Mit dem Kühlschrank durch Irland
gekommen.
Also, es nützt nichts, wenn ich behaupte, dass mir der Fehdehandschuh vor die Füße geworfen worden war und dass meine Ehre auf dem Spiel stand, falls ich ihn nicht aufgehoben und mich der Herausforderung gestellt hätte. Ich war betrunken gewesen, und Kevin auch, und wenn die Leute sich an das halten müssten, was sie gesagt haben, als sie besoffen waren, dann wären wir alle tragische Helden, in armseligen Schicksalen gefangen, in die wir durch unsere eigenen, unbedachten Worte geraten sind. Ich wäre immer noch mit Alison Wilcox zusammen, der ich als Teenager während eines bierseligen One-Night-Stands erzählt hatte, dass ich sie »für immer« lieben würde. Mir fällt es schwer, mir unser gemeinsames Leben vorzustellen — Bausparvertrag, Kinder und Ford Mondeo — , denn das Einzige, was wir wirklich gemeinsam hatten, war die Unfähigkeit, uns am nächsten Morgen an den Namen des anderen zu erinnern.
Als ich endlich dazu kam, Kevin anzurufen, hatte er nur noch eine sehr vage Erinnerung an die ganze bedauerliche Angelegenheit. Nie und nimmer hätte er von mir verlangt, dass ich mich an eine Abmachung halte, an die er sich kaum selbst mehr erinnerte. Warum also habe ich dann einen Monat später allen Ernstes darüber nachgedacht, die Wette anzunehmen? Es war nicht nötig, absolut nicht nötig, und trotzdem saß ich da, studierte eine Karte von Irland und versuchte herauszufinden, wie viele Kilometer es wären, wenn man die ganze Küste entlangfahren würde. Ich litt an etwas, das die Psychoanalytiker das W.E.L.B.T.-Syndrom nennen. 1
Natürlich ist die Logik derjenigen, die am W.E.L.B.T.-Syndrom leiden, gestört und kann daher leicht widerlegt werden. Ich zitiere ein kurzes Gespräch, das ich mit einem Bergsteiger geführt habe (Bergsteiger sind vermutlich die bekanntesten Opfer dieses Syndroms), um zu zeigen, wie leicht dies zu bewerkstelligen ist:
»Warum versuchen Sie, während der unwirtlichen äußeren Bedingungen des alpinen Winters die gefährliche und schwierige Nordostwand des schrecklichen Matterhorns zu bezwingen?«
»Weil sie da ist.«
»Aber das sind Ihre Pantoffeln und die Fernbedienung für den Fernseher auch.« Q.E.D., meine ich.
Warum unterwirft man sich unbeschreiblichen Schmerzen und Entbehrungen, wenn es auch die Möglichkeit gibt, mal kurz ein bisschen bummeln zu gehen und danach ein wenig zu ruhen? Warum einhändig segeln, wenn man einhändig lesen kann, warum wandern, wenn man Taxi fahren kann, warum sich abseilen, wenn man die Treppe benutzen kann, warum stehen, wenn man sitzen kann, warum sich die Greatest Hits von Oasis anhören, wenn man sich das Leben nehmen kann?
Und es nützt nichts, so zu tun, als wäre das W.E.L.B.T.-Syndrom selten, denn wir alle kennen jemanden, der an ihm leidet. Irgendjemand in der Arbeit oder dessen Bruder oder jemand in der Aerobic-Stunde ist schon mal einen Marathon gelaufen. 42,195 Kilometer. 42,195 sinnlose Kilometer. Und kennen wir jemanden, dem es Spaß gemacht hat? Natürlich nicht. Sie tun vielleicht so, als würde es ihnen Spaß machen, aber sie lügen. Das Leben ist voller Geheimnisse, Zweifel und unergründlicher Rätsel, aber wenn wir uns einer Sache sicher sein können, dann dieser:
42,195 Kilometer zu rennen ist kein Spaß.
Vermutlich war es ein Amerikaner, der den Spruch »Schmerzt es nicht, wirkt es nicht« erfunden hat. Es wäre schön zu wissen, dass ihm kurz, nachdem er diese Worte geäußert hat, jemand eine aufs Maul gegeben hat, um zu demonstrieren, wie gut es bei ihm wirkt.
Und trotzdem war ich genauso verblendet wie ein Marathonläufer. Vielleicht sogar noch verblendeter. Was ich ins Auge fasste, widersprach aller Logik. Ich saß bis spät in der Nacht da und wog die Pros und Kontras ab. Nun gut, die Kontras überwogen bei weitem, aber manchmal schaffte ich es, das ganze Unterfangen heroisch wirken zu lassen. Ein Abenteuer, das Unbekannte, die Chance, etwas zu tun, was noch niemand zuvor getan hatte. Mein Gott! Etwas, das noch niemand getan hat! Das ist etwas, von dem die meisten nur träumen können.
Wenn Sie sich nicht sicher sind, wie weit die Menschen zu gehen bereit sind, um sich von ihren Mitmenschen abzuheben, dann blättern Sie doch mal im Guinness Buch der Rekorde, wenn Sie das nächste Mal in der Bibliothek ein paar Minuten Zeit haben. Das ist genau das, was ich eines Morgens tat: Ich überprüfte die Eintragungen unter »Kühlschrank« und »Trampen«, um mich zu vergewissern, dass das ganze
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