Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mister Peanut

Mister Peanut

Titel: Mister Peanut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Ross
Vom Netzwerk:
Dampfbad oder Sauna vor Schweiß triefend, mit einer Haut so rot wie die eines gekochten Hummers. Und sie behandelten einander, als wären sie sich zufällig auf der Straße begegnet. »Leland«, sagte einer, »wie zum Teufel geht’s dir?«, und ein anderer antwortete: »Slim, verdammt, wo warst du denn in letzter Zeit?« Ich starre nicht auf deinen Penis , lautete der von David dazuimaginierte Untertitel, gefolgt von Ich starrte auch nicht auf deinen . Aber er starrte. Die Faszination hatte etwas Unterweltliches, auch Vergil war ihr erlegen, als er sich als Führer anbot: Welch weitgefächertes Angebot, was für eine Auswahl an Größen und Formen, man konnte nicht anders, als hinzustarren. Elefantenpenisse, Pferdeschwänze, Hundepimmel, jüdische Schlongs und Eselsprügel. Penisse mit einem tiefer hängenden Ei, mit nur einem Ei, eierlos. Minis an Riesen, Maxis an Zwergen und umgekehrt. Schwarze Penisse, deren Eichel so rosa glänzte wie eine Hundezunge und deren Länge alle Klischees bestätigte oder widerlegte; asiatische Penisse, mit denen es sich genauso verhielt. Beschnittene Penisse, deren Haut wie nach einem Facelift gespannt war und die selbst im Ruhezustand so straff waren, dass es aussah, als müsste jede Erektion schmerzen. Es gab sogar gepiercte Penisse – Prinz Albert genannt –, deren Ring in den Schaft gestochen wurde und durch die Harnröhre wieder austrat wie aus der Nase eines Ochsen. Ein Panoptikum der Penisse, ein phallisches Feld, und der von so vielen Schwänzen umringte David musste daran denken, dass im Universum keine Regeln herrschten, dass die Guten nicht belohnt und die Bösen nicht bestraft wurden, dass es keine Gerechtigkeit gab, wenn der Herr gab oder nahm, dass nichts feststand als die eigene Körperlichkeit und damit letztendlich der eigene Tod.
    Er entdeckte Alice bei den Gewichten. Sie lag auf dem Rücken auf einem riesigen Gummiball, die Füße fest an den Boden gedrückt und einen zweiten Ball über der ausladenden Brust in die Höhe gestemmt. Mit hochrotem Kopf bewegte sie den kleineren Ball über ihrem Oberkörper hin und her, während der Trainer danebenstand und mitzählte.
    Er beschloss, sie auch am nächsten Abend zu beschatten. Er hatte eine Ausrede, um das Apartment noch vor ihr verlassen zu können, Jack Stoneys alljährliche Geburtstagsparty. Er hatte Alice eingeladen, ihn zu begleiten, aber sie hatte abgelehnt.
    »Lass mich raten«, hatte er gesagt, »du gehst zu einem deiner Treffen.«
    Ihre Augen blitzten. Es war diese Wut, die er nicht verstand. Und es war die Dauer ihrer Wut, die ihn am meisten verblüffte.
    Vor der Unitarierkirche an der Ecke von Central Park West und 76. Straße, wo ein Grüppchen aus Männern und Frauen rauchend auf dem Bürgersteig stand, stieg sie aus dem Taxi.
    Er wartete ein paar Minuten ab, bevor er hineinging, sie zu finden war dann kinderleicht. Er hörte ihre Stimme am Ende eines langes Korridors mit unzähligen Türen, hinter denen sich alle möglichen Selbsthilfegruppen trafen – die anonymen Alkoholiker, Al-Anon, NA., Co-Abhängige und Kaufsüchtige. Er spähte durch den Türspalt. Alle Personen im Raum waren fett, Männer, die abseits auf Klappstühlen sitzen mussten, Frauen mit so dicken Schultern und Bäuchen, dass es schien, als füllten die Handtaschen auf ihrem Schoß genau die Lücke aus, die klaffte, wenn sie ihre Hände zusammenzubringen versuchten. Alice erzählte eine Geschichte – er konnte sie nicht sehen, aber jedes Wort klar und deutlich verstehen, wobei sie hin und wieder von Mut machenden Zurufen, von Jas und Amens unterbrochen wurde.
    »Ihr wisst, wovon ich spreche«, sagte Alice. »Ihr wisst, wie es ist, wenn man sich von einem Boxenstopp zum nächsten hangelt. Der Hudson-Kiosk für eine Zeitschrift und einen Butterfinger. Und einen Schokoriegel von Hershey’s. Und ein Rolo. Almond Joy kann Spuren von Nüssen enthalten, Bounty nicht. Der Kiosk liegt nur ein paar Schritte abseits des Weges – wenigstens macht man nebenbei ein bisschen Sport. Der McDonald’s an der Ausfahrt Nummer dreizehn am Sprain Brooks Parkway, von fleißigen Mexikanern betrieben, die Frühschicht benutzt stets frisches Frittierfett, weshalb die Röstis und Pommes nie einen bitteren Beigeschmack haben … und diese seltsame Alchemie, wenn man Cola light dazu trinkt. Ihr wisst, wovon ich spreche. Ihr kennt den Hotdog-Verkäufer an der Kreuzung 43. und Lexington, bei dem man für einen Quickie stehen bleibt, bevor man nach Hause schleicht.

Weitere Kostenlose Bücher