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Mit deinen Augen

Mit deinen Augen

Titel: Mit deinen Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaui Hart Hemmings
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wären. Plötzlich überfällt mich eine diffuse Angst. Die Sonne brennt mir auf den Rücken, sie wird wärmer, und ich wünsche mir, die Luft bliebe so, wie sie gerade noch war, ein Hauch von Verheißung - die Elemente brodeln, haben aber noch nicht den Siedepunkt erreicht. Genug gezögert! Ich gehe in Richtung Cottage, durch den tiefen, weichen Sand, aber als ich näher komme, sehe ich etwas, was mich völlig aus dem Konzept bringt. Brian kommt wieder heraus und setzt sich mit einem Glas Wasser in einen Liegestuhl. Dann erscheinen zwei Jungen - der eine etwa dreizehn, der andere vielleicht acht -, und dann kommt eine wunderschöne Frau durch die Tür. Sie trägt einen weißen Badeanzug und einen großen weißen Sonnenhut. Sie ist elegant. Sie leuchtet. Sie ist attraktiv. Sie ist Brian Speers Frau.

30
    Ich gehe zurück und setze mich in den Sand. Ich warte auf Brian und seine Familie. Bestimmt kommen sie alle. So ist das hier. Aber er hat mir einen Strich durch die Rechnung gemacht. Nachdem ich seine Frau und Kinder gesehen habe, kann ich nicht mehr einfach auf ihn losgehen. Nicht nur wegen der logistischen Schwierigkeiten, sondern auch, weil ich kein gutes Gefühl mehr dabei habe. Ich beginne schon, die ganze Affäre anzuzweifeln, obwohl ich es besser weiß.
    Ich sehe meine Töchter mit Sid vom Hotel über die Felsen zum Strand hinabklettern. Es gibt keine Verbindung zwischen Hotelstrand und diesem hier, nur Meer und Felsen, durch die den Nicht-Gästen das Betreten und den Gästen das Verlassen schwer gemacht wird.
    Als sie die Bucht erreichen, blicken sie sich suchend um, bis sie mich entdecken. Scottie kommt angerannt und breitet ihr Handtuch aus.
    »Alex hat den Zimmerservice bestellt«, sagt sie mit Petzenstimme.
    »Gut«, sage ich.
    Scottie kann nie abschätzen, was zieht und was nicht, und ich halte das für eine gute Taktik. Ihre Wunden sehen besser aus. Sie sind weiß und trocken, wie alte Narben. Was geht in dir vor? , will ich sie fragen. Wie kann ich dir helfen? Ich sehe sie vor mir, wie sie gestern Nacht vor dem Spiegel posiert und ihre Brüste mit den Händen zusammengepresst hat. Mir ist noch gar nicht aufgefallen, dass Scottie kleine Brüste hat, aber es ist so.
    Sie liegt auf dem Bauch und dreht mir den Kopf zu.
    »Hast du eigentlich Kabel in deinem Zimmer zu Hause?«, frage ich sie.
    »Ja«, sagt sie.
    »Welche Serien magst du?«
    » Die Sopranos «, sagt sie. » Dog der Kopfgeldjäger . Meinst du, nur auf Kabel oder alle Sendungen?«
    »Ich fände es besser, wenn du gar keine Serien gucken würdest«, sage ich.
    »Lieber sterbe ich«, sagt sie.
    Alex schlendert herbei, Sid kommt hinter ihr, rauchend. Ich merke, wie die Männer ihr nachstarren, bis sie kapieren, dass ich das Ziel bin. Dann wenden sie schnell den Blick ab.
    »Und? Gibt’s was Neues?«, fragt sie.
    »Ach ja, stimmt«, sagt Scottie. »Hast du Moms Freund gefunden?«
    Ich überlege.Wenn sie hören, dass ich ihn gefunden habe, erwarten sie natürlich, dass ich etwas unternehme.
    »Nein«, sage ich. »Leider nicht.«
    Sid nickt mir zu, und ich nicke zurück. Er ist ein völlig anderer Mensch für mich geworden - ein Geheimnis, ein Fels in der Brandung. Er muss stark sein. Oder voller Drogen.
    »War das Frühstück gut?«, erkundige ich mich.
    »Jepp«, sagt Sid.
    »Hab dir einen Bagel mitgebracht«, sagt Alex und wirft mir einen Rosinenbagel zu.
    »Wow«, sage ich. »Danke. Sehr nett.«
    Die Sonne steht inzwischen höher und wärmt mir den Rücken. Ich habe meine Tennisschuhe ausgezogen und drücke die Zehen in den kühlen Sand. Sid und Alex legen sich auf den Bauch, und Scottie dreht sich auf den Rücken. Es wird voller am Strand und im schimmernden Ozean. Die Leute um uns herum haben Sonnenschirme und Strandliegen, Kühltaschen, Handtücher, Sonnencreme und Hüte.
    »Hat jemand von euch Sonnencreme?«, frage ich.
    »Nein«, sagt Scottie. »Haben wir was zu trinken?«
    »Hast du Wasser dabei?«, fragt Alex.
    »Nein«, sage ich.
    Alex hebt abrupt den Kopf. »Hast du was zu essen für uns dabei?«
    »Wir können in die Stadt gehen.«
    Wie schaffen Mütter es nur, immer alles zur Hand zu haben, was ihre Kinder brauchen könnten?
    Alex stützt sich auf die Ellbogen. Sie schaut an mir vorbei. Ich folge ihrem Blick und sehe die Frau in Weiß. Sie sieht freundlich zu uns rüber und dann wieder auf den Sand, während sie ihren Weg fortsetzt. Die beiden Jungen, die ich beim Cottage gesehen habe, rennen zum Wasser, und die Frau ruft ihnen

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