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Mistreß Branican

Mistreß Branican

Titel: Mistreß Branican Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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heftigen Winde ein wenig um. Im Norden stiegen einige Wolken auf, die wie ungeheure Kanonenkugeln aussahen, welche schon ein Funke zum Platzen bringen könnte.
    An diesem Tage, es war der 23. December, fuhr ein Blitz mit furchtbar grellem Lichte aus denselben, ohne aber von jenem dröhnenden Donner begleitet zu sein, den wir in den Gebirgsgegenden hören. Zu gleicher Zeit entfesselte sich ein plötzlicher Sturm mit so elementarer Gewalt, daß wir uns auf den Thieren nicht halten konnten. Wir mußten absteigen und uns auf dem Boden ausstrecken. Zach Fren, Godfrey, Tom Marix und Len Burker hatten die größte Mühe, unsere Kibitka gegen die entfesselten Elemente zu schützen. Unter solchen Umständen war es unmöglich, an das Aufschlagen der Zelte zu denken.
    »Das macht nichts, sagte Zach Fren, indem er sich die Hände rieb. Ein Gewitter ist bald vorüber.
    – Es lebe das Gewitter, wenn es regnet! rief Godfrey.

    – Godfrey hat Recht: Wasser! Wasser! Das ist unser Ruf… Aber wird es regnen?…. Das ist die Frage.«
    Ja, darum handelt es sich, denn ein ausgiebiger Regen wäre für uns Manna der Wüste. Unglücklicherweise war die Luft so trocken – das konnte man aus dem kurzen Donner annehmen – daß die Wolken nur Dunst blieben und sich nicht in Regen auflösen konnten. Und doch wäre es schwer gewesen, sich ein furchtbareres Gewitter, ein furchtbareres Blitzen und Donnern vorzustellen.
    Ich konnte damals auch sehen, wie sich die Schwarzen bei einem Gewitter benehmen, was ich schon nach den Reisebeschreibungen kannte. Weder fürchteten sie, daß der Blitz unter sie einschlage, noch schlossen sie die Augen vor dem grellen Aufleuchten des Blitzes, oder schraken sie bei dem furchtbaren Donner zusammen. Die Schwarzen unserer Escorte stießen Freudenrufe aus und fühlten durchaus nicht jenen physiologischen Eindruck, dem jedes Wesen unterworfen ist, wenn sich die elektrische Spannung der Wolken über unserem Haupte entladet.
    Gewiß ist die Nervosität bei Menschen auf niedriger Bildungsstufe wenig vorhanden. Vielleicht begrüßen sie in diesem Gewitter die Sündfluth! Und in der That war es auch nichts anderes.
    »Mrs. Dolly… Mrs. Dolly, sagte Godfrey zu mir, es ist doch Wasser, reines gutes Wasser, Himmelswasser, das über unserem Kopfe hängt! Die Blitze da bringen die Wolken zum Bersten und doch fällt nichts herunter!
    – Ein wenig Geduld, liebes Kind, erwiderte ich ihm, verzweifeln wir nicht!
    – Ja, versetzte Zach Fren, die Wolken verdichten sich und kommen zu gleicher Zeit der Erde näher. Ach, wenn der Wind nachließe, so würden sich auf einmal die Schleusen des Himmels öffnen!«
    Und wirklich war zu befürchten, daß der Sturm diese aufgehäuften Wolken gegen Süden treibe, ohne uns einen Tropfen Wasser zu geben.
    Gegen drei Uhr Nachmittags scheint sich der Himmel gegen Norden aufzuheitern; daß das Gewitter bald vorüber sein wird, das wäre eine furchtbare Enttäuschung!
    »Gut!… O… Sehr gut!«
    Jos Meritt brachte seine gewöhnliche Redensart vor, die nie gerechtfertigter war. Unser Engländer streckte die Hand aus und constatirte, daß er einige Tropfen Regen gefühlt habe.
    Der Wolkenbruch ließ nicht lange auf sich warten. Wir mußten schnell unsere Gummimäntel umwerfen und dann wurden alle zur Verfügung stehenden Gefäße auf den Boden gestellt, um das kostbare Naß recht reichlich aufzufangen.
    Man spannte Decken, Wäsche, Leintücher auf, um nur recht viel Wasser zu erhalten, mit dem man die armen Thiere tränken konnte.
     

    Wenn dieses Kind zu unserer Kibitka kommt. (S. 270.)
     
    Uebrigens konnten die Kameele sofort ihren Durst löschen, denn es bildeten sich überall Pfützen und kleine Rinnsale, und die weite Ebene drohte ein Sumpf zu werden. Es war Wasser da, genug für Jedermann. Wir erquickten uns an diesem reichlichen Wasserschwalle, welchen die trockene Erde bald wie ein Schwamm aufsaugen, und das die Sonne, die auf dem Horizonte wieder erschien, bald bis zum letzten Tropfen in Dunst verwandelt haben würde.
    So hatten wir denn wieder einen Wasservorrath für mehrere Tage und wir konnten unsere täglichen Märsche von neuem beginnen, da die Leute an Leib und Seele gestärkt und die Thiere wieder gut zu Fuße waren. Die Tonnen wurden bis zum Rande gefüllt, und jedes hohle Gefäß, das nicht unumgänglich nothwendig war, als Wasserbehälter benutzt. Was die Kameele betrifft, so füllten diese ihre innere Tasche, mit der sie die Natur ausgestattet hat, für eine gewisse Zeit

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