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Mit dem Kühlschrank durch Irland

Mit dem Kühlschrank durch Irland

Titel: Mit dem Kühlschrank durch Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tony Hawks
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Leuten in den Seitenstraßen grundlegende Menschenrechte verwehrt bleiben. Falls Ersteres zutraf, was wahrscheinlicher war, dann war das Reisen per Anhalter in dieser Gegend vermutlich nicht so einfach. Als Brendan mich gleich nördlich von Letterkenny am Straßenrand absetzte, war ich ausgesprochen erleichtert darüber, dass der heftige Dauerregen, der unsere Fahrt bis hierher begleitet hatte, vorübergehend aussetzte. Da wir unsere Abschiedsszene schon einmal geprobt hatten, spielten wir sie jetzt geübt herunter, und Brendan versprach, nachdem er seine Geschäfte in der Stadt erledigt hatte, zurückzukommen, um nachzusehen, ob ich immer noch am Straßenrand stand. Was er, außer sein Mitleid zu bekunden, zu tun gedachte, falls ich wirklich noch da sein sollte, wusste ich allerdings nicht.
    Glücklicherweise fand ich es auch nie heraus. Ich hatte nämlich gerade erst die einem Anhalter angemessene Haltung eingenommen und begonnen, mir einen Aktionsplan für den nächsten Regenschauer auszudenken, als ein riesiger Lastwagen — und ich meine gigantisch — eine Vollbremsung hinlegte und vierzig Meter weiter zum Stehen kam. Ich ließ mein Zeug zurück und rannte los, um nachzusehen, ob er wegen mir angehalten hatte oder wegen irgendeines Hindernisses auf der Straße. Der Lastwagen war so groß, dass ich den Griff der Kabinentür nur mit Mühe erreichte. Ich öffnete sie, und der Fahrer sah zu mir herunter.
    »Bist du Tony?«, fragte er.
    »Ja.«
    »Na, dann hol deinen Kühlschrank.«
    Es lief wirklich ganz gut für mich.

6
    Bunbeg

    Es war eine ziemliche Kletterei hoch in diesen Lastwagen. Die Kabine war überraschend klein, und die Enge wurde noch durch den Kühlschrank verstärkt, der hinter meinem Sitz verkeilt war. Der Platzmangel wirkte ein bisschen absurd angesichts der Tatsache, dass wir einen 15 Meter langen Sattelschlepper hinter uns herzogen.
    Nach einer förmlichen Begrüßung (na ja, so förmlich, wie sie unter diesen Umständen möglich war) erfuhr ich, dass ich mich in der Gesellschaft von Jason befand, einem Mann Anfang zwanzig, der mich sofort mit Fragen überhäufte.
    »Was hast du eigentlich mit dem Kühlschrank vor?«
    »Äh, ich mache mit ihm eine Reise, um eine Wette zu gewinnen.«
    »Du spinnst ja. Ich habe dich heute Morgen im Radio gehört, und da hätt’s mich fast zerrissen.«
    Ich war mir nicht sicher, ob das gut oder schlecht war, aber Jason lächelte.
    »Ich war gerade auf dem Weg nach Donegal Town, als du erzählt hast, dass du in Letterkenny stehen würdest, deshalb hab ich nach dir Ausschau gehalten.«
    »Großartig. Das war wirklich nett von dir.«
    »Zuerst wusste ich nicht, ob du es bist, aber dann habe ich den Kühlschrank gesehen und mir gedacht...«
    Gelächter schüttelte ihn eine Zeit lang, bevor er unter Mühen fortfuhr: »Ach, das alles ist ziemlich witzig.«
    Toll, er hatte es kapiert.
    Ich brauchte einen Moment, um das zu verarbeiten. Der Kühlschrank war längst keine Behinderung mehr, sondern entwickelte sich zu einem wahren Segen und zum Protagonisten einer Reise, die immer surrealer wurde.
    Aus dem Schutz der Lastwagenkabine beobachtete ich den peitschenden Regen, der gegen die Windschutzscheibe trommelte, und fühlte mich irgendwie unschlagbar. Vor allem, nachdem Jason verkündet hatte, dass er meinen heutigen Zielort ansteuern würde: Bunbeg. Na gut, ich würde warten müssen, während er ein paar Sachen auslieferte, aber das machte mir nichts aus. Warum sollte es auch? Am Tag zuvor hatte ich mit Drogerieartikeln zu tun gehabt, heute mit Lebensmitteln. Und ich kam in unmittelbaren Kontakt mit dem, was die Welt am Laufen hält: gute, ehrliche Arbeit.
    Unser erster Halt war McGinleys in Dunfanaghy, und als ich Jason mit Schachteln und Paletten kämpfen sah, wurde ich vom Anblick seines verbissenen Fleißes erfreut und von der Tatsache, dass ich damit nichts zu tun hatte, beruhigt. Es sah anstrengend aus. Manche Leute sind für diese Art von Arbeit geboren, andere sind dazu geboren, dabei zuzuschauen. Mir fiel die Entscheidung, zu welcher dieser beiden Kategorien ich gehörte, nicht schwer. Viele Jahre lang habe ich meinen Erfolg in der von mir gewählten Berufssparte daran gemessen, wie wenig ich zu heben habe. Schwere Sachen hochzuheben, mag gut für den Charakter sein, aber es ist schlecht für den Rücken und hindert einen oft genug am Herumgammeln.
    Nachdem wir den Mace-Supermarkt in Dunfanaghy mit ausreichend Lebensmitteln versorgt hatten, machten wir uns auf den

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