Mister Peanut
ins Guinnessbuch der Rekorde kommen will. Ich spreche nicht vom Bumsen. Ich spreche davon, sich jeden Tag die nötige Zeit zu nehmen, um den anderen mit einer schönen Sache zu überraschen.«
»Willst du damit sagen, wir hätten schlechten Sex?«
»Ich will damit sagen, dass wir etwas Neues brauchen, David. Wir brauchen Neuseeland oder Neufundland. Neue Zustände. Eine neue Welt. Was?«, fragte sie. »Was ist denn?«
David hatte sich eine Hand über die Augen gelegt.
»Du hast recht«, sagte er kopfschüttelnd.
»Aber?«
Aber warum wollte Alice ausgerechnet heute, wo er von einer anderen Frau bis zur Bewusstlosigkeit gefickt worden war, das Ficken neu erfinden? Warum wollte sie ausgerechnet jetzt über ihre Probleme sprechen, wo sie wochenlang alles getan hatte, um das Gespräch zu vermeiden? Wäre es nicht wirklich ein bisschen hilfreicher gewesen, wenn sie diese Unterhaltung beispielsweise gestern hätten führen können?
Alice nahm sein Handgelenk und zog seine Hand herunter. »Hör mal«, sagte sie, »warum schreiben wir nicht auf, was uns einschränkt, und dann geloben wir, einander beim Ausbrechen zu helfen.«
»Du meinst in sexueller Hinsicht?«
»In sexueller und spiritueller Hinsicht. In räumlicher und körperlicher Hinsicht. Na ja, in sexueller, um einen Anfang zu machen.«
»Willst du damit sagen, du möchtest mit anderen Männern schlafen?«
»Möchtest du das?« Alice nahm seine Hände zwischen ihre und drückte sie. Ihre Hände waren vom Tee gewärmt, seine kalt. »Möchtest du dir eine Geliebte suchen, David? Auf etwas Ähnliches wollte ich hinaus. Nimm dir eine Geliebte, und erzähl mir davon. Oder auch nicht. Du sollst bekommen, was du dir wünschst, weil ich dir die Freiheit dazu lasse. Ich unterstütze dich dabei, und danach unterstützt du mich.«
»Ich will keine Geliebte«, sagte er. Das war gelogen, in Bezug auf Alice’ Anliegen entsprach es jedoch der Wahrheit.
»Irgendwas musst du wollen«, sagte sie.
Seit er seinen Roman begonnen hatte, quälte ihn ein Verlangen, aber anstatt zu sagen, wonach, fragte er: »Und du?«
»Oh.« Ohne seine Hände loszulassen, legte sie den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. »Ich möchte … ein Kannibale auf Papua-Neuguinea sein und lernen, wie man einen Schrumpfkopf macht. Ich möchte auf einem Kamel durch die Wüste reiten und eine Fata Morgana sehen, und genau an der Stelle möchte ich dann auf eine wirkliche Quelle stoßen. Ich möchte mich einer Sekte anschließen und einer Gehirnwäsche unterzogen werden, und dann möchte ich anderen das Gehirn waschen. Ich möchte wissen, wie es ist, das Geld mit vollen Händen aus dem Fenster zu schmeißen, bis mir nichts mehr geblieben ist als das Hemd am Leib. Ich möchte als Schiffbrüchige auf einer einsamen Insel landen und jahrelang da leben und Hütten mit Fahrstühlen bauen, so wie die schweizerische Familie Robinson.« Sie zog an seinen Händen, senkte den Kopf und schaute David an. »Ich möchte dich«, sagte sie, »unfassbar glücklich machen.«
David war so verstört, dass er kaum aufrecht sitzen konnte. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
»Sag ja. Sag: ›Wann geht es los?‹«
»Wann geht es los?«, fragte er traurig.
»In diesem Moment«, sagte sie und schlug auf den Tisch. »Könntest du dich von Spellbound trennen?«
»Klar.«
»Musst du unbedingt in New York leben?«
»Nein.«
»Sag mal, wann wirst du eigentlich dein Buch zu Ende schreiben?«
Er kniff die Augen zusammen. »Wovon redest du?«
»Von deinem Roman. An dem du arbeitest.«
»Wie zum Teufel hast du davon erfahren?«
»Na ja, irgendwann habe ich ein paar Seiten auf deinem Schreibtisch liegen sehen, aber ich habe nur ein paar Wörter gelesen. Es geht mich schließlich nichts an.«
»Nein, das tut es nicht.«
»Bist du fertig?«
»Nein.«
»Darf ich frag en, warum nicht?«
»Ich weiß nicht, wie es ausgehen soll.«
»Vergiss es«, sagte sie. »Verbrenn es. Schmeiß es weg.«
»Nein«, sagte David und ließ ihre Hände los.
»Dann fahr allein irgendwohin. Schreib es einfach zu Ende. Wenn ich wüsste, dass du daran arbeitest, wenn ich wüsste, es ist ein Ende in Sicht, wüsste ich wenigstens, worauf ich warte.«
»Dafür muss ich nicht wegfahren.«
»Aber du musst es beenden, oder? Wir müssen es beenden. Davon spreche ich. Wenn es dich zurückhält, wenn es zwischen uns steht, wenn es dich belastet – so wie mein Gewicht mich belastet –, dann solltest du durchstarten. Oder es loslassen. Und
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