Mit Chic Charme und Chanel
würde Ja sagen.
»Eine verrückte Nacht? Haben Sie etwa bis elf Uhr nachts eine Telefonkonferenz mit den Verlegern abgehalten und diese zu überzeugen versucht, an der James-Jacobs-Story festzuhalten? Sie sind davon überzeugt, dass sie durchsickern wird, ehe wir sie nächste Woche veröffentlichen. Sagen Sie mir bloß, dass er dichthält.«
»Nun, er wird wohl kaum herumlaufen und anderswo mit mir herumprahlen, nicht wahr?«, brummte ich und suchte nach was zum Überstreifen. Die Klimaanlage des Hollywood war meiner Nacktheit nicht förderlich.
»Ich glaube, Sie verstehen mich nicht, Angela«, fuhr Mary fort. »Wenn jemand erst einmal einen derartigen Entschluss gefasst hat, dann bleibt einem meist nicht viel Zeit, um daraus
Kapital zu schlagen. Was wir auf keinen Fall brauchen können, ist ein Rückzieher seinerseits oder, was noch viel schlimmer wäre, der Entschluss, dass er vor lauter Freude, die Welt über sein Schwulsein in Kenntnis zu setzen, durch die Stadt rennt und mit Gott weiß wem herumknutscht, bevor die Ausgabe herauskommt.«
Steif an Händen und Knien zog ich die unterste Schublade des Schranks heraus. »Wie bitte?«
»Was meinen Sie mit wie bitte?« Mary war genauso verwirrt wie ich.
»Jetzt sagen Sie mir bitte, dass Sie Zeit für das neue Interview eingeplant haben!«
»Neues Interview?«
»Mit James und seinem Freund?« Ich kniete mich hin. »Sie wissen davon?«
»Natürlich weiß ich davon. Alles okay mit Ihnen? Haben Sie getrunken?« Sie begann ganz langsam zu sprechen. »Ich habe gestern mit James gesprochen. Er meinte, es sei alles organisiert, Sie würden das Interview machen, und er möchte, dass es in der nächsten Icon erscheint. Ich brauche den Text morgen, Angela. Wir buchen die Fotosession für den Sonntag, aber Sie brauchen dazu nicht vor Ort zu sein, ich benötige Sie hier. Bitte sagen Sie mir, dass Sie das hinkriegen.«
»Er hat es Ihnen gesagt?«, fragte ich benommen. »Er hat Ihnen alles erzählt?«
»Er hat mir erzählt, er würde lieber Jungs statt Mädchen küssen, wenn Sie das meinen?«
Mir war, als gäbe der Raum unter mir nach, und ich guckte über das Bett wie eine Meerkatze, die sich vergewisserte, dass Los Angeles nicht von The Big One verschluckt wurde.
»Das ist kein Spiel, Angela«, sagte Mary, »und Sie können sich vorstellen, dass die Begeisterung der Verleger, deren erste
Wahl Sie schon nicht für das Originalinterview waren, sich auch jetzt in Grenzen hält. Sie müssen mir Ihre Arbeit bis morgen Mittag zuschicken – um ein Uhr Ihrer Zeit -, damit ich sie gegenlesen kann, und dann brauche ich Sie hier. Wir werden die Geschichte am Montag herausbringen, bevor dann am Dienstag das Interview erscheint. Cici bucht Ihren Rückflug auf Sonntagnachmittag um.«
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll.« Ich starrte auf die Scheibe, einfach nur auf die Fensterscheibe. »Mir fällt nichts dazu ein.«
»Für Montagmorgen sollten Sie sich aber lieber was einfallen lassen«, sagte sie, »denn ich will die ganze Geschichte um neun Uhr morgens auf meinem Schreibtisch haben.«
Nachdem ich den Telefonhörer aufgelegt hatte, schaltete sich mein Verstand lange genug ein, damit ich mir einen Slip und ein T-Shirt anziehen konnte, bevor ich mich mit dem Rücken an den Nachttisch lehnte und meine Beine ausstreckte. James hatte Mary angerufen. Er war bereit, das Interview zu machen. Ich zog meine Fußspitzen hoch und spürte den Zug in meinen Waden. Warum hatte er mich nicht angerufen? Ich tastete hinter mir nach dem Hörer des Hoteltelefons. »Hi, hier ist Angela Clark aus Zimmer sechs-null-acht … Gibt es irgendwelche Nachrichten für mich?«
Ich hörte das Mädchen mit der rauchigen Stimme von der Rezeption was auf ihrer Tastatur eingeben. »Guten Morgen, Miss Clark. Ich denke, ja. Sie haben sogar einige Nachrichten. Soll ich sie Ihnen hochschicken, oder möchten Sie, dass ich sie Ihnen jetzt vorlese?«
Ich überlegte. »Schicken Sie sie mir bitte hoch? Besten Dank.« War vielleicht besser, sie nicht laut vorlesen zu lassen. Ich stand auf und versuchte mich einigermaßen präsentabel herzurichten. Meine Mutter würde sterben, wenn sie wüsste,
dass ich, so wie ich aussah, die Tür – na ja, jedem X-Beliebigen – aufmachen würde. Dahinter steckte die gleiche Logik wie die, das Haus von oben bis unten zu putzen, bevor sie in Urlaub fuhr, für den Fall, dass Einbrecher kamen. Die Haare zum Pferdeschwanz zusammengebunden, die Zähne rasch und nicht allzu
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