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Mit dem Kühlschrank durch Irland

Mit dem Kühlschrank durch Irland

Titel: Mit dem Kühlschrank durch Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tony Hawks
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vorbereitet hatte. Als Nigel die Videoaufzeichnung des Rennens zeigte, beobachteten wir alle voll Entsetzen, wie er mit dem vorderen Fuß gegen die siebte Hürde stieß und zu Boden stürzte. In diesem Augenblick spürten alle Nigels Enttäuschung, als wäre es die ihre, diese plötzliche Zerstörung eines so lang gehegten Traums, das brutale Ende seines Strebens nach Ruhm, den psychischen und physischen Schmerz.
    Nigel hielt das Video an und lächelte. (Es muss einige Jahre gedauert haben, bis er diese Nummer drauf hatte.) »Und was dann?«, fragte er mit charakteristischem Understatement. Anschließend erklärte er uns, dass er an diesem Tiefpunkt zwar mit dem Gedanken gespielt habe, seine Karriere zu beenden, aber erst vier Jahre später, als er es nicht schaffte, sich für die Olympiade von 1992 zu qualifizieren, endgültig zu der Überzeugung gelangt sei, beim Rugby besser aufgehoben zu sein. Freunde und Kollegen rieten ihm davon ab, aber er hatte sich bereits dazu entschlossen, und das nicht zuletzt deshalb, weil er sich nicht später einmal sagen hören wollte »Hätte ich doch nur ernsthaft versucht, Rugby zu spielen«.
    Die Videoaufzeichnungen, die folgten, waren daher besonders wichtig. Es handelte sich um eine Zusammenstellung seiner großartigen Auftritte bei Länderspielen für Wales, und sie hoben die Stimmung des Publikums aus der Industrie, wie ich es nie zuvor erlebt hatte. Aber keine Sorge, die Rede des Generaldirektors zum Thema »Unternehmensrestrukturierung auf dem Inlandsmarkt« setzte dem bald ein Ende.
    Bevor sich jedoch der Generaldirektor stolz hinter dem Rednerpult aufbauen und beginnen konnte, die Sinne des gerade frohgemuten Publikums gleich wieder zu betäuben, sollte ich zu Nigel auf die Bühne kommen und ein kurzes Interview mit ihm führen. Ich hatte eine Frage, die ich mir einfach nicht verkneifen konnte:
    »Nigel, hast du dir, als du mit zwei übel zugerichteten Knien auf der Olympiarennstrecke neben einer umgekippten Hürde lagst, nicht gedacht >Hätte ich doch nur das Bein ein bisschen höher gestreckt...
2
    Ein Prinz und eine Kokosnuss

    Die Frage, die ich Nigel gestellt hatte, war natürlich ein bisschen gemein gewesen, aber das Gelächter, das sie hervorrief, rechtfertigte sie. (Meiner Meinung nach jedenfalls.) Nigel konnte mit uns mitlachen, weil seit dem schrecklichen Vorfall 1984 genug Zeit verstrichen war. Und obwohl ich darüber einen Witz gemacht hatte, glaubte ich, dass Nigel uns eine erstklassige Lebensphilosophie verraten hatte. Mir gefiel die Vorstellung, alles zu versuchen, was einem möglich war, um so die Wahrscheinlichkeit zu verringern, dass man sich später als Greis sagen musste »Hätte ich doch nur«.
    Der tiefere Sinn meiner Frage, falls es einen gab, lag darin, aufzuzeigen, dass die »Hätte ich doch nur«s unvermeidlich und ein notwendiger Bestandteil des Lebens sind. Hätte ich doch nur das Flugzeug nicht genommen, das gerade abstürzt, hätte ich doch nur den Vulkan nicht bestiegen, der jetzt ausbricht, hätte ich doch nur den Fuß nicht in die Hundescheiße gesetzt. Der Trick besteht darin, Herr seines Lebens zu bleiben, so weit man es kontrollieren kann, und dem Rest mit einem Lächeln die Stirn zu bieten. Aber wir müssen uns ins Leben stürzen. Nur ein Narr würde die fantastischen Möglichkeiten auslassen, die es ihm bietet. Und so kam es, dass ich mich bald in einem riesigen Elektrogeschäft wiederfand und mir Kühlschränke ansah.
    Herrje, es sind einige großartige Modelle auf dem Markt! Darren war äußerst aufmerksam. Ich wusste, dass er Darren hieß, weil er einen Anstecker trug, auf dem »Darren« stand und darunter: »Ich bin hier, um Ihnen zu helfen.« Er muss so um die zwanzig gewesen sein und schwitzte nervös. Er trug seine Krawatte ungeschickt und mit offensichtlichem Widerwillen. Der Ladenuniform, einem blauen Pullover mit dazu passender Hose, gelang es mit Darren als Dressman nicht, die Botschaft vom unternehmerischen Erfolg zu vermitteln. Für ihn war »Stil« kaum mehr als ein Wort, das im Wörterbuch zwischen »staksig« und »stottern« stand. Alles an ihm legte die Vermutung nahe, dass er den Job nicht machte, weil er dem Rest der Meute voraus war, was das Verkaufen von Elektrogeräten anging, sondern weil er einen sensationell miesen Stundenlohn dafür kassierte.
    Wir verschafften uns einen Überblick über das Angebot. Eine weiße Masse füllte eine ganze Ecke des riesigen Ladens. Wer hat behauptet, dass Auswahl etwas

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