Mister Perfekt
keine.«
»Aber du hast doch gesagt, T.J. -«
»Erst rede ich mit den drei anderen«, bekräftigte Jaine.
Gina wirkte nicht besonders glücklich, erkannte aber augenscheinlich jene mysteriöse Autorität an, die Jaine ihrer Meinung nach besaß.
»Und ich dachte, du freust dich darüber«, murmelte sie.
»Tue ich nicht. Ich lege Wert auf meine Privatsphäre.«
»Warum hast du die Liste dann in die Hauszeitung gesetzt?«
»Habe ich doch gar nicht. Marci hatte einen zu viel getrunken und die Liste Dawna Sowieso gegenüber erwähnt.«
»Ach so.« Gina schaute noch unglücklicher drein, denn ihr schien eben aufgegangen zu sein, dass Jaine noch weniger erfreut über die ganze Situation war, als Gina zuvor angenommen hatte.
»Meine ganze Familie ist deswegen sauer auf mich«, knurrte Jaine.
Auch wenn Gina enttäuscht war, so war sie doch eine nette Kollegin. Sie ließ sich auf der Ecke von Jaines Schreibtisch nieder, und ihre Miene wechselte zu mitleidig.
»Warum? Was hat die denn damit zu tun?«
»Ganz meine Meinung. Meine Schwester behauptet, ich hätte sie in Verlegenheit gebracht, deshalb könnte sie nicht mehr mit hoch erhobenem Kopf in der Kirche sitzen. Und meine vierzehnjährige Nichte hat sich den vollständigen Artikel aus dem Netz gezogen, was Shelley auch nicht gefällt. Mein Bruder ist sauer, weil ich ihn vor den Kollegen in seiner Firma bloßgestellt habe -«
»Ich wüsste nicht, wie, es sei denn, sie hätten auf der Toilette nachgemessen, und er hätte dabei den Kürzeren gezogen«, kommentierte Gina und fing an zu kichern.
Jaine meinte: »Das möchte ich mir lieber nicht vorstellen«, und begann ebenfalls zu kichern. Sie und Gina sahen sich an und brachen in Gelächter aus. Sie lachten und lachten, bis ihnen die Tränen übers Gesicht liefen und die Mascara verschmierten.
Schniefend und giggelnd eilten sie auf die Damentoilette, um den Schaden zu reparieren.
Um neun Uhr wurde Jaine ins Büro ihres Abteilungsleiters gerufen.
Er hieß Ashford M. deWynter. Jedes Mal, wenn sie den Namen hörte, meinte sie von Manderley zu träumen. Es hätte sie brennend interessiert, ob das »M« in seinem Namen für Max stand, doch zugleich fürchtete sie sich vor der Antwort.
Vielleicht versuchte er absichtlich, der Romanvorlage von Daphne du Maurier gerecht zu werden, denn er war immer ausgesprochen europäisch gekleidet und hatte unter Zeugen wiederholt den Halbsatz »Ist es nicht?« angehängt.
Außerdem war er ein Arschloch.
Manche Menschen sind es von Natur aus. Andere strengen sich an, eines zu sein. Auf Ashford deWynter traf beides zu.
Er bat Jaine nicht, Platz zu nehmen. Sie setzte sich trotzdem und handelte sich für ihre Anmaßung ein Stirnrunzeln ein. Sie meinte den Grund für diese Mini-Konferenz zu kennen und wollte es wenigstens bequem haben, während sie zusammengestaucht wurde.
»Ms. Bright«, begann er mit einer Miene, als stiege ihm ein ätzender Gestank in die Nase.
»Mr. deWynter«, antwortete sie.
Ein weiterer strenger Blick, aus dem sie schloss, dass sie noch nicht an der Reihe gewesen war.
»Die Situation vor dem Tor ist eine Zumutung.«
»Da bin ich ganz Ihrer Meinung. Vielleicht sollten Sie eine einstweilige Verfügung beantragen...«
Sie ließ den Vorschlag ausklingen, denn sie wüsste ganz genau, dass er ohne seine Vorgesetzten keine beantragen konnte, selbst wenn er damit Aussicht auf Erfolg gehabt hätte, was sie bezweifelte. Die »Situation« stellte keine Gefährdung dar, und die Nachrichtenfritzen behinderten auch nicht die Angestellten.
Der strenge Blick wurde zum Zornesfunkeln.
»Ihre Eulenspiegeleien sind unangebracht. Sie wissen ebenso gut wie ich, dass diese Situation Ihnen zuzuschreiben ist. Sie ist ungebührlich und eine Ablenkung, und die Belegschaft ist gar nicht erbaut darüber.«
»Belegschaft«, dachte sie, war in diesem Fall zu übersetzen mit »seine Vorgesetzten«.
»Inwiefern ist sie mir zuzuschreiben?«, fragte sie freundlich.
»Diese vulgäre Liste, die Sie da erstellt haben...«
Vielleicht waren er und Leah als Zwillinge bei der Geburt getrennt worden, sinnierte sie.
»Ich habe die Liste genauso wenig erstellt wie Marci Dean. Es war eine Gemeinschaftsarbeit. «
Was war eigentlich mit den Leuten los, dass jeder sie allein für die Liste verantwortlich machte? Hatte sie auch das ihrer mysteriösen »Autorität« zu verdanken? Falls sie tatsächlich diese Macht besaß, sollte sie unbedingt öfter Gebrauch davon machen. Sie könnte
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