Mit Blindheit Geschlagen
Ursache«, sagte Oppum. »Ich rate Ihnen dringend, sich an die Auflagen zu halten. Die Polizei wird Sie beobachten. Möglicherweise sind die Herren nachtragend.«
Wesendorn näherte sich. »Sie können Ihr Auto abholen. Es steht auf dem Parkplatz der Polizeiinspektion in der Possehlstraße. Sagen Sie nur an der Pforte Bescheid.«
Sie brachten ihn zurück ins Gefängnis. In der Zelle lief das Fernsehgerät, Olaf bohrte in der Nase, als Stachelmann eingeschlossen wurde. Stachelmann packte seine Sachen, dann drückte er auf den Knopf neben der Tür, der das Licht draußen einschaltete. Olaf schaute schweigend zu. Dann stand er plötzlich auf und sagte: »Warst ein prima Kumpel. Hätte gar nicht gedacht, dass Leute wie du auch so gerne glotzen.« Er bewegte die rechte Faust auf und ab um den linken Zeigefinger. Dann streckte er Stachelmann die Hand hin. »Vielleicht sehen wir uns mal wieder.«
Auf der Habekammer quittierte Stachelmann, dass er seine Sachen zurückerhalten hatte, und händigte aus, was dem Gefängnis gehörte.
Der Anwalt hatte vor der Haftanstalt gewartet und fuhr Stachelmann in die Possehlstraße. An der Pforte der Polizeiinspektion fragte Stachelmann nach seinem Auto. Ein Polizist führte ihn auf einen Parkplatz hinter dem Gebäude. Stachelmann sah den Golf gleich. Er setzte sich hinein und fuhr nach Hause.
Es kam ihm vor, als wäre er Jahre nicht in seiner Wohnung gewesen. Er hängte seinen Mantel an die Garderobe. Dann ging er ins Wohnzimmer. Der Anrufbeantworter blinkte. Ines hatte angerufen, sie bat um einen Rückruf, und Stachelmanns Mutter. Sie war besorgt, er habe sich nicht gemeldet und sei nie zu Hause, wenn sie anrufe. Ines’ Stimme klang niedergeschlagen. Aber er wollte sie nicht anrufen, es würde nichts helfen und nur neue Schwierigkeiten bringen. Er rief seine Mutter an, er habe viel zu tun, sie solle sich keine Sorgen machen. Er erzählte ihr nichts vom Mord und vom Gefängnis.
Er lief in seiner Wohnung umher und sah geringe Spuren der Durchsuchung. Sie hatten offenbar auch die Matratze umgedreht und den Nachttisch gefilzt.
Danach ging er in die Küche und suchte eine Flasche Wein. Nach einigem Kramen fand er den italienischen Rotwein. Er trank sonst zu Hause kaum Alkohol, aber die Rückkehr aus dem Knast war ein Grund. Er setzte sich mit der Flasche und einem Glas ins Wohnzimmer. Dann stand er noch einmal auf, um eine CD einzulegen, eine Sammlung von Barockmusik verschiedener Komponisten und Interpreten. Morgen würde er an die Uni fahren. Sein Seminar heute war ausgefallen, oder vielleicht war eine Vertretung organisiert worden. Er wählte Annes Nummer, die hatte er all die Zeit nicht vergessen. Es klingelte lange, aber sie nahm nicht ab. Er war enttäuscht.
Dann bedachte er einmal mehr den Fall. Es gab nur zwei Möglichkeiten. Griesbach war zufällig in Stachelmanns Kofferraum gelegt worden, als der in Berlin war. So einen Zufall aber gab es nicht. Demnach hatte jemand Stachelmann die Leiche bewusst ins Auto befördert. Warum? Um Stachelmann verdächtig zu machen, um vom Täter abzulenken. Der Plan war gelungen, Stachelmann war Tatverdächtiger. Aber die Kripo ermittelte gewiss weiter, und dass der Staatsanwalt Stachelmann aus der Untersuchungshaft entlassen hatte, konnte bedeuten, dass es noch andere Spuren gab, vielleicht waren die wichtiger geworden. Welches Motiv war denkbar für den Mord und dafür, Stachelmann die Leiche anzuhängen? Er hatte keine Verbindung zu Griesbach gehabt, auch nicht zu jemandem, der ihn kannte.
Er suchte eine bequemere Sitzposition. Stachelmann setzte sich auf die Kante des Sofas und beugte den Rücken nach vorn. Im Kopf arbeitete es weiter. Aber wenn die Kripo den Täter nicht fand, dann würde sie sich wieder mit ihm beschäftigen. Vielleicht musste er auch wieder in Untersuchungshaft. Der Gedanke schreckte ihn, zurück zu Olaf und dem Fernsehgerät, es wäre grauenhaft.
Was für einen Grund konnte es geben, Griesbach umzubringen? Eine Beziehungsgeschichte aus früherer Zeit? Geschäfte? Schulden? Spielsucht? Rache? Hatte Griesbach jemandem Unrecht getan? Er überlegte, ob er Ines anrufen sollte. Aber vielleicht hatte die Polizei sein Telefon und das von Ines angezapft? Vielleicht hatten sie ihn nur entlassen aus dem Gefängnis, um ihn abzuhören? Womöglich hofften sie, ihn so dranzukriegen. Er wählte noch einmal Annes Nummer, aber sie hob nicht ab.
Langsam spürte er den Alkohol. Da kam ihm eine Idee. Konnte doch sein, dass der Mord
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