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Mit deinen Augen

Mit deinen Augen

Titel: Mit deinen Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaui Hart Hemmings
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und tropft auf den Tisch. Wir schauen beide auf die Stelle, wo der Tropfen gelandet ist, dann fasst mich Hugh an der Schulter, liebevoll und grob zugleich. »Was ist der eigentliche Grund? Was steckt dahinter?«, fragt er.
    Die Prinzessin, denke ich. Meine Vorfahren. Nein, das stimmt auch nicht ganz. Ich möchte gern, dass es so wäre, aber es gibt noch einen anderen, weniger edlen Grund: Rache. Und Egoismus. Der Wunsch, dass meine Töchter dieses Land haben können. Sie sollen entscheiden. Es ist der Wille, zu bewahren, das, was mir gegeben wurde, festzuhalten und weiterzugeben. Ich möchte nicht, dass Brian etwas bekommt. Ich möchte nicht, dass seine Söhne etwas bekommen. Ich möchte nicht, dass ihre Geschichte sich mit meiner vermischt. Kekipi hat rebelliert. Ich werde ebenfalls rebellieren.
    »Ich will es so«, sage ich. »Es ist lang her, dass ich irgendetwas wollte. Aber das will ich.«
    Er glaubt mir nicht, scheint mir, oder meine Antwort ist zu ambivalent, zu emotional. Er lässt meine Schulter los.
    »Das ist unsere Verantwortung«, sage ich. »Dieser Typ wird hier einsteigen und uns retten. Wir haben unser Vermögen an die Wand gefahren. Wir sind Hawaiianer - aber es ist ein Wunder, dass wir so viel von Hawaii besitzen. Warum soll irgendein Haole das alles kassieren? Wir haben nicht aufgepasst.«
    »Der Hurrikan hat unseren Besitz …«
    »Nein, das waren wir selbst. Wir waren wie gelähmt, aber wir sind klug. Wir können uns selbst retten. Das ist unsere Aufgabe.«
    Dieser Ansatz funktioniert etwas besser. Ich denke an Joanie. Was würde sie jetzt sagen? »Sei kein Schlappschwanz«, füge ich hinzu.
    Hugh lächelt, mit einer gewissen Verzögerung. »Du wirst viele Leute sehr wütend machen«, sagt er.
    »Vielleicht sind ja auch einige erleichtert«, sage ich. »Wir sind zu schnell vorgeprescht. Überleg mal - ich akzeptiere den Käufer, und morgen ist alles weg. Aus, vorbei, finito. Glaub mir, es gibt genug Leute, die erleichtert sein werden.«
    Er nickt.
    »Schau mal«, sage ich. »Klar, wir hätten Geld, und wir müssten uns nicht um die Geschäfte kümmern, aber...«
    »Du möchtest es«, sagt er.
    »Ja. Es gehört uns«, sage ich, und mit einer ausholenden Handbewegung füge ich hinzu: »Es gibt nichts Größeres als das hier.«
    Hugh steckt die Finger in den Mund. Ein schriller Piff durchschneidet die Luft, die Cousins hören auf zu reden und drehen sich zu mir um. Als wüssten sie schon Bescheid.
    Es tut mir leid , werde ich sagen müssen. Ich weiß, ich hätte das nicht getan, wenn meine Frau nicht im Sterben läge, aber es ist nun mal eine Tatsache: Sie wird sterben, sie wird nicht mehr da sein, und meine Töchter werden keine Mutter haben.Aus irgendeinem Grund ist das Los auf mich gefallen, und ihr braucht meine Zustimmung. Ich weiß, ihr versteht das komplizierte Wesen des Erbschaftsrechts - dass es auf Zufall beruht und nichts mit Verdienst zu tun hat. Ich habe entschieden: Ihr bekommt kein Geld, aber wir alle werden etwas behalten und können es weitergeben.
    Ich schaue all diese Menschen an, die meine Familie sind, und hoffe, dass sie mich verstehen.

36
    Es sind neue Blumen da - Schmetterlingsingwer, Gardenien, Nachthyazinthen. Seit meiner Cocktailparty hatte Joanie viel Besuch. Jede Menge Rosen, aber keine roten.
    Ich kann es richtig hören, wie die Männer zu ihren Frauen sagen: »Aber sie hat doch gar nichts von den Blumen.« Das würde ich auch sagen. Ich bin froh, dass wir während der letzten beiden Tage nicht hier waren. Scottie hätte die Besucher und ihre Tränen nicht verstanden, und Alex und mir hat unsere Abwesenheit viel Unerfreuliches erspart.
    Vor meinem inneren Auge sehe ich mich mit meinen Mädchen den Strand entlanggehen. Ich vermisse unser Hotelzimmer.
    »Dad«, sagt Scottie, »was denkst du gerade?«
    »An dich«, antworte ich. »Ich habe gerade an dich gedacht.«
    Alex ist nicht da, weil sie Wasserflaschen kauft, das Einzige, was wir im Moment vertragen. Es wäre mir lieb, wenn sie schon wieder zurück wäre.
    Joanie sieht anders aus. Sie wirkt hager, ihr Gesicht ist kalkig und leer. Aus dem Mund kommt kein Schlauch mehr heraus. Scottie hat keinen Kommentar dazu abgegeben, und ich bin froh, weil ich immer noch nicht weiß, wie ich es ihr sagen soll.
    »Und - was ist mit mir?«, fragt Scottie jetzt. »Was genau hast du gedacht?«
    »Ich habe gedacht, dass du sehr schnell wächst.«
    »Stimmt doch gar nicht«, sagt sie. »Ich bin im unteren Drittel. Reina ist auch im

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