Mit 50 hat man noch Träume
sollte, also sah sie wie unbeteiligt aus dem Fenster.
Ihre Augen folgten einem Containerschiff, das langsam Richtung Norden fuhr.
Nach einem
Moment, währenddessen sie eindrucksvoll schwieg, wechselte er das Thema und sagte:
»Es ist schon ein paar Wochen her, seit ich in Köln gewesen bin.«
»Dann geht
es dir wie mir.« Bea lachte, froh über die Unverfänglichkeit des neuen Gesprächsstoffs.
Sie dachte daran, dass sie sich, so sehr sie das Landleben in Altenahr genoss, auch
nach Köln gesehnt hatte. Nach den vielen Menschen, den Lichtern, dem Rhein, dem
Großstadtflair, das sie nun mit jeder Pore in sich aufsog.
Nachdem
Johannes angerufen und gefragt hatte, ob sie etwas zusammen unternehmen wollten,
hatte sie kurz entschlossen vorgeschlagen, nach Köln zu fahren, denn sie hatte das
Gefühl gehabt, als bräuchte die Verabredung mit ihm einen größeren Rahmen als den
kleinen Ort Altenahr.
»Es wundert
mich, dass du Köln magst. Aber vielleicht warst du ja schon früher mal hier mit
deiner Säge und deswegen gibt’s so wenig Bäume in den Straßen«, sagte sie und fragte
lachend: »Oder bist du etwa doch nicht so ganz der Naturbursche, für den du dich
ausgibst?«
»Ja und
nein.« Johannes schmunzelte und sagte: »So sehr ich die Natur auch liebe, so sehr
brauche ich die Stadt. Ich bin zwar in Altenahr geboren, habe aber einige Jahre
in Köln gelebt, bevor ich zurück in die Eifel gezogen bin, aber ich fahre immer
noch regelmäßig hierher.«
Bea runzelte
die Stirn. »Und warum bist du nicht hiergeblieben?«
Er lächelte.
»Es war Zufall, vielleicht auch Schicksal, nenne es, wie du es willst. Vor ein paar
Jahren, mitten im Winter, habe ich mit ein paar Freunden einen Ausflug in die Eifel
gemacht. Natürlich habe ich ihnen Altenahr und die Ahrschleife gezeigt. Anschließend
fuhren wir Richtung Ahrbrück den Berg hinauf nach Plittersdorf und Hürnig, wo alles
in tiefem Schnee versunken war. Ein deutsches Wintermärchen, es war zauberhaft.
Zufällig wanderten wir an einem wunderschönen alten Häuschen vorbei, herrlich gelegen,
mit völlig unverbautem Blick in die Landschaft …«
»Hört sich
fantastisch an«, sagte Bea und bemerkte wieder diesen Glanz in seinen Augen.
Er nickte.
»Das ist es auch. Einige Wochen später erfuhr ich von meinen Eltern, die immer noch
in Altenahr leben, dass genau dieses Haus zum Verkauf stand, und da sich in meinem
Leben sowieso gerade sehr viel veränderte …« Johannes schwieg einen Moment, bevor
er den Satz beendete, »… habe ich nach kurzer Überlegung zugegriffen und es gekauft.«
Bea sah
ihn interessiert an, sie fragte sich, welcher Umstand in seinem Leben es wohl gewesen
war, der ihn zu diesem Schritt bewogen hatte.
»Seither
lebe und arbeite ich in der Eifel, inzwischen sind es schon fünf Jahre. Die Verbindungen
nach Köln existieren immer noch, doch mein Lebensmittelpunkt liegt mittlerweile
oberhalb von Altenahr.«
Bea überlegte
einen Moment, bevor sie fragte: »In Köln warst du aber jobtechnisch nicht im Wald
unterwegs?«
»Höchstens
auf ein Kölsch im Stadtwald.« Er lachte ebenfalls. »Nein, ich bin zwar gelernter
Waldarbeiter, aber ich bin auch Autor. In Köln saß ich meistens nur stundenlang
am Schreibtisch.«
Bea zog
überrascht die Augenbrauen hoch.
»Nach meiner
Lehre beim Forstamt habe ich Journalistik studiert. Danach habe ich dann als Praktikant
beim Kölner Stadtanzeiger Gemüsepreise recherchiert, was kostet der Blumenkohl und
so, und irgendwann durfte ich dann für den Lokalteil schreiben, anschließend für
die Kultur. Nebenbei habe ich angefangen, ein bisschen Hörfunk zu machen, Reportagen
und so etwas, und als ich dann vor 20 Jahren den alten Millowitsch kennenlernte,
haben sich die Weichen endgültig gestellt.«
»Spannend.«
Bea sah ihn interessiert an.
»Ihm habe
ich es zu verdanken, dass ich angefangen habe, Bühnenstücke zu schreiben, schließlich
auch Romane, er hat mich fast dazu gedrängt. Wenn mich ein Thema sehr interessiert,
arbeite ich manchmal aber immer noch journalistisch.« Er fuhr sich mit der Hand
durch sein dichtes, dunkles Haar. In der Geste lag eine solche Kraft, dass Bea eine
Ahnung davon bekam, wie ernst er das nahm, was ihn gerade beschäftigte.
Sie spürte
ein leichtes Kribbeln unter der Haut, Johannes hatte ohne Zweifel viele interessante
Facetten.
»Inzwischen
schreibe ich mit Vorliebe Krimis.«
»Eifelkrimis?«
Bea sah ihn an, plötzlich tauchten diverse Buchcover vor ihrem inneren Auge auf
und sie
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