Mit dem Kühlschrank durch Irland
kleine Flasche Kindersekt in der Hand, die anstelle von richtigem Sekt benutzt werden sollte, und der Rest von uns stand herum und fragte sich, was genau wir eigentlich tun sollten, während Frank begeistert Fotos machte. Allmählich kamen immer mehr Gratulanten. Manche blieben aus Neugier stehen, aber die meisten, weil sie, wie ich vermutete, einfach nichts Besseres zu tun hatten.
Plötzlich ergriff ich die Initiative. Ich räusperte mich, trat vor und erklärte: »Wir taufen diesen Kühlschrank hiermit Saiorse Molloy. Gott segne die, die ihn mitnehmen!«
Es war eine kurze, aber — was nur wenige bestreiten würden — brillante Rede. Brendan goss etwas Kindersekt auf den Kühlschrank, und alle jubelten. Eine eher unkonventionelle religiöse Zeremonie war vorüber.
Etain war gleich nach dem formellen Teil der Zeremonie verschwunden, kehrte jetzt aber mit einer großen blauen Urkunde zurück, die sie mir stolz überreichte. Auf ihr stand:
S AIORSE
Nach Saiorse, einem Wort irischen Ursprungs,
Das >Freiheit< bedeutet
Stellt sich mutig allen Problemen
Wird wegen seiner Originalität bewundert, setzt sich für hehre
Vorhaben ein
Ein freundlicher und großzügiger Kühlschrank
Er hält immer an seinen Prinzipien fest
Er muss nicht immer seinen Willen durchsetzen
Andere meinen, er sei ein äußerst schlauer Kühlschrank
Matt Molloys Pub
20. Mai 1997
Ich war ziemlich gerührt. Ich hatte keine Urkunde mehr bekommen, seit ich mein sechstes Jahr Klavierunterricht geschafft hatte, und diese hier bedeutete mir viel mehr.
Als ich neben der schmalen Straße gleich außerhalb von Westport stand, kam mir plötzlich zu Bewusstsein, dass ich bisher kaum zweitürige Autos gesehen hatte. Alles Viertürer. Natürlich. Einer der Vorteile eines Landes voller guter Katholiken. Mit einem Kühlschrank zu trampen ist einfacher, wenn die Leute große Familien haben und deshalb viertürige Autos kaufen. Der nette kleine Fiat Punto, der fünfzehn Minuten später vor mir anhielt, war der erste Zweitürer, den ich sah.
»Wir haben beim Frühstück von Ihnen gehört, nicht wahr, Jane?«, sagte Billy, der hinter dem Steuer saß.
»Ja, im Speisesaal des Hotels lief das Radio, und wir haben genau aufgepasst, als wir Ihren englischen Akzent hörten.«
»Als wir Ihren Kühlschrank gesehen haben, wussten wir, dass Sie es sind.«
»Das ist das erste Mal, dass wir für einen Tramper anhalten. Ich sage ihm immer, dass er anhalten soll, aber er tut’s einfach nicht, was, Billy?«
»Na ja, jetzt habe ich ja angehalten.«
Es war ungewöhnlich, von einem Ehepaar mitgenommen zu werden. Vor allem von einem mit dem Akzent von Tyneside im Nordosten Englands. Na ja, fast.
»Eigentlich sind wir gar nicht aus Tyneside, sondern aus Middleborough«, erläuterte Bill.
»Oh, das mit dem Pokalfinale tut mir Leid.«
»O Gott, Tony! Was für ein Tag. Gott sei Dank sind wir nicht zu Hause. Natürlich haben wir schon Ravanelli, Juninho und Fester verloren.«
Und so kam es, dass mein erster Vorstoß in die Wildnis von Connemara von einer detaillierten Analyse der tragischen Spielsaison des FC Middleborough begleitet wurde. Ein wenig dämpfte das mein Vergnügen an den braunen Farnen und den sanften Violett-Tönen der Berge, aber Billy und Jane waren so nett gewesen, für mich anzuhalten und mich und meinen Kühlschrank mitzunehmen, und sie mussten diese Fußballgeschichte endlich loswerden. Ich wusste, ich erwies ihnen einen großen Dienst, indem ich Ihrem Schmerz mein Ohr lieh.
Zwischen »Was die Mannschaft wirklich falsch gemacht hat« und »Was der Trainer in Zukunft ändern sollte« hatte ich gerade genug Zeit, um aus dem Fenster zu sehen und mir das Bild in Erinnerung zu rufen, wie mir meine neuen Freunde vom Matt Molloy’s zum Abschied zuwinkten. Hey, da fiel mir ein, sie waren mehr als bloß Freunde, sie waren Verwandte. Oder besser gesagt: Verwandte meines Kühlschranks. In weniger als 24 Stunden hatten wir echte Sympathie füreinander entwickelt und dies mit unserer kindlichen Taufzeremonie unbewusst bestätigt und besiegelt. Ich fürchtete, dass ich sie vermissen würde.
Billy und Jane waren auf einer Urlaubsreise durch Westirland, und sie waren von dem Land völlig begeistert. Jane war fest davon überzeugt, dass sie umziehen und sich hier niederlassen sollten.
»Jetzt ist es großartig, aber vielleicht sollten Sie sich erst mal ansehen, wie es im Winter aussieht«, wandte ich ein und bewies lobenswerte Umsicht.
»Viel schlimmer
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