Mit Arabella fing alles an
wackelig, aber recht fröhlich, um zur >Schmiede< hinüberzugehen, wo Thomas mit seinem Auto wartete.
»Woll’n mal sehen, ob unsere kostbare Dilys da mitkommt«, meinte Shirley triumphierend, als wir sie beim Wegfahren beobachteten.
»So, Frau«, sagte ich, »jetzt sind wir beide allein: verrat mir das Geheimnis deines Erfolges.«
»Verkaufsgeheimnis«, antwortete sie munter. »Etwas, was jemand, der bloß ein Mann ist, auch nicht im geringsten verstehen würde.« Mehr sagte sie nicht darüber, und es vergingen zwei Wochen, bis ich feststellte, daß eine halbe Flasche Wodka, die noch von einem Weihnachtsfest in der Stadt stammte, verschwunden war.
Während des ganzen Jahres bescherten uns Shirleys Bemühungen zur Weinherstellung die verschiedensten Sorten von Gebräu, alle waren trinkbar, einige mit Freude genießbar. Sie verwendete dazu so gut wie alles, was in oder auf der Erde wuchs, und was an Büschen oder Bäumen hing. Sie beauftragte die Kinder, dafür Felder und Hecken abzusuchen. Zum Beispiel Löwenzahn, Äpfel, Brombeeren, Rhabarber, Pflaumen, Holunderblüten und — mein Lieblingsgetränk — Holunderbeeren, die einen angenehmen Geschmack hatten und auch appetitlich aussahen. Das kräftigste Getränk hatte sie aus Schwarzdorn gemacht, von dem es viel auf unserem Land gab und der, zu unserer Überraschung, einen fast zu süßen aber äußerst starken Wein hergab.
Aber ansonsten mußte sie warten, bis die Kirschen reif waren, um einen ähnlichen Triumph wie mit den Karotten einheimsen zu können.
Wir hatten zwei Bäume, beide ganz schwer beladen mit Früchten, der eine trug Herzkirschen, der andere dunkelrote Sauerkirschen. Nicholas Paul, Victoria Jane und die Besucherkinder aßen sich dick und rund an den Herzkirschen, und Shirley stellte Schüsseln voll davon zum Essen hin, wobei sie etwas vom Einmachen murmelte, ohne dies tatsächlich auszuführen.
Komischerweise zeigten sich die Hühner als die begeistertsten Kirschenliebhaber. Sie boten uns eine ungeheure Gymnastikvorstellung, indem sie senkrecht nach oben in die Luft sprangen und dadurch phantastische Höhen erreichten, so daß sie die tiefer hängenden Kirschen erwischen konnten. Sie verschlangen die Kirschen mitsamt dem Stein mit einem Mal. Wenn sie die Kirsche nach der Landung noch im Schnabel hatten, stürzten sich sofort ihre wartenden Kameradinnen auf sie. Ein Huhn hatte sich dabei ein Bein gebrochen und zappelte jetzt auf dem Gras herum — es landete in unserem Kochtopf. Wir fanden in seinem Kropf eine derartige Menge an Kirschsteinen, daß so gut wie kein Platz für anderes Futter darin vorhanden war.
Doch in dieser Kirschorgie wollte keiner so recht an die Sauerkirschen ran; damit sie überhaupt verwendet wurden, pflückte Shirley einen Eimer voll und machte Wein daraus. Er war süß, schmeckte wie Cherry Brandy und wirkte wie der Tritt eines Maultiers. Ein großzügig eingegossenes Glas voll reichte aus, daß unsere Besucher das Bauernleben durch einen rosaroten Schleier sahen. Einige von ihnen konnten sich nicht erinnern, es überhaupt gesehen zu haben. Zu unserer Überraschung fing eine sonst sehr manierliche Dame an — und sie führte es bis zum Ende durch —, ein sehr anstößiges Rugby-Lied zu singen.
Im darauffolgenden Jahr fehlte es nicht an freiwilligen Helfern zum Pflücken, doch es waren dann leider so gut wie keine Kirschen an dem Baum.
Durch Shirleys fleißiges Herstellen solcher Getränke wurde bei unseren Freunden aus der Stadt der Nachahmungstrieb ausgelöst. Mit Krügen, Kannen und allen möglichen Behältern tauchten sie auf der Farm auf und pflückten dort die verschiedensten Beeren. Wir hatten sie gern bei uns, dadurch behielten wir Kontakt mit dem Leben, das wir einmal geführt hatten, und von dem wir des öfteren Teilaspekte vermißten. Ich glaube, daß uns während jener ersten Monate ganz besonders die Verpflichtungen, die das Bauerndasein uns aufzwang, zu schaffen machte. Shirley empfand dies besonders stark, ich war an die Tretmühle durch Zubringerzüge und Büroroutine eher gewöhnt. Aber beide hatten wir hin und wieder das Bedürfnis, abzuschalten, wenn auch nur für einen Abend, doch das war leider fast unmöglich.
23
Das drollige Kalb Taffy
E iner der schönsten Aspekte der Landwirtschaft war, daß man die Ereignisse seiner Schufterei sehr bald wahrnehmen konnte. Es war sehr befriedigend, an den Weiden entlangzugehen und zu beobachten, wie die Herde immer größer wurde, auch wenn der
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