Mit dem Kühlschrank durch Irland
dann aber plötzlich bewusst, wer sie waren, wo sie waren und vor allem, in wessen Gesellschaft sie waren. Und sie hatten leider das Pech, mit einem Kerl dort zu sein, der sich das Pokalfinale ansehen wollte.
»In Ordnung, kein Problem«, sagte Bingo bereitwillig. Antoinette sagte nichts, aber das war auch nicht nötig.
Auf dem Weg zurück entdeckten wir Hinweise darauf, dass Bäume umgehackt und zu Feuerholz gemacht worden waren.
»Das hier ist ein beliebter Ort für Raveparties geworden«, erklärte Bingo. »Leider behandeln die Leute den Glen nicht immer mit dem Respekt, den er verdient.«
»Gibt es in diesem Teil von Irland ein Drogenproblem?«, fragte ich.
»Die Polizei gibt es nicht zu, aber wir haben eins.«
Und dann erzählte er, wie ein unpopulärer Polizeichef in einem Ausspruch, den die Lokalzeitung zur Schlagzeile machte, stolz damit geprahlt hatte, dass es in Sligo keinerlei Drogen gebe:
D ROGEN SIND FÜR UNS KEIN P ROBLEM.
Ihm wurde ein wenig der Wind aus den Segeln genommen, als ein Opportunist die Schlagzeile ausschnitt und sie als erste Zeile auf einem Poster benutzte, das vervielfältigt und in der ganzen Stadt plakatiert wurde:
D ROGEN SIND FÜR UNS KEIN P ROBLEM.
W IR KRIEGEN SIE ÜBERALL.
Egal, was man von Drogen hält: Es war klar, wer diese eine Schlacht gewonnen hatte.
Die Zeit wurde knapp, aber die »Bingo-Tour« schloss noch einen kurzen Halt bei einem verfallenen alten Landsitz ein, den ein einheimischer Geschäftsmann in der früheren, extravaganten Pracht wiederherrichten ließ, um darin ein Hotel zu eröffnen. Irland ist mit Ruinen ohne Dächern übersät, die alle einen ganz bestimmten Moment in der schwierigen Geschichte dieses Lands markieren: Eine Steuer auf Dächer hatte dazu geführt, dass die Großgrundbesitzer aus England die Dächer auf ihren irischen Gütern zerstören ließen, die sie nicht länger unterhalten konnten oder die zu besuchen ihnen zu aufwendig geworden war. England hat sein eigenes, hässliches Beispiel für das menschliche Verlangen, um jeden Preis Steuern sparen zu wollen: Die Einführung einer Fenstersteuer sorgte dafür, dass viele Eigentümer großer Häuser deren Fenster zumauern ließen. Je privilegierter jemand in einer Gesellschaft ist, desto listiger und entschlossener scheinen seine Bemühungen zu werden, dieser möglichst keinen Penny abgeben zu müssen. Die Narben in der irischen Landschaft, die diese alten, dachlosen Gutshäuser darstellen, gemahnen eindeutig an die menschliche Schwäche, privaten Reichtum auf Kosten der sozialen Gerechtigkeit anhäufen zu wollen. Ausgerechnet zu einem Zeitpunkt in der irischen Geschichte, als einem Großteil der irischen Bevölkerung das grundlegende Menschenrecht auf ein >Dach über dem Kopf< verwehrt war, wurden Dächer mit Absicht zerstört, nur damit auf einer Insel jenseits der Irischen See die Guthaben auf den Konten weiter anwuchsen.
Ein entscheidender Augenblick in meiner eigenen persönlichen Geschichte war das erste Klingeln meines Mobiltelefons. Die Leute von North West Radio riefen an, um mir den Namen und die Adresse einer Frau durchzugeben, die ein Bed & Breakfast in Ballina hatte und mir eine kostenlose Unterkunft anbot für den Fall, dass ich dort auftauchte. — Ein Dach über dem Kopf.
Antoinette schüttelte ungläubig den Kopf. »Wirklich, all die Türen, die sich dir öffnen! Ich werd mir einen Toaster schnappen und auch durch Irland reisen.«
»Ballina? Ist das dein nächstes Ziel?«, fragte Bingo.
»Jetzt schon.«
Ich bin nicht stolz darauf, meinen Termin für die Fußreflexzonenmassage bei Peter verpasst zu haben. Lieber ein Fußballspiel in einem lauten Pub in Sligo anschauen zu wollen, als sich von einem großen, berufenen Therapeuten massieren zu lassen, zeugte von Oberflächlichkeit und Unreife, aber ein Pokalfinale ist ein Pokalfinale, und wenn man eins verpasst hat, hinterlässt das in den persönlichen Erinnerungen eine Lücke, die sich in Zukunft als ernsthafter Nachteil bei Diskussionen im Pub erweisen kann.
Die Ehre, als Erster auf dem Kühlschrank zu unterschreiben, wurde Bingo zuteil, als wir ihn vor seinem Pub absetzten. Die mit grünem Filzstift geschriebenen Worte »Prost! Alles Gute, Bingo« leiteten die Transformation eines normalen Haushaltsgegenstands in eine Absonderlichkeit mit persönlicher Note ein.
Wegen meines irrationalen Verlangens, ein Fußballspiel anzuschauen, musste ich jetzt einen festen Termin einhalten und — eine für mich
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