Mit dem Kühlschrank durch Irland
Weg durch eine der wilderen, windgepeitschten Landschaften Irlands. Graue, abweisende Berge ragten über dunklen, stillen Seen empor, Sümpfe und Bäche säumten die Straße, die diese Bezeichnung kaum verdiente, und sture Schafe blockierten den Weg, wann immer und wo immer sie das Bedürfnis danach überkam. Ganz egal, ob da ein verdammt großer Lastwagen auf sie zuraste: Sie würden erst zur Seite gehen, wenn sie Lust dazu hatten, und keine Sekunde früher. So weit ich sehen konnte, lag um diese Schafe herum meilenweit offenes Gelände, das ihnen ausgezeichnete Weidemöglichkeiten bot, aber diese Tiere zogen es trotzdem vor, sich mitten auf der Straße zu versammeln. Soll noch mal einer behaupten, dass ihnen die Unannehmlichkeiten, die sie anderen verursachen, kein perverses Vergnügen bereiten! Schafe sind nicht dumm! Sie sind kleinlich, boshaft und blutrünstig. »Ihr Arschlöcher!«, dachte ich mir, als der Lastwagen zum hundertsten Mal anhalten musste, und beschloss, Lammfleisch in das abendliche Menü aufzunehmen.
Irgendwann verließen wir das Konferenzzentrum der Schafe, und Jason arbeitete sich durch die zehn Gänge seines riesigen Lastwagens durch, bis wir so was wie dessen Höchstgeschwindigkeit erlebten. Eine Menge Geld der Europäischen Gemeinschaft ist in die Verbesserung von Irlands Straßen investiert worden, aber es gab nur dürftige Anzeichen dafür, dass die Verkehrswege von Nord-Donegal davon profitiert haben. Jason hatte seine eigene Methode, um mit dem ausgesprochen abwechslungsreichen Höhenprofil der Straße fertig zu werden, und die bestand darin, über die Buckel hinweg zu beschleunigen.
Wenn wir über die größeren von diesen Unebenheiten hinwegjagten, hob ich ab, mein Arsch löste sich einen Augenblick von allen festen Dingen, und ich durfte für einen viel zu kurzen Moment erleben, wie es ist, frei zu schweben. Die negative Folge erlebte ich einen Sekundenbruchteil später in Form einer unbequemen Landung, und gleich darauf rammte sich die scharfe linke obere Ecke eines kleinen Kühlschranks mit Macht in mein schutzloses Schulterblatt. Jedesmal, wenn dies passierte, was leider ungefähr alle zwanzig Sekunden der Fall war, versuchte ich, nicht vor Schmerz zusammenzuzucken, und lächelte dem unerschütterlichen Jason zu. Unerschütterlich, weil er den Vorteil hatte, zu wissen, wo die Buckel waren, und weil ihm der »Kühlschrank-bohrt-sich-ins-Kreuz«-Schmerz erspart blieb.
»Geht das mit dem Kühlschrank?«, fragte Jason.
»Ja, prima«, antwortete ich.
Ich wollte keine Szene machen.
Als Jason mich schließlich an einer Stelle absetzte, die er Bunbeg nannte und die die meisten von uns für ein Stück Straße gehalten hätten, hatte es vollständig zu regnen aufgehört. Um mich herum gab es ein Hotel, ein paar Häuser, viel offenes Land und einen schönen Ausblick auf eine sandige Bucht. Die kostenlose Unterkunft war mir von Bunbeg House angeboten worden, einer Pension, die sich, wie mir die Radio-Leute erzählt hatten, unten am Hafen befand. Auf Nachfrage im Hotel erhielt ich eine Wegbeschreibung und meine erste schlechte Nachricht: Während des höflichen Geplauders hatte ich verraten, dass ich nach Tory Island wolle, und damit ein Kopfschütteln hervorgerufen.
»Das werden Sie nicht vor Freitag schaffen.«
Wie sich herausstellte, wurde die Fähre einmal im Jahr für eine Generalüberholung nach Killybegs gebracht, und das war ausgerechnet heute Morgen passiert.
Die Fähre war drei Tage lang nicht einsatzbereit. Oje. Oje, oje. Ein Rückschlag von beträchtlichem Ausmaß. Der Besuch auf Tory Island war Bedingung der Wette, und im Augenblick schienen drei Tage Aufenthalt an einem Stück Straße ein bisschen viel verlangt. Also tat ich, was jeder tun sollte, wenn seine Nerven geprüft werden: Ich setzte mich und nahm eine gute Mahlzeit zu mir. Da die Speisekarte des Hotels kein Lamm anbot, aß ich Pastete mit Pommes und anschließend Wackelpudding mit Eis, was einen tröstlichen Effekt hatte, denn es war die Art von Mahlzeit, die meine Mutter in einem Moment der Krise aufgetischt hätte. Wackelpudding. Ich hatte seit Mark Eversheds Party keinen Wackelpudding mehr bekommen. Ein seltsames Essen anlässlich eines vierzigsten Geburtstags, aber das Leben ist eben voller Überraschungen. Wie zum Beispiel diese nicht vorhandene Fähre bewies.
Der zwanzigminütige Marsch die schmale, gewundene Straße zum Hafen hinunter sollte für das Wägelchen des Kühlschranks zu einem harten Test
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