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Mit dem Teufel im Bunde

Mit dem Teufel im Bunde

Titel: Mit dem Teufel im Bunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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solcher Maschinchen bei der Begradigung des Domturmes gearbeitet. Ja, und wenn angehoben ist, führt das schon zu einigem Krachen und Ächzen im Turmgebälk, doch das ist harmlos. Ich ächze auch, wenn ich eine Leiter hinaufsteige, und breche trotzdem weder zusammen noch auseinander. Wo war ich gerade? Ach ja. In die durch das Anheben entstehenden Lücken werden passende Eichenholzstücke geschoben, massive Klötze. Ja, Klötze.» Er rieb sich unruhig die Nase und warf Rosina einen unsicheren Blick zu. Beide dachten dasselbe, nämlich dass diese Klötze auch aus jenen geschnitten werden sollten, von denen einer Sibylla van Keupens Leben beendet hatte.
    «Vermaledeite Dinger», murmelte er, «hätten sie nur woanders gelegen.»
    «Nicht die Klötze sind an ihrem Tod schuld», sagte Rosina leise, «sondern der, der sie für seine Tat missbraucht hat. Hätten sie nicht auf der Empore gelegen, hätte er einen anderen Weg gesucht zu tun, was er tun wollte.»
    Sonnin seufzte. «Das sage ich mir auch immer wieder. Es bedrückt mich trotzdem sehr. Sie war so – voller Leben und Kraft. Nicht einfach und manchmal gar zu zielstrebig, aber eine besondere Person.»
    «Ihr habt sie gut gekannt?»
    «Nicht wirklich. Ich fürchte, sie mochte mich nicht besonders, jedenfalls in den letzten Jahren. Einige Zeit hat sie sich darum bemüht, mich für ihre Vorhaben zu gewinnen, weil sie Geschäfte mit neuen Häusern plante. Vielleicht auch den Umbau von alten, ich weiß es nicht genau. Jedenfalls brauchte sie dazu einen Baumeister, dem sie vertrauen konnte. Ich fürchte eher: der nach ihrer Pfeife tanzte. Weiß der Teufel, wie sie gerade auf mich verfallen ist. Als ich dasablehnte», er wischte sich räuspernd Staub und Steinkrumen vom Rock, «ja, als ich ablehnte, war sie – ärgerlich. Vielleicht war sie Ablehnung nicht gewohnt. Aber das sind alte Geschichten.»
    «Was habt Ihr mit ‹gar zu zielstrebig› gemeint?»
    Sonnin zögerte, dann zuckte er die Achseln. «Wie Kaufleute eben so sind. Sonst nichts.» Er würde niemandem auf die Nase binden, dass Sibylla versucht hatte, seinen Gehilfen zu kaufen. Auch nicht dieser reizenden Person, von der er sehr wohl wusste, wie gut sie mit dem Weddemeister bekannt war.
    «Ich will fortfahren», sagte er gleichmütig. «Tatsächlich gibt es nur mehr wenig zu erklären. Es wird also angehoben und mit Eichenholz gestützt, dann wird wieder angehoben, es werden die nächsten Holzstücke, besser gesagt rechteckige Scheiben, eingeschoben – so lange, bis der Turm lotrecht steht. Dann wird das eingefügte Holz mit Streben gesichert.»
    Bei diesem Turm werde er es allerdings ein wenig weitertreiben, erklärte er. Um die abgesunkene Mauer des Turmschaftes zu entlasten und auszugleichen, werde er der Spitze einen Überhang nach Osten von knapp einem Fuß geben. Dazu müsse die Spitze insgesamt um ein Maß von knapp vierzehn Zoll, also etwa ein Fuß, gehoben werden. Bei einem so mächtigen Turm brauche es sechsundzwanzig Männer an den Maschinen, dann werde es eng hier oben.
    «Und zu alledem braucht Ihr kein Gerüst, das den Turm abstützt?»
    «Wozu? Die Arbeit geschieht von innen, hier im Oktogon. Der Turm ist noch nicht alt, jedenfalls für einen Kirchturm, und nach der Reparatur an den Laternen wieder sehr stabil. Das musste zuvor natürlich sorgfältig geprüft werden. Bei diesem war einer der tragenden Balken verrottet,den haben wir ersetzt, zwei weitere ausgebessert. Nun kann es losgehen. Könnte, ja, eigentlich.»
    Rosina schwirrte der Kopf. Ohne Sonnins Zeichnung hätte sie seine Erklärungen kaum verstanden, sie war nicht einmal sicher, ob sie jetzt alles begriffen hatte. Sie hätte gerne mehr über Sibylla van Keupens besondere Zielstrebigkeit erfahren, doch seine Reaktion auf ihre Frage war deutlich gewesen.
    «Ich danke Euch, Monsieur Sonnin», sagte sie, «es war mir eine große Freude. Nun darf ich Euch nicht länger von Eurer Arbeit abhalten.»
    «Das habt Ihr keineswegs, meine liebe Madam. Ihr habt sie mir im Gegenteil vergnüglich gemacht. Ich wollte nur noch einmal – ich weiß es selbst nicht genau. Es treibt mich immer an den Ort einer bevorstehenden großen Arbeit, um alles noch einmal, zum
hundertsten
Mal zu bedenken. Es war mir überaus angenehm, das mit Euren Fragen zu tun. Die Aufrichtung sollte ja in diesen Tagen geschehen, nach den tragischen Ereignissen – ausgerechnet in dieser Kirche – wird es noch dauern. Es ist nie angenehm zu warten. Umso weniger, wenn andere

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