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Mit deinen Augen

Mit deinen Augen

Titel: Mit deinen Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaui Hart Hemmings
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gestopft hat. Ich husche hinüber. Mein Puls rast. Sid dreht den Kopf und schaut mich an.
    »Hey«, sagt er.
    Ich komme mir albern vor, wie ich atemlos vor ihm stehe. Ein Mondstrahl fällt auf meine Brust. »Hey«, sage ich.
    »Kleiner Kontrollgang?«
    »Ich konnte nicht schlafen. Scottie. Sie ist im Badezimmer.« Ich rede nicht weiter.
    »Ja?« Er setzt sich auf.
    »Sie übt irgendwelche Szenen.« Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll. Ich muss es ja gar nicht sagen. »Sie küsst den Spiegel.«
    »Ach so«, sagt er. »Ich habe auch viel Quatsch gemacht, als ich klein war. Eigentlich bis heute.«
    Ich bin hellwach, was mich mitten in der Nacht total nervt. Ohne Schlaf bin ich zu nichts zu gebrauchen. Ich kann mich nicht aufraffen, in mein Zimmer zurückzugehen, also setze ich mich ans Fußende von Sids Bett. »Ich mache mir Sorgen um meine Töchter«, sage ich. »Ich habe Angst, dass mit ihnen etwas nicht stimmt.«
    Sid reibt sich die Augen.
    »Vergiss es«, sage ich. »Entschuldige, dass ich dich geweckt habe.«
    »Es wird bestimmt noch schlimmer«, sagt er. »Wenn Ihre Frau stirbt.« Er zieht sich die Decke bis zum Kinn.
    »Was sagt Alex dazu? Was erzählt sie dir?«
    »Nichts.«
    »Wie meinst du das? Sie hat gesagt, dass sie mit dir redet.«
    »Nein«, sagt er. »Wir reden nicht über die Sachen, die uns betreffen. Wir... ich weiß auch nicht. Wir regeln alles irgendwie gemeinsam, indem wir nicht darüber reden.«
    »Hast du noch was von dem Gras?«, frage ich. »Ich kann nicht einschlafen. Ich muss irgendwie schlafen.«
    Er hebt das Kissen an und holt einen Joint hervor.
    »Du schläfst darauf?«
    Ohne auf meine Frage einzugehen, zündet er ihn an und reicht ihn mir.
    Ich schaue auf den Joint. Joanie hat gern gekifft, mir hat es nie Spaß gemacht. »Schon gut«, sage ich. »Keine Lust.«
    »Sie können ihn mit raus auf die Terrasse nehmen.«
    »Nein«, sage ich, »ich möchte wirklich nicht.« Ein Teil von mir wollte wahrscheinlich nur diesem Knaben hier imponieren, und jetzt fühle ich mich wie ein Trottel.
    Er drückt ihn auf einer Zeitschrift aus, die auf dem Nachttisch liegt. »Ich auch nicht. Aber danke, dass Sie mich rauchen lassen. Das hilft.«
    »Ja«, sage ich. »Na, egal. Ich komme mit den ganzen Sachen, die ihr Kids heutzutage so macht, nicht klar. Ich kriege schlechte Laune davon, habe ich festgestellt. Vom Kiffen.«
    Er trommelt mit den Fingern auf die Bettdecke. Ich schaue mich im Zimmer um. Auf dem Bett liegt die Fernbedienung. Ich drücke ein paar Knöpfe.
    »Was würdest du tun?«, frage ich. »Wenn du an meiner Stelle wärst. Wie würdest du mit meinen Töchtern umgehen? Was würdest du mit dem Mann machen, hinter dem wir her sind?«
    »Schon mal bemerkt, wie Schauspieler beim Rauchen total übertreiben?«, sagt er. »Es wirkt so was von gekünstelt. Und immer zupfen sie sich was von der Zunge. Und sie versuchen, den Rauch beim Reden drinzubehalten. Das bringt’s doch nicht.«
    Er macht die Schauspieler nach, und ich verstehe. Ich verstehe genau, was er meint.
    »Als Erstes würde ich dem Kerl eine reinwürgen. Bumm.« Er schwingt einen rechten Haken und reißt einen imaginären Körper auf sein Knie runter. »Und die Töchter - ich weiß nicht. Ich würde mit ihnen verreisen. Oder nein, ich würde ihnen irgendeinen Scheiß kaufen. Mit Ihrem Geld können Sie sich doch alles leisten. Alex hat mir von der ganzen Kohle erzählt, die Sie bekommen.«
    Ich mustere ihn prüfend. Ist er deswegen mit Alex zusammen? »Willst du was davon haben? Von dem Geld?«
    »Klar«, sagt er.
    »Wenn ich dir eine größere Summe gebe - jetzt, auf der Stelle, noch heute Nacht -, würdest du dann gehen?«
    »Nein«, sagt er, »warum sollte ich gehen?«
    »Nein, Sid. Ich bitte dich um einen Gefallen.Wenn ich dir Geld gebe, verschwindest du dann?«
    »Ach so. Jetzt kapiere ich, was Sie wollen. Sie wollen mich loswerden.«
    Seine Haare stehen auf beiden Seiten vom Kopf ab.
    »Nein«, sage ich. »Ich glaube nicht.«
    »Ich weiß auch nicht, was man mit Töchtern anfangen soll«, sagt er. »Sie gegen Söhne umtauschen?«
    »Aber dann müsste ich mich womöglich mit so was wie dir herumschlagen.«
    »Ich bin gar nicht so übel«, sagt er. »Ich bin schlau.«
    »Von Schlauhausen bist du noch mindestens hundert Meilen entfernt, mein Freund.«
    »Einspruch, Euer Ehren«, sagt er. »Ich bin schlau, ich kann selbst auf mich aufpassen. Ich bin ein erstklassiger Tennisspieler und ein exzellenter Beobachter. Ich bin ein

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