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Mister Peanut

Mister Peanut

Titel: Mister Peanut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Ross
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Das war eine Tatsache. Und wenn ein neues Glück kam, hatte man wieder den Eindruck, es würde ewig anhalten, denn das Glück kam mit dem Versprechen einher, dass es sich wie ein Lagerfeuer mit etwas Aufmerksamkeit würde weiter am Leben erhalten lassen. Erhalte es am Leben, sagte er sich. Lass es andauern.
    Zufrieden schlief er wieder ein.
     
    Marilyn wachte auf.
    Sie saß immer noch im Schaukelstuhl, als Don sie sanft an der Schulter rüttelte und sie erschreckt den Kopf hob. Außer in der Küche brannte im Haus kein Licht mehr, und Marilyn konnte hören, wie Nancy die letzten Teller einräumte. »Lass das stehen«, sagte sie, stand auf und blinzelte ins Licht.
    »Bin schon fertig«, sagte Nancy lächelnd und faltete das Geschirrtuch zusammen.
    »Wie spät ist es?«
    »Halb eins«, flüsterte Don.
    Sie schlichen durch die Küche und verabschiedeten sich voneinander, und danach wollte Marilyn die Küchentür schließen, hielt aber inne, um dem Wind in den Bäumen zu lauschen. Sie schaltete das Licht aus, verriegelte die Tür und schaute durchs Fenster den Aherns nach, die den Rasen unter den Bäumen überquerten, Nancy mit verschränkten Armen.
    Die Ärmste, dachte Marilyn. Früher am Abend, in der Flaute nach dem Nachtisch, hatten die beiden am Spülbecken gestanden und sich leise unterhalten, und Nancy hatte gesagt: »Er fasst mich nicht mehr an, aber das ist in Ordnung. Ich kann damit leben. Wir haben viel um die Ohren, er ganz besonders. Trotzdem habe ich das Gefühl, er geht mir aus dem Weg. So wie gerade eben. Kaum sind wir einen Moment allein, sagt er: ›Das Spiel , Nancy, da habe ich den ganzen Tag drauf gewartet‹, so als gäbe es nie wieder ein Spiel. Achte mal darauf, dann siehst du, dass er einen Sicherheitsabstand zu mir einhält, so als wären wir Geschwister, die sich um den Tisch jagen.« Sie tupfte sich die Augen trocken. »Wie haben Sam und du es geschafft?«
    Marilyn wusste keine Antwort. Sie selbst hatte nicht wirklich etwas getan . Sie war der Ansicht, einfach abgewartet zu haben, ebenso wie Sam, bis sie beide zur gleichen Zeit des Wartens müde geworden waren.
    Anders ließ es sich nicht ausdrücken.
    »Damit helfe ich dir nicht weiter«, sagte Marilyn. »Bitte, versteh mich nicht falsch. Es ist nur so … du musst bereit sein, den Atem anzuhalten, und zwar für länger, als du zu können glaubst«, sagte sie.
    Nun saß sie neben Sam auf dem Schlafsofa und streichelte über sein Haar. Er lag in der Form eines S ausgestreckt, ihr zugewandt, immer noch im Cordjackett, die Arme um den Körper geschlungen, den Mund geöffnet. Er sah aus wie Chip, wie ein Junge. Neben ihm war noch genau so viel Platz, dass sie sich danebenlegen konnte, was sie auch tat. Sie lauschte seinem Atem …
    Sie wachte auf. Sie fror. Sie spielte mit dem Gedanken, Sam zu wecken, was jedoch nicht weniger Aufwand erfordern würde als bei Chip, außerdem übernachtete er regelmäßig hier unten. Sie ging hinauf ins Schlafzimmer, zog sich im Dunkeln aus, legte die säuberlich gefalteten Kleider über einen Stuhl, schlüpfte in ihren Pyjama und kroch unter das kalte Laken. Sie hatte es satt, allein zu schlafen. Es machte ihr nichts mehr aus, nachts von Sam geweckt zu werden. Letzte Woche hatte sie ihn gebeten, die Betten nebeneinanderzuschieben oder ein neues zu kaufen. »Ich möchte dich nachts an meiner Seite spüren«, hatte sie gesagt. Sie würde ihn gleich am nächsten Morgen daran erinnern.
    Während sie auf den Schlaf wartete, konnte sie nicht anders, als an Dick Eberling zu denken, zunächst an seinen Oberkörper in jenem Fenster, das er geputzt hatte, an den gerippten Muskelpanzer, der seinen Bauch bedeckte, an die dunkle, braune Haut. Sanft biss sie sich auf die Unterlippe, erinnerte sich daran, wie er zu Boden geschaut und sie gefragt hatte, ob sie einen wie ihn mögen könnte und auch »für eine lange Zeit?«. Der Gedanke machte sie traurig. Jeder Mensch hatte ein Anrecht darauf, für lange Zeit geliebt zu werden. Diese Erfahrung zu machen – geliebt zu werden und sich zu verändern, das Privileg zu genießen, zu leiden und das Leiden zu überstehen. Zu wissen, so wie sie es jetzt wusste, dass man nur einen Menschen wirklich lieben konnte. Es unbestreitbar zu wissen. Es zu akzeptieren , mit allen Einschränkungen, die es mit sich brachte. Und wenn man so weit war, hatte man einen Zustand erreicht, der annähernd stabil war.
    Zu ihrem Entzücken hörte sie langsame Schritte, erst auf der Treppe, dann im Zimmer. Sie

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