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Misterioso

Misterioso

Titel: Misterioso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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Ich habe mich dem KGB und der GRU entzogen, indem ich immer wieder die Identität gewechselt habe. Ich hatte genügend Geld zusammengekratzt, um mir ein eigenes Fischerboot zu kaufen, als das Regime fiel. Ein Jahr lang war ich ein ganz normaler, russischsprechender Fischer aus Tallinn, unterdrückt, aber frei. Wahrscheinlich muss man sagen, dass dieses Jahr unser einziges freies war, danach kamen nämlich andere Mächte ins Spiel. Namenlose Typen setzten sich mit mir in Verbindung. Am Anfang ging es nur um Schutzgelder, damit einem das Boot nicht abfackelte oder explodierte. Das übliche. Aber es wurde rasant schlimmer. Ich erhielt den Befehl ... na ja, eben Transporte dieser Art zu machen. Das hier war mein dritter. In der ehemaligen Sowjetunion sitzen Zehntausende verzweifelter Flüchtlinge und warten nur darauf, dass ihnen jemand das Geld aus der Tasche zieht. Ich habe lediglich die Spitze des Eisberges gesehen, Viktor X ist nur ein Name, ein Mythos. Mein Kontaktmann war ein Este namens Juri Maar ja. Er soll zum engen Kreis um Viktor X gehören. Von Igor und Igor habe ich noch nie gehört, aber man muss sich nur klarmachen, wie viele Alkohol- und andere Schmuggler die Gruppe über ganz Nordeuropa verteilt hat.«
    Norlander staunte über die Redegewandtheit seines Gegenübers, ließ sich aber nichts anmerken.
    »Adressen, Kontakte?« fragte er ruhig.
    Pesjkov schüttelte den Kopf.
    »Die halten sich nie lange an einem Ort auf.«
    Norlander sah Pesjkov lange an. Es war nicht zu erkennen, ob der Mann ein Opfer oder ein Verbrecher oder möglicherweise beides war. Er schlug mit dem Notizbuch auf den Tisch und schob den Stift in die Brusttasche.
    »Ich werde jetzt nach Tallinn fahren. Sollte sich herausstellen, dass auch nur das kleinste Detail Ihrer Aussage nicht richtig ist oder dass Sie mir etwas verschwiegen haben, werde ich zurückkommen. Sie wissen, was das bedeutet?«
    Pesjkov starrte schweigend auf die Tischplatte.
    »Letzte Gelegenheit, noch etwas zu korrigieren oder hinzuzufügen«, sagte Norlander, als er aufstand.
    »Das ist alles, was ich weiß«, sagte Pesjkov resigniert.
    Viggo Norlander hatte plötzlich die fixe Idee, Alexej Pesjkov zum Abschied die Hand geben zu müssen. Der russischestnische Fischer erhob sich mit äußerstem Widerwillen und ergriff seine Hand.
    »How do you do, Sir?« sagte Norlander.
    Pesjkovs Blick würde er nie vergessen.
    Tallinn war eine wahnsinnige Stadt, befand Viggo Norlander eine Viertelstunde nach seiner Ankunft.
    An dieser Ansicht sollte sich auch im nachhinein nichts ändern.
    Es kostete ihn einige Mühe, am Flughafen einen Mietwagen aufzutreiben. Aber am Ende fädelte er sich doch in den chaotischen Nachmittagsverkehr ein und hielt sich an eine englischsprachige Touristenkarte. Er landete in der Altstadt oben auf dem Domberg und irrte durch die Gassen wie durch ein mittelalterliches Labyrinth. Die uralten Mauern mit ihren hohen, eindrucksvollen Geschütztürmen gaben ihm das Gefühl, noch immer in Visby zu sein.
    Dabei war die Stadt im Grunde genommen nicht mehr als die Kulisse seiner Zielstrebigkeit. Alle Straßenschilder und Reklametafeln wiesen eine ihm vollkommen fremde Sprache auf. Er kam sich vor wie in einem Film. Er war ein Fremder, und genau das wollte er. Alles sollte namenlos, kulissenartig bleiben. Seine Aufmerksamkeit sollte durch nichts abgelenkt werden. Ihm war, als würde frisches Blut durch seine Adern gepumpt. Er hatte seine wahre Bestimmung gefunden. Er hatte viel Zeit vertan, ehe er an diesen Punkt gelangt war.
    Als er endlich das große, moderne Polizeipräsidium fand, stellte er den Wagen unvorschriftsmäßig ab und ging direkt zum Wachdienst in dem kleinen Empfangsraum, in dem altes sowjetisches Bürokratengrau vergeblich gegen moderne westliche Innenarchitektur ankämpfte. Der Wachhabende war in einer eigenartigen Mixtur entgegenkommend und abweisend zugleich. Unter anderen Umständen hätte das Norlander vielleicht irritiert. Aber jetzt blieb er einfach hartnäckig.
    »Kommissar Kalju Laikmaa«, wiederholte er zum dritten Mal in holperndem Englisch, »erwartet mich.«
    »Ich kann Ihren Namen in meinen Unterlagen nicht finden«, sagte der junge Wachhabende förmlich. »Tut mir leid«, fügte er zum dritten Mal hinzu.
    »Rufen Sie ihn doch wenigstens an«, sagte Norlander beherrscht. Er glaubte, den erfolgreich unterkühlten Ton au? dem Untersuchungsgefängnis in Visby wiedergefunden zu haben.
    Jedenfalls tat der Wachhabende am Ende, worum Norlander

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