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Mister Perfekt

Mister Perfekt

Titel: Mister Perfekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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Telefon, hielt dann aber inne. Nicht nur, dass sie seine Telefonnummer nicht wusste, sie wusste nicht einmal, wie er mit Nachnamen hieß. Sie war wirklich eine tolle Nachbarin; jetzt wohnte sie schon zweieinhalb Wochen hier und hatte ihm immer noch keinen Antrittsbesuch gemacht, wohingegen er, falls er als Bulle keine absolute Niete war, ihren Namen bestimmt schon herausgefunden hatte. Andererseits war er genauso wenig vor ihrer Tür erschienen, um sich vorzustellen. Wenn Mrs. Kulavich nicht gewesen wäre, hätte sie nicht einmal gewusst, dass er mit Vornamen Sam hieß.
    Trotzdem wusste sie sich zu helfen. Auf dem Block neben dem Telefon hatte sie die Telefonnummer der Kulavichs notiert, und sie schaffte es, ihren Blick lang genug von dem Spektakel nebenan abzuwenden, um sie abzulesen. Sie hatte die Nummer eingetippt, bevor ihr einfiel, dass ihre Nachbarn unter Umständen noch im Tiefschlaf lagen.
    Mrs. Kulavich ging beim ersten Klingeln an den Apparat.
    »Hallo«, zirpte sie enthusiastisch, woraus Jaine erleichtert schloss, dass sie schon wach gewesen war.
    »Hallo, Mrs. Kulavich, hier ist Jaine Bright von nebenan. Wie geht es Ihnen?« Auch unter ungewöhnlichen Umständen wollten die gesellschaftlichen Umgangsformen gewahrt bleiben, und bei der älteren Generation konnte das einige Zeit in Anspruch nehmen. Sie hoffte auf zehn bis fünfzehn Minuten. Einstweilen beobachtete sie, wie Sam die Flasche Orangensaft austrank und die leere Flasche wegwarf.
    »Ach Jaine! Wie schön, mal wieder von Ihnen zu hören!«, freute sich Mrs. Kulavich, als wäre Jaine außer Landes oder verschollen gewesen. Mrs. Kulavich gehörte augenscheinlich zu den Menschen, die am Telefon immer nur in Ausrufesätzen sprachen. »Uns geht es ausgezeichnet, ganz ausgezeichnet! Und Ihnen?«
    »Auch gut«, antwortete sie automatisch, ohne sich das Schauspiel gegenüber auch nur eine Sekunde lang entgehen zu lassen. Jetzt holte er die Milch raus. Iiih ! Er würde doch hoffentlich nicht Orangensaft mit Milch mischen. Er öffnete die Milch und schnüffelte daran. Als er den Arm anwinkelte, wölbte sich sein Bizeps nach oben. 
    »Mein Gott«, hauchte Jaine. Allem Anschein nach bestand die Milch den Geruchstest nicht, denn sein Kopf ruckte zurück, und er setzte den Karton ab.
    »Was haben Sie gesagt?«, meldete sich Mrs. Kulavich.
    »Äh - ich sagte gut, sehr gut.« Jaine zwang ihre Aufmerksamkeit auf den rechten Weg zurück. »Mrs. Kulavich, könnten Sie mir vielleicht verraten, wie Sam mit Nachnamen heißt? Ich muss ihn wegen einer Kleinigkeit anrufen.« Einer bemerkenswert großen Kleinigkeit.
    »Donovan, meine Liebe. Sam Donovan. Aber ich kann Ihnen die Nummer auch geben. Es ist die Nummer, die früher seine Großeltern hatten. Mir kommt das sehr gelegen, so kann ich sie mir nämlich merken. Man wird leichter älter als klüger, wissen Sie?« Sie lachte über ihren eigenen Witz.
    Jaine lachte ebenfalls, wenn sie auch nicht recht wusste, worüber. Sie tastete nach einem Stift. Mrs. Kulavich sagte ihr langsam die Nummer vor, und Jaine kritzelte sie auf ihren Block, was gar nicht so einfach war, denn schließlich sah sie nicht, was sie schrieb. Ihre Halsmuskeln waren wie festgeschraubt, darum blieb ihr nichts anderes übrig, als durch das Küchenfenster nebenan zu starren.
    Sie dankte Mrs. Kulavich, verabschiedete sich und atmete dann tief ein. Es musste sein. So schmerzlich es auch war, so sehr sie den Anblick auch missen würde, sie musste ihn anrufen. Noch einmal atmete sie tief durch, dann wählte sie seine Nummer. Sie sah ihn durch die Küche laufen und ein schnurloses Telefon hochnehmen. Jetzt stand er im Profil zu ihr.
    O Mann. O Wahnsinnsmann.
    Speichel sammelte sich in ihrem Mund. Der verdammte Kerl brachte sie allen Ernstes zum Sabbern.
    »Donovan.«
    Seine tiefe Stimme klang eingerostet, so als wäre er noch nicht richtig wach, und dem knappen Wort war seine Verärgerung anzuhören.
    »Ahm... Sam?«
    »Ja?«
    Nicht gerade eine viel versprechende Erwiderung. Sie versuchte zu schlucken, merkte aber, wie schwer ihr das mit heraushängender Zunge fiel. Sie rollte die Zunge wieder ein und seufzte bedauernd. »Hier ist Jaine von nebenan. Ich sage das nicht gern, aber vielleicht möchten Sie ja... Ihre Vorhänge zuziehen?«
    Er drehte sich abrupt zum Fenster um, und sie starrten einander über die beiden Einfahrten hinweg an. Er huschte nicht zur Seite, duckte sich auch nicht nach unten weg oder tat irgendetwas, das nach Verlegenheit aussah.

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