Mister Perfekt
strahlte ihn an. »Meinetwegen brauchen Sie das aber nicht zu tun«, sagte sie.
»Sadie!«, tadelte Mr. Kulavich.
»Ach, sei still, George! Ich mag alt sein, aber ich bin noch nicht tot!«
»Daran werde ich dich erinnern, wenn ich das nächste Mal den Playboy-Kanal schauen will«, knurrte er.
Sam hustete und verschwand in seinem Haus, die Pistole eng an sein Bein gepresst, damit seine Nachbarn sie nicht erspähten und vor Begeisterung in Ohnmacht fielen.
Jaine spürte die unausgesprochenen Fragen in den Blicken, die auf ihr lagen. Ihr fiel ein, dass sie ihren BH noch nicht wieder angelegt hatte und dass ihre Seidenbluse das wahrscheinlich nur zu deutlich verriet. Sie verkniff sich einen prüfenden Blick nach unten, sondern drückte einfach BooBoo fester an ihre Brust. Sie fasste auch nicht an den Kopf, um ihre Frisur abzutasten, denn davon war garantiert nichts mehr übrig.
Erst war sie damit in den Regen gekommen, dann hatte sie sich stundenlang mit Sam im Bett herumgewälzt; wahrscheinlich standen ihr die Haare wie Igelstacheln vom Kopf ab. Dazu Sams halb nackter Auftritt... nun ja. Wahrscheinlich waren die Schlüsse, die ihre Nachbarn aus alldem zogen, ziemlich zutreffend.
Sich Gedanken über ihre Nachbarn zu machen, war eindeutig leichter, als sich Gedanken über ihr Haus zu machen.
Nach dem ersten grauenvollen Blick in die Küche war sie nicht sicher, ob sie den Rest des Hauses überhaupt sehen wollte.
So kurz nach Marcis traumatischem Tod war das bestimmt mehr, als sie ertragen konnte. Darum konzentrierte sie sich lieber auf andere Dinge, etwa darauf, wie Mrs. Kulavich ihr zuzwinkerte, als Sam wieder aus dem Haus trat, nun mit einem adretten, in die Jeans gestopften Oxford-Hemd bekleidet und mit seiner Polizeimarke am Gürtel. Sie hätte gern gewusst, ob er auch eine Unterhose angezogen hatte.
»Bist du jetzt im Dienst?« Ihr Blick lag auf seiner Marke.
»Eigentlich schon. Ich bin am Tatort, und ab elf Uhr sind wir alle in Bereitschaft.«
Sie riss die Augen auf. »Ab elf - wie spät ist es eigentlich?«
»Beinahe Mitternacht.«
»Armer BooBoo«, sagte sie entsetzt. »Könntest du versuchen, sein Katzenfutter zu finden, und mir eine Dose bringen, damit ich ihm was zu essen geben kann?«
Sam sah sie an. In seinen dunklen Augen sah sie das Wissen, dass sie sich im Moment nicht der Wahrheit stellen konnte, doch sie entdeckte auch Verständnis darin.
»Gut, ich suche ihm was.«
Er sah Mrs. Kulavich an. »Sadie, könntest du Jaine zusammen mit Eleanor in mein Haus bringen und einen Kaffee aufsetzen?«
»Natürlich, mein Lieber.«
Flankiert von Mrs. Kulavich und Mrs. Holland kehrte Jaine in Sams Haus und dort in seine Küche zurück. Sie setzte BooBoo ab und sah sich dann aufmerksam um, denn schließlich war dies das erste Mal, dass sie mehr von seinem Haus zu Gesicht bekam. Vorhin hatten sie sich nicht die Mühe gemacht, das Licht anzuschalten, bis sie angezogen gewesen waren, darum kannte sie bis jetzt nur das Schlafzimmer und das Wohnzimmer, die beide ausgesprochen spartanisch eingerichtet waren. Die Küche hatte genau wie ihre einen kleinen Tisch und vier Stühle an einem Ende, und der Herd war an die zwanzig Jahre alt. Der Kühlschrank hingegen wirkte brandneu, genau wie die Kaffeemaschine. Sam hatte Prioritäten.
Mrs. Kulavich bereitete in kürzester Zeit den Kaffee zu und schaltete die Maschine ein. Jaine verspürte plötzlich ein dringendes Bedürfnis.
»Äh... wissen Sie vielleicht, wo hier das Bad ist?«
»Natürlich, Liebes«, antwortete Mrs. Holland. »Das große Bad ist hinter der zweiten Tür links im Flur, und gleich neben Sams Schlafzimmer gibt es noch ein kleines.«
Seltsam, dass die beiden alten Damen das wussten, Jaine hingegen nicht. Aber andererseits bekam man von einer Wohnung nicht unbedingt viel zu sehen, solange man flach auf dem Rücken lag und einen Neunzig-Kilo-Kerl auf dem Bauch liegen hatte.
Sie entschied sich für das große Bad, weil es näher lag, und nahm ihre Handtasche mit. Eilig zog sie sich aus, setzte sich auf die Toilette, suchte dann einen Waschlappen und wusch die Spuren von vier Stunden langem Sex weg. Sie besprühte sich mit seinem Deodorant, kämmte ihr Haar - das tatsächlich in Stacheln von ihrem Kopf abstand - und zog diesmal erst ihren BH an, bevor sie in die Bluse schlüpfte.
Mit dem Gefühl, endlich wieder ein vollwertiger Mensch zu sein, kehrte sie zu ihrer dringend benötigten Tasse Kaffee in die Küche zurück.
»Das mit Ihrem Haus ist
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