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Mister Peanut

Mister Peanut

Titel: Mister Peanut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Ross
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(Sekunden, Minuten, Jahre) erst offenbaren, wenn es vollbracht ist. Hastroll war gezwungen, sich mit dem Knie auf ihren Brustkorb zu stützen, während ihre Fingernägel sich in seine Hände krallten, die das Kissen hielten; als sie ihm ihre Finger in Nasenlöcher und Mund rammte, biss er zu, bis seine Zähne das Fleisch zerteilt hatten und auf steinharte Knochen trafen. Im letzten Adrenalinrausch schaffte sie es tatsächlich, sich das Kissen vom Gesicht zu reißen und »Ward, bitte!« zu keuchen, aber schon drückte er wieder zu. Das Gewitter entlud sich mit Blitz und Donner über der Stadt, während der Regen an die Fensterscheiben schlug, die Ziegelfassaden abwusch und die Rosen nährte und als tosender Schwall in den Gullys verschwand – gebündelte Energie, die ihm half, Hannahs Mund und Nase mit dem Kissen zu verschließen und ihre Schreie zu ersticken. Allmählich wurden ihre Schläge trunken und müde; sie wirkten, als die Kraft sie verließ, beinahe zärtlich. Und dann regte sie sich endlich nicht mehr, so als sei sie eingeschlafen.
    Er ließ von ihr ab, stieg vom Bett herunter und betrachtete sein Werk.
    Ihr Kopf war ein Kissen, die Laken wanden sich um ihre Beine. In der Dunkelheit war ihr Slip unmöglich vom Bettzeug zu unterscheiden. Sie war ein Teil des Betts geworden.
    Nun musste er den Leichnam entsorgen.
    Erst später begriff er, dass er unter Schock gestanden hatte und die Nüchternheit und Kühle, die er spürte, durch das traumatische Erlebnis hervorgerufen worden waren. Nachdem er das Apartment nach dem nötigen Werkzeug abgesucht hatte, nachdem er sich Gefrierbeutel über die Schuhe, Latexhandschuhe über die Hände und Hannahs Duschhaube über den Kopf gezogen hatte, drehte er die Dusche auf, legte die Leiche in die Wanne (warum fühlen sich die Toten so viel schwerer an als die Lebenden?) und machte sich daran, mit einer Säge die Arme von den Schultern, die Beine von den Hüften, den Kopf vom Hals zu trennen. Die Klinge gab einen entsetzlichen Gestank ab, ähnlich wie ein Bohrer, der einen Zahn berührt. Während er arbeitete, lief die Dusche, um das Blut wegzuspülen. Der Torso mit den Ansätzen der nun fehlenden Gliedmaßen wirkte dort, wo er noch intakt war, so perfekt wie eine antike Skulptur aus Menschenfleisch. Die abgesägten Glieder landeten mit einem dumpfen Krachen, das ihr Gewicht erahnen ließ, in der Wanne; es war, als werfe der Nachbar über ihnen einen schweren Gegenstand zu Boden. Der Wasserdampf ließ Hastrolls Brille beschlagen, und er nahm sie ab, um nichts mehr sehen zu müssen. Dann verpackte er Hannah, er ordnete ihre Körperteile so sorgfältig in seinem Koffer an, als würde er Gepäck in einem Kofferraum verstauen. Anschließend lief er mit Hannah an der Hand durch die finsteren Straßen bis zum Fluss hinunter, klatschnass unter seinem Hut und der Regenjacke, nicht weil sich ein kalter Regen auf Manhattan ergoss, sondern weil er schweißgebadet war. Als er die Promenade erreicht hatte, kippte er den Kofferinhalt über das Geländer und schaute zu, wie die Teile, die man nicht mehr Hannah nennen konnte, im schwarzen Wasser versanken; sein Gewissen war so frei von Schuldgefühlen wie die Leiche blutleer. Und dann, als er endlich wieder zu Hause war und in seinem Lieblingssessel saß, hörte er sich plötzlich schluchzen, denn er wusste, er hatte sie umgebracht.
    Er wachte auf.
    In der Wohnung war es stockfinster, das Telefon lag auf seinem Schoß.
    Er ging ins Schlafzimmer und sah, dass Hannah schlief. Wie sie so dalag, sah sie ganz friedlich aus, und obwohl er über alle Maßen dankbar war, steckte ihm gleichzeitig der bittere Kater ihres Streits in den Knochen. Er wollte nichts lieber tun, als zu ihr ins Bett zu kriechen wie früher, als sie jung waren. »Ich hatte einen Albtraum«, würde er sagen, und dann würde sie fragen: »Was hast du geträumt?«, und obwohl er nicht mehr war und nie mehr sein würde als ein Detective, wäre er in diesem Moment der reichste Mensch auf Erden. Sie würden ihre Arme und Beine ineinanderschlingen und einschlafen. Stattdessen schleppte er sich schweißbedeckt ins Badezimmer, drehte den Wasserhahn auf, wusch sich das Gesicht und vergrub es im Handtuch. Er warf einen Blick in den Spiegel und erschrak über den Anblick.
    Er sah den Mann, zu dem er geworden war, seit Hannah im Bett lag. Sein Anzug und sein Hemd waren zerknittert, die Spitze seiner Krawatte hing unter dem Jackett heraus, und er war so zerzaust, wie es nur die chronisch

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