Mit deinen Augen
anmerken lassen will, und ich weiß, er ist stolz, weil ich grinsen musste, wodurch er sich bestätigt fühlt.
»Stimmt«, sagt Dr. Gerard. »Was stehe ich hier herum und quatsche!« Er legt die Handflächen aneinander, dicht vor dem Brustbein. »Ich bin hier, weil ich euch Mädchen kennenlernen wollte. Ich habe viel von euch gehört, und ich würde gern mit euch reden, wenn ihr mit mir reden wollt.«
»Was haben Sie von uns gehört?«, fragt Scottie.
Jetzt faltet er die Hände, stützt das Kinn auf die Knöchel und spricht weiter, ruhig, beiläufig. »Also, ich habe zum Beispiel gehört, dass du das Meer liebst und gern Musik hörst und dass du ein großartiges, hochbegabtes Mädchen bist.«
Scottie denkt nach.
»Ich habe gehört, dass es eurer Mutter nicht gut geht und dass sie sterben wird.« Die Mädchen sehen mich an, und ich sehe Dr. Johnston an. Es ist eine schlichte, zutreffende Formulierung, aber sie alarmiert mich. Hat jemand es schon einmal so klar ausgedrückt?
»Das ist verständlicherweise nicht leicht für euch«, sagt er. »Und ich bin hier, um euch näher kennenzulernen und um euch zu sagen, wenn ihr reden möchtet, dann bin ich bereit, gemeinsam mit euch der Gegenwart ins Auge zu sehen, ohne irgendwelche albernen Abwehrmechanismen. Ich möchte euch helfen, diese Phase eures Lebens anzunehmen und zu verarbeiten, und dann will ich euch helfen, loszulassen und vorwärts zu gehen. Nicht weiter zugehen, sondern vorwärts .«
»Okay«, sagt Dr. Johnston. »Vielen Dank, Dr. Gerard.«
Scottie reicht Dr. Gerard den Tintenfisch. Er umschließt wieder ihre Hand und sagt feierlich: »Ich danke dir.«
Er geht zur Tür und winkt Alex zu, die ihn böse anfunkelt und ihn mit ihrem Blick auf eine Krake reduziert, auf ein Wesen ohne Rückgrat, ein ekliges Monster. »Was war das denn?«, sagt sie, sobald er außer Hörweite ist.
Dr. Johnston zieht ein verlegenes Gesicht, aber dass es ihm leidtut, kann er nicht zugeben. Er fühlt sich verpflichtet, die Aktion zu unterstützen. »Tja, also - Dr. Gerard ist bereit, mit euch zu reden.«
»Ja, und er hat einen Collegeabschluss in Tintenfischkunde«, sagt Sid. »Dieser Typ ist doch auf einem Endlostrip, Mann - wahrscheinlich seit Woodstock.«
»Hm.« Dr. Johnston blickt sich nach einer Sitzgelegenheit um. Als er zögert, deute ich mit einer Kopfbewegung auf den Stuhl, und er nimmt Platz. »Wie geht es so?«
Alex sitzt am Fußende des Bettes. Joanies Gesicht ist farblos, ihre Lippen sind trocken und blass. Ihre Brust hebt und senkt sich krampfartig, als hätte sie einen Albtraum. Sie sieht aus wie eine alte Frau. Ich ziehe Scottie an mich. Ich hoffe, sie hat mir verziehen, dass ich sie gezwungen habe, ihre Mutter zu berühren. Sie schmiegt sich an mich.
»Bei einem Gespräch unter vier Augen ist er bestimmt ganz anders«, sagt Dr. Johnston. »Das war nur die Einführung, sozusagen. Man muss versuchen, dahinterzublicken.«
»Ich finde ihn nett«, sagt Scottie.
»Gut.« Ich massiere ihr die Schulter. »Dann vereinbaren wir einen Termin mit ihm, einverstanden?«
Ich werfe Sid und Alex einen warnenden Blick zu, damit sie ja nicht protestieren.
»Gut«, sagt auch Dr. Johnston. »Und ich möchte noch hinzufügen, dass ich ebenfalls zur Verfügung stehe, falls jemand Fragen hat - zu dem, was jetzt passiert und warum wir es tun. Ich beantworte alle Fragen.«
Ich spüre, dass Scotties Brust sich hebt und wieder senkt. »Muss Mom wirklich sterben?«, fragt sie.
Zu meiner Verwunderung sagt Dr. Johnston: »Ja. Wir tun genau das, was deine Mutter wollte. Wir haben beschlossen, dem, was ihr Körper will, keinen Widerstand mehr entgegenzusetzen.« Er schaut Joanie an und scheint tief in Gedanken versunken. »Wir haben getan, was wir konnten, aber wir mussten feststellen, dass zentrale Teile ihres Körpers nicht mehr funktionieren. Sie sterben ab, oder sie sind bereits tot.«
Er sieht mich an, damit ich ihn bestätige. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das tun soll oder nicht.
»Ein zweiter Arzt und ich haben festgestellt, dass sie in einem irreversiblen Koma liegt. Nachdem diese Diagnose feststand, wurde die Patientenverfügung Ihrer Frau rechtskräftig. Dort schreibt sie, dass wir jede Form von Behandlung abbrechen müssen oder gar nicht erst anwenden dürfen, die als lebensverlängernd betrachtet werden kann oder die den Sterbeprozess hinauszögert.«
»Es ist das Beste«, sagt Alex. »Sie ist nicht glücklich so.«
»Ich weiß«, sagt Scottie. »Ich weiß das doch
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