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Mistreß Branican

Mistreß Branican

Titel: Mistreß Branican Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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verberge. Je mehr sie sich in den Gedanken hineinlebte, daß sie bald einen Brief von John erhalten werde, desto furchtbarer mußte der Schlag sein!
    Und dies schien nur allzu sicher zu sein in Folge einer Unterredung, welche Mrs. Branican und Mr. William Andrew am 19. Juni hatten.
    Zum erstenmale war Dolly in den Garten des Prospect-House hinabgegangen, wo Mr. William Andrew sie auf einer Bank sitzen sah. Er setzte sich neben sie, nahm sie bei der Hand und drückte diese.
    Mrs. Branican fühlte sich schon kräftig genug. Ihr Antlitz hatte den früheren Teint wieder angenommen, obgleich ihre Augen noch immer verweint waren.
    »Ich sehe, daß Ihre Genesung rasche Fortschritte macht, liebe Dolly, sagte Mr. William Andrew. Ja, es geht Ihnen schon besser!
    – In der That, Herr Andrew, erwiderte Dolly, aber ich komme mir in diesen zwei Monaten so gealtert vor!… Wie wird mich da mein armer John verändert finden!… Und dann muß ich ihn allein erwarten!… Nur ich bin noch da…
    – Muth, liebe Dolly, Muth!… Nur nicht verzweifeln!… Ich bin jetzt Ihr Vater… ja, Ihr Vater… und ich will, daß Sie mir gehorchen!
    – Lieber Herr Andrew!
    – Das will ich hören!
    – Der Brief, den ich John geschrieben habe, ist doch schon fort?… fragte Dolly.
    – Gewiß… und Sie müssen geduldig seine Antwort abwarten!… Die indische Post verspätet sich oft… Da, Sie weinen schon wieder!… Ich bitte Sie, weinen Sie nicht!…
    – Kann ich anders… Herr Andrew? Wenn ich bedenke… und bin ich nicht die Ursache… ich…
    – Nein, arme Mutter, nein! Gott hat Sie grausam geschlagen, aber er will auch, daß jeder Schmerz ein Ende habe….
    – Gott! sagte Mrs. Branican leise, Gott, der mir meinen John zurückbringen soll!
    – Liebe Dolly, ist der Arzt heute schon hier gewesen? fragte Mr. William Andrew.
    – Ja, und meine Gesundheit kommt ihm heute bedeutend besser vor!… Ich fühle mich kräftig, und bald werde ich ausgehen können…
    – Nicht früher, als er es erlaubt, Dolly.
    – Nein, Herr Andrew, ich verspreche Ihnen, daß ich keine Unvorsichtigkeit begehen werde.
    – Ich rechne auf Ihr Versprechen.
    – Sie haben noch nichts Näheres von dem »Franklin« gehört, Herr Andrew?
    – Nein, und ich wundere mich auch nicht darüber… Die Schiffe brauchen oft sehr lange Zeit, bis sie nach Indien kommen….
    – John hätte von Singapore schreiben können?… Hat er dort keinen Aufenthalt genommen?
    – O ja, Dolly!… Aber wenn er die Post nur um einige Stunden versäumt hat, so müssen sich seine Briefe um wenigstens vierzehn Tage verspäten.
    – Also… Sie finden nichts sonderbares darin, daß John Ihnen bisher noch keinen Brief hat schicken können?…
    – Keineswegs… erwiderte Mr. William Andrew, welcher fühlte, wie dieses Gespräch ihn in Verlegenheit setzte.
    – Und die Schiffszeitungen haben seine Fahrt noch nicht erwähnt? fragte Dolly.
    – Nein… seitdem er dem »Boundary« begegnet ist… vor ungefähr…
    – Ja… vor ungefähr zwei Monaten… Und warum haben sich die zwei Schiffe begegnen müssen!… Ich wäre nicht an Bord des »Boundary« gegangen… und mein armes Kind«…
    Mrs. Branican fing an zu weinen.
    »Dolly, meine liebe Dolly, weinen Sie nicht, ich bitte Sie, weinen Sie nicht!
    – Ach! Herr Andrew, ich weiß nicht… eine Ahnung sagt mir manchmal… ich kann es mir nicht erklären… es kommt mir vor, als wenn ein neues Unglück… ich mache mir so viele Sorgen um John…
    – Das brauchen Sie nicht, Dolly!… Es ist kein Grund zur Besorgniß vorhanden…
    – Herr Andrew, fragte Mrs. Branican, könnten Sie mir nicht mehrere Schiffszeitungen senden, worin einige Seenachrichten stehen? Ich möchte sie lesen…
    – Gewiß, meine liebe Dolly, ich werde es thun… Uebrigens, wenn man etwas über den »Franklin« erfährt… sei es, daß er auf dem Meere gesehen, sei es, daß seine bevorstehende Ankunft in Indien signalisirt wurde, so würde ich es zuerst wissen, und sobald….
    Aber er mußte dem Gespräche eine andere Wendung geben, denn die Frau würde schließlich seine zögernden Antworten bemerkt haben, umsomehr, als er sie nicht anzusehen wagte, wenn sie ihn noch weiter fragte. Auch wollte er zum erstenmal von dem Tode ihres Onkels und dem ungeheuren Vermögen sprechen, das ihr zugefallen war, als Dolly fragte:
    »Jane Burker und ihr Mann sind verreist, wie man mir erzählte… Ist es lange her, daß sie San-Diego verlassen haben?…
    – Nein… seit zwei bis drei

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