Misterioso
und darüber hinaus noch Mitglieder desselben Golfklubs waren, hatten sie nur ein einziges Mal zusammen Golf gespielt, und dann auch noch ausgerechnet mit dem dritten Opfer.
Das war doch in der Tat verdächtig.
»Drei Männer spielen im Herbst 1990 gemeinsam eine Runde Golf. Es ist das einzige Mal, dass sie in dieser Konstellation spielen. Ein paar Jahre später liegen alle drei im Leichenschauhaus, im Laufe einer knappen Woche von ein und demselben Täter ins Jenseits befördert. Was sagt uns das?«
Chavez’ Antwort auf Hjelms Frage fiel ziemlich dürftig aus, während er weiter auf die Tastatur einhämmerte.
»Hä?«
»Ich werde es nicht wiederholen. Dein Unterbewusstsein hat genau registriert, was ich gesagt habe.«
Chavez hörte auf zu tippen und drehte sich zu ihm um. Er sollte sich einen Schnäuzer wachsen lassen, dachte Hjelm, überrascht von dem Gedanken, und merkte, wie die alten, längst begrabenen Vorurteile sich wieder meldeten.
»Das sagt uns gar nichts. Höchstens, dass die Verbindungen in der Geschäftswelt unerschöpflich sind.«
»Oder dass wir es mit einem Golfhasser zu tun haben ...«
»Da hast du’s«, sagte Chavez und tippte weiter. »Des Rätsels Lösung. An einem Herbsttag 1990 treibt sich ein Golfhasser beim Golfplatz in Kevinge rum, sieht drei arrogante Oberklassemacker sich auf einem Green aufplustern und beschließt spontan, diese drei Schweine, genau diese drei, umzubringen. Er wartet ein paar Jahre und schreitet zur Tat.«
»Ein Caddie vielleicht?«
»Das war ein Scherz«, sagte Chavez.
»Ist mir schon klar«, sagte Hjelm. »Aber wenn wir deine Geschichte ein bisschen abändern, klingt sie gleich ganz anders. Die Herren kommen von einer anstrengenden Aufsichtsratssitzung, haben zusammen ein Taxi genommen und sich unterhalten, vielleicht haben sie sich in der Golfbar einen genehmigt, und jetzt geht’s ums wahre Business. Sie übertreffen sich gegenseitig. Wo ihr Fuß hintritt, verwelken die Blumen. Sie schießen direkt aus der Hüfte. Vielleicht war der Caddie zu spät oder hat gleich zu Anfang irgendeinen Fehler gemacht, egal was, sie hacken jedenfalls auf ihn ein, triezen ihn oder meinetwegen sie, und behandeln ihn oder sie wie das letzte Arschloch. Möglicherweise kommt es auch zu Zudringlichkeiten. Sie drücken ihn oder sie im Vorbeigehen so tief in den Dreck, dass es ein paar Jahre dauert, bis er oder sie sich von der Schmach erholt hat. Vielleicht war ihr Verhalten eine Art Katalysator für eine Überreaktion auf etwas, das schon lange gegärt hatte. Vielleicht hat der Caddie ja die letzten Jahre in einer Nervenklinik verbracht und ist im Zuge der allgemeinen Einsparungswelle entlassen worden. Endlich hat er sein Leben wieder im Griff und weiß, was und wer seine Paranoia ausgelöst hat. So weit alles klar? Er steht über allem, kennt keinen Zweifel mehr, und dann löscht er sie aus, einen nach dem anderen, ganz einfach, schnell, elegant. Nüchterne Rache.«
»Du hast eine ausgeprägte Phantasie«, sagte Chavez. »Nicht ganz uninteressant.«
»Ich rufe an«, sagte Hjelm und wählte eine Nummer.
»Wenn du richtig lägest, hätte das Morden damit ein Ende. Aber die Theorie erklärt nicht die russische Kugel. Und sie würde die Wirtschaftsspur überflüssig machen.«
»Hallo? Paul Hjelm von der Reichskripo. Mit wem spreche ich, bitte?«
»Axel Widstrand«, antwortete die Telefonstimme. »Sekretär des Stockholmer Golfklubs. Sind Sie derjenige, der unsere Gästebücher mitgenommen hat? Lena hatte eigentlich keine Vollmacht, sie Ihnen auszuhändigen. Brauchen Sie sie noch lange?«
»Ich habe ihr die Vollmacht erteilt. Haben die Spieler eigentlich auch bei einer gewöhnlichen Runde einen Caddie dabei?«
»Ich würde die Bücher gern zurückhaben.«
»Drei Ihrer Mitglieder sind innerhalb einer Woche umgebracht worden, und Sie wollen ihre Bücher zurückhaben. In was für einer Welt leben Sie eigentlich?«
»Oh, oh«, sagte Chavez. »Verstoß gegen die Schweigepflicht.«
Hjelm fischte die Mittagsausgabe des Aftonbladet aus der oberen Schreibtischschublade und legte sie auf Chavez’ Tastatur.
EXTRA. EXTRA. DER MACHTMÖRDER HAT WIEDER ZUGESCHLAGEN. DRITTER WIRTSCHAFTSMAGNAT ERMORDET. MYSTERIÖSE FRAU FAND DIREKTOR NILS-EMIL CARLBERGERS LEICHE.
»Der Machtmörder?« sagte Chavez kopfschüttelnd und zog die Zeitung an einer Ecke von seiner Tastatur, als klebten alte Reste von Erbrochenem daran. »Gerade erst geboren und schon getauft...«
»Man lernt nie
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