seines Medizinstudiums mit ihr in Hollywood ins Kino gegangen war, an dem einzigen Tag pro Monat, an dem er Ausgang hatte. Sie hatten an den Strand fahren wollen, aber dann hatte es zu regnen angefangen, und es war ein Glück, im klimatisierten Kinosaal neben ihr zu sitzen, während sie sich mit Arm und Bein verstohlen an Sheppard drückte. Sie trug knappe, weiße Shorts, aus denen ihr Bikini herausblitzte; ihre gebräunte Haut schimmerte durch die weiße Bluse. Der Film hieß Im Schatten des Zweifels , und Glück war, sich während des Abspanns von ihr die Bedeutung des Ganzen erklären zu lassen, zum Beispiel dass der Regisseur die von Joseph Cotten verkörperte Figur als Vampir angelegt hatte: »Ist dir aufgefallen, wie er das Sonnenlicht gemieden und den ganzen Tag geschlafen hat?« Glück bedeutete, ihren Gedankengängen zu folgen. »Du siehst aus wie Teresa Wright«, hatte Sheppard gesagt, »wirklich. Du bist genauso hübsch wie sie.« Sie blieben im Kino sitzen, lange nachdem die Lichter angegangen waren und die Platzanweiser sich beim Aufräumen zwischen den Reihen bückten. Glück war, ihr später zu sagen: »Du könntest mich niemals langweilen.« Glück bedeutete, Chip während seiner Facharztausbildung selbst auf die Welt holen zu dürfen. Der zuständige Gynäkologe hatte Sheppard eingeladen, dabei zu sein, sechzehn Stunden lang hatte Marilyn in den Wehen gelegen, und all ihre Angst, ihrer Mutter in den Tod zu folgen, unter der Geburt zu sterben, war verschwunden, als die Fruchtblase sprang und die monatelang gehegten Befürchtungen dem Kampfgeist der Sportlerin wichen, dem Vorsatz, das Baby herauszupressen . Der Einsatz der Geburtszange war vonnöten, und Sheppard konnte sich nur darüber wundern, wie fest der Doktor ihm zu ziehen befahl, so als wäre das Kind eine in einer Gipswand verkeilte Schraube. »Los jetzt, mit aller Kraft«, sagte er zu Marilyn, als er das Kind langsam durch den Geburtskanal rutschen fühlte. Glück war, Chip plötzlich und wie ein Stück Gummi aus ihr herausflutschen zu sehen, ein Anblick, der Sheppard in eine Art Schockzustand versetzte. Das Neugeborene in seinen Händen war in der Lage, die Arme anzuwinkeln und mit den Fingern zu wackeln. Es heulte so laut, als versorge die noch nicht durchtrennte Nabelschnur das Baby mit zusätzlicher Energie. Der Junge war mit Marilyns Blut und Fruchtwasser beschmiert, Letzteres so gelb wie Pollen, und Sheppard, der die Knöchel des Babys zwischen den Fingern hielt und seinen Kopf in der Handfläche, zeigte es stolz seiner Frau. »Ich liebe dich«, sagte er, und alle weinten. »Ich liebe dich so
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