Misterioso
Ich nehme an, Sie haben jemand anderen erwartet.«
»Paul Hjelm«, antwortete Paul Hjelm benommen.
Natürlich. Der Chef kam persönlich. Eine Frage der Befugnisse, der Rangordnung. Es war schwierig, sich vorzustellen, dass Grundström noch jemand übergeordnet war. So sah er also aus, der mehr oder minder geheime Chef der Abteilung für interne Ermittlungen.
»Wo ist Grundström?« bekam Hjelm heraus. Seine eigene Stimme kam ihm fremd vor.
»Ach«, sagte Kriminalkommissar Jan-Olov Hultin. »Eine Erinnerung nur.«
Er zog die Nachrichtenteile der beiden Stockholmer Morgenzeitungen aus der Aktentasche und hielt sie hoch, in jeder Hand einen. Das zehn Jahre alte Foto schmückte beide Titelseiten. Dagens Nyheter brachte die Schlagzeile: »GEISELDRAMA IN HALLUNDA« und die Überschrift: »Polizist befreit drei Geiseln«. Svenska Dagbladet schrieb: »DER HELD VON NORS-BORG« und in der Zeile darunter: »Kriminalinspektor Paul Hjelm, Retter in der Not«.
Das war der reine Hohn, inszeniert von einem zutiefst sadistischen Regisseur.
»Haben Sie die schon gesehen?« fragte Hultin.
»Nein.«
Das hätte kurz und prägnant klingen können, wirkte hier aber eher – kümmerlich.
Hultin faltete die Zeitungen zusammen und fuhr fort. »Diese Schlagzeilen wären besser ungeschrieben. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Ich bin froh, dass sie so ausfallen. Das bedeutet, dass es bei uns bisher noch keine undichte Stelle gibt. Es ist nur so, dass in der Stadt momentan etwas sehr viel Größeres läuft. «
Das Wort »Verwirrung« hätte den Zustand, in dem Paul Hjelm sich befand, nur annähernd beschrieben.
Jan-Olov Hultin klemmte eine Lesebrille mit halben Gläsern auf sein stattliches Riechorgan und blätterte in einem Dossier, auf dessen braunem Deckblatt deutlich lesbar Paul Hjelms Name prangte.
»Wie haben Sie es geschafft, so lange in diesem Distrikt zu sein, ohne irgendwelche Spuren zu hinterlassen? Keine Anzeigen, keine Auszeichnungen, nichts. Ich habe selten ein derart unbeschriebenes Blatt in einem doch verhältnismäßig alten Dossier gesehen. Was ist da neulich in Sie gefahren?«
Hjelm saß da wie versteinert. Hultin musterte ihn neugierig. Wahrscheinlich erwartete er gar keine Antwort. Hjelm gab sie trotzdem.
»Ich hab all die Jahre geackert und meine Familie zusammengehalten. Das können nicht alle Polizisten von sich behaupten.«
Der Großnasige lachte laut, ein Lachen, das ebenso nach außen wie nach innen gerichtet war, und beschloss, die sprichwörtlichen Karten auf den sogenannten Tisch zu legen.
»Heute am frühen Morgen ist im Reichskriminalamt eine neue Sondereinheit gegründet worden, die vorerst noch unter dem albernen Namen A-Gruppe läuft. Sie soll so etwas wie eine Gegenversion zur Palme-Gruppe sein, wenn man so will. Keine riesigen, unüberschaubaren Einheiten, keine ständigen Chefwechsel, kein Zögern hinsichtlich übergreifender Strukturen, sondern eine ganz neue Art von Einheit, klein, mit Leuten von außerhalb besetzt, ein Versuch, die Arbeit der Reichskripo zu erweitern und gleichzeitig auf den Punkt zu bringen. Sie soll sich aus jungen, routinierten Topkräften aus dem ganzen Land zusammensetzen. Ich werde der Chef dieser Gruppe sein, und ich will Sie dabeihaben. Wenn die Medien von der Sache Wind kriegen, sind wir auf die Sympathie angewiesen, die Ihrem Fall entgegengebracht wird. Ganz davon abgesehen, bin ich schwer beeindruckt von dem, was Sie getan haben. Ich habe das Material der Internen an mich genommen und sie sozusagen von ihrer Aufgabe entbunden. Diese Sache hat höchste Priorität, und wenn die Reichspolizeibehörde sich einschaltet, müssen sogar die Internen zu Kreuze kriechen.«
»Vor ein paar Sekunden stand ich noch kurz vor meiner Entlassung ...«
Hultin sah ihn forschend an. »Vergessen Sie das Ganze, das können wir zu den Akten legen. Die Frage ist nur, ob Sie sich fit genug fühlen, in einer reibungslos funktionierenden Maschinerie mitzuwirken, in der die Überstunden die normale Arbeitszeit bei weitem übersteigen werden. Sie sehen ziemlich mitgenommen aus.«
Hjelm räusperte sich und riss sich zusammen. Einen Augenblick lang glaubte er zu verstehen, was Glück bedeutete.
»Ich hab ein paar grauenvolle Tage hinter mir. Aber geben Sie mir einen Job, verdammt, und ich werde mir die Scheiße aus dem Leib arbeiten. Buchstäblich.«
»Nicht allzu buchstäblich, hoffe ich«, erwiderte Hultin und zögerte die Fortsetzung eine Weile hinaus. »Wir brauchen etwas von
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