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Mister Peanut

Mister Peanut

Titel: Mister Peanut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Ross
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nichts stehen. Du kannst dich gegen niemanden behaupten.«
    Er schaltete das Radio ein.
    Sie schaltete es wieder aus. »Du kannst dich gegen deinen Vater nicht behaupten. Du bist sein kleiner Sohn, der seine kleinen Vorstellungen von einem kleinen Leben brav in die Tat umsetzt.«
    »Halt den Mund, und lass meine Familie aus dem Spiel.« Er fuhr fast hundertvierzig Sachen, die Geschwindigkeit ließ die Reifen summen.
    »Deswegen klammerst du dich an deine kleinen Rebellionen«, fuhr sie fort, »um die Illusion zu erhalten, du wärst groß und frei.«
    Er leckte sich über die Oberlippe.
    »Du hast deiner Frau nichts entgegenzusetzen«, sagte sie. »Du trennst dich nicht von ihr, und gleichzeitig flüsterst du mir ins Ohr, wie sehr du mich liebst. Du brauchst nicht mehr als drei kleine Worte, um uns beide zu belügen.«
    »Halt den Mund.«
    »Wie wäre es, wenn du dich jetzt behauptest? ›Nach so einer Szene.‹ Als ob ich das Fass zum Überlaufen gebracht hätte!«
    »Wirst du jetzt endlich den Mund halten?«
    »Mein Gott, ich war so dumm. Robert war ein guter Mann. Er hat mich geliebt. Wenigstens wusste er, was Liebe ist. Und wo seine Grenzen liegen.«
    Nun lachte Sheppard, er war so wütend, er hätte ausspucken können. Er brachte den Wagen auf fast hundertfünfzig Sachen und bekam Lust, das Steuer nach links zu reißen und sie beide in die Leere hinauszuschießen, nur um ihre Angst zu sehen, wenn sie dem Pazifik entgegenrasten.
    »Du bist ein Fluch auf meinem Leben«, sagte sie. »Du bist ein Fluch auf allem.«
    »Morgen bin ich weg.«
    »Wer ist als Nächste dran, frage ich mich. Welche glückliche Lady ahnt noch nicht, dass sie in Bälde von Sam Sheppard ausgesaugt werden wird?«
    »Du warst die Letzte, glaube mir. Du wirst mir dauerhaft eine Warnung sein.«
    »Deine Frau tut mir leid!«
    Er wandte sich um und hielt ihr seinen Zeigefinger vors Gesicht. »Wage es nicht, über meine Frau zu sprechen!«
    Sie stieß einen Schrei aus, weil vor ihnen etwas in der Dunkelheit auftauchte, sie riss die Augen auf und stützte sich mit beiden Händen aufs Armaturenbrett.
    Und in der Millisekunde, in der er sich wieder der Straße zuwandte und auf die Bremse stieg, sah Sheppard die Gestalt – und das braune Haar, exakt die Haarfarbe seiner Frau –, und dann erfolgte auch schon der Aufprall, und was ihm auf der Zunge lag, war »Marilyn!«, denn er war überzeugt davon, irgendein verrückter Zufall, eine dämonische Konvergenz habe sie in diesem Moment auf diese Straße gebracht, Hunderte Kilometer von Big Sur entfernt, und der Körper, den er eben überfahren hatte, sei der ihre. Das Geräusch war ekelerregend, ein Knirschen, ein Reißen von Fleisch und Brechen von Knochen, zeitgleich zum Aufprall, mehr Detonation als Zusammenstoß, gefolgt von einem Schlag gegen das rechte Hinterrad, der den Wagen ausbrechen ließ. Seine Erfahrung als Rennfahrer rettete ihnen das Leben; anstatt gegenzulenken, folgte er der Drehbewegung; und für einen kurzen Augenblick stand der MG auf den linken Rädern wie ein Katamaran, und dann fiel er sofort wieder auf die Straße zurück und drehte sich unter lautem Wehklagen dreimal um die eigene Achse und blieb auf der Gegenfahrbahn schließlich in Fahrtrichtung stehen.
    Sie saßen gute dreißig Meter hinter dem Unfallort schweigend nebeneinander im Auto.
    »Was war das?«, fragte Susan. »Mein Gott, war das eine Frau?«
    Sheppard legte den Rückwärtsgang ein, drückte das Gaspedal durch und trat erst auf die Bremse, als er meinte, einen Körperteil zu sehen. »Bleib im Auto«, sagte er, zog die Handbremse an und stieg aus.
    Der Adrenalinstoß versetzte ihn gewohnheitsmäßig in einen hellwachen, ruhigen Zustand. Die Rücklichter des Wagens tauchten die Szene in rotes Licht, und obwohl sein Verstand in den Notfallmodus umgeschaltet hatte, war er überaus erleichtert zu sehen, dass das abgetrennte Körperteil zu einem Hund gehörte. Er näherte sich dem Tier – es handelte sich um eine große Rasse, einen Königspudel –, konnte aber erst, als er bis auf wenige Schritte herangekommen war, erkennen, dass es noch lebte.
    Er beugte sich darüber. Der Hund lag auf der rechten Seite, und aus seiner Schulter, dort, wo der Lauf gewesen war, schlängelten sich zwei ineinanderverdrehte Muskelstränge, die im blutroten Licht glänzten.
    Er kniete nieder. Der Hundetorso war schwarz vor Blut, die Hinterläufe oberhalb der Pfoten mehrfach gebrochen. Beide Schienbeine waren von den Gelenken abgetrennt worden

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