Mister Peanut
Wie hätten Sie es denn gern? Mit allem natürlich. Das köstliche Knacken, wenn man die Haut zerbeißt, das Brötchen angenehm feucht vom Wasserdampf. Vielen Dank, Sir, noch eines, bitte. Der Hotdog-Stand befindet sich genau gegenüber vom Sbarro. Meine lieben Freunde, Fakt ist: Kartoffelstärke gelangt noch schneller in den Blutkreislauf als reiner Zucker. Es ist wie ein Schuss direkt in die nächste freie Vene.
Ihr wisst, was ich meine, wenn ich sage, dass ich von verrückten Zusammenstellungen träume, dass derlei Erfindungen dieselben Glücksgefühle versprechen wie guter Sex. Meine lieben Freunde, vergesst Subway. Ich bin das wahre Sandwichgenie. Man nehme einen Donut, zerschneide ihn mittig, bestreiche die eine Hälfte mit einer dicken Geleeschicht, die andere mit aufgeschlagenem Frischkäse. Und ihr werdet es nicht glauben, aber vertraut mir: Belegt den Donut mit Speck. Belegt alles mit Speck! Erdnussbutter – ich darf sie nicht essen, aber Träumen ist erlaubt – und Bananenscheiben in einer aufgeschnittenen Laugenbrezel. Schinken und angebratene Auberginenscheiben auf Focaccia. Schneiden Sie bitte die Kruste ab. Ich möchte nur Filet.
Ihr wisst, wie es sich anfühlt zu essen, was andere verschmähen. Die frittierten Panadereste bei KFC, der weiße Knorpel an den Knochenenden, die Rinde am übrig gebliebenen Rest eines Brie, die Krümel, die sich am Boden einer jeden Chipstüte sammeln und die man in Guacamole kippt wie Cornflakes, das mit Fleischresten behangene Plastikbändchen, das man von der Mortadella zupft.
Ihr kennt die Scham. Ihr kennt das Gefühl, wenn man lachen und dabei furzen muss, ihr kennt die doppelte Angst vor dem Lachen. Ihr kennt die peinlichen Folgen eines dauerhaft verschmutzten Hinterns. Ihr kennt die zeltgroße Unterwäsche. Ausbuchstabierte BH-Größen, die nach Rinderrasse klingen oder nach Autorennen: der F-Cup, der EE-Cup. Ihr kennt die Schauergeschichte von der krankhaft übergewichtigen Frau, die in die Klinik eingeliefert wurde und die so fett war, dass man in ihrer Unterbrustfalte ein verfaultes Thunfischsandwich fand. Ihr wisst, wie es ist, diese Falten abzusuchen und die Streifen rötlicher, entzündeter Haut zu entdecken, mit Schmiere abgedichtete Furchen, jene gelblichen, verkrusteten Ablagerungen, wie man sie auch hinter Kinderohren findet. Ihr kennt das schmerzhafte Stechen, wenn man versucht, diese Kruste mit einem warmen Waschlappen zu lösen. Ihr fragt euch: Was, wenn ich es einfach wachsen lasse?
Erlaubt mir, eine Liste anzulegen: Ihr wisst, wie es ist, vom Teller aufzuschauen und den Blicken fremder Leute zu begegnen. Mit dem Hintern zuerst ins Auto einzusteigen. Sich davor zu fürchten, ins Kino zu gehen, wenn der Film gerade erst angelaufen ist. Schnürsenkel zu hassen und Treppen zu verabscheuen. Zu wissen, dass man, falls man angepöbelt wird, nicht weglaufen kann. Eine Sendung über Fettleibigkeit auf CNN zu sehen, in deren Vorspann Leute vom Hals bis zum Po gezeigt werden, und zu denken, oh Gott, das könnte ich sein. Zu bemerken, dass alle den Blick senken, wenn man ins Flugzeug einsteigt. Den Höcker zwischen zwei Sitzen im Bus zu sehen und zu denken, der ist für meine Poritze. Mehr zu wiegen als der eigene Ehemann. Vom eigenen Schnarchen geweckt zu werden. Zu denken, dass man aussieht wie ein Schwein, wenn man sich die Apnoemaske aufgesetzt hat.
Ihr wisst, wie es ist, sich im eigenen Körper gefangen zu fühlen. Sich wie ein Krüppel zu fühlen. Wie eine Süchtige, sobald es ums Essen geht. Sich zu sagen: ›Heute werde ich mich beherrschen.‹ Ihr kennt die Schmerzen des Hungerns, die in den ersten Stunden so überwältigend sind, dass man weinen möchte. Und die Erleichterung, wenn man einknickt und sich vollstopft. Ihr kennt die nachfolgenden Schuldgefühle. Ihr kennt die Angst, tatsächlich noch immer dicker zu werden, so wie Alice im Wunderland. Vielleicht gehört man irgendwann zu jenen bedauernswerten Menschen, die das Zimmer nicht mehr verlassen können und die von den Rettungssanitätern mit einer Seilwinde aus dem Bett geholt werden müssen, die auf Feuerwehrmänner mit Vorschlaghämmern angewiesen sind, die zunächst einmal den Türrahmen verbreitern. Ihr kennt das Vergessen danach, die Kapitulation.
Aber es gibt Hoffnung«, sagte Alice. »Ihr wisst, was es bedeutet, sich zu ändern . Seht euch an. Seht mich an! Wir haben uns geändert. Und zwar radikal! Wir haben es irgendwie geschafft, von dort nach hier zu kommen, auch wenn die Frage
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