Mit dem Teufel im Bunde
die ruhige Selbstgewissheit aus wie zuvor, «es ist mir eine Freude. Ich habe sofort Zeit für Euch, dann können wir den weiteren Verlauf der Arbeit an Eurem Epitaph besprechen. Madam Vinstedt möchte nur …»
«Ja», fiel ihm Rosina ins Wort, «ich möchte Meister Taubner mit der Dekoration der Decke unseres Salons beauftragen. Man spricht von der fabelhaften Arbeit in Eurem, da dachte ich, nun, ich dachte, so könne ich nichts falsch machen.»
Sie hörte sich plappern, vergaß völlig die erforderliche Beileidsbekundung und suchte heftig nach einer Idee, mit Juliane van Keupen ins Gespräch zu kommen, ohne dumm oder auch nur klatschsüchtig und taktlos zu erscheinen.
Die Suche war überflüssig. Juliane van Keupen musterte Rosina mit wachem Interesse, Taubners Räuspern ignorierte sie.
«Ach, Ihr seid Madam Vinstedt. Mit Meister Taubner habt Ihr den besten Stuckator weit und breit gefunden. Er ist ein wahrer Künstler seines Metiers, und sein Rat für die Muster zeugt immer von Geschmack und der Erfahrung, die er bei bedeutenden Gebäuden gesammelt hat.» UnverhohlenerStolz schwang in ihrer Stimme mit, als sie erklärte: «Er hat zu den Stuckatoren gehört, die das neue Winterpalais in Sankt Petersburg ausgeschmückt haben.» Diesmal hörte sie Taubners Räuspern. «Übrigens spricht man nicht nur von seiner Arbeit in unserem Haus, sondern auch von Euch.»
«Von mir?» Rosina hoffte, ihre Miene zeige einzig höflich überraschte Neugier. «Ich hoffe, nur Belangloses.»
«So würde ich es nicht nennen.» Julianes Lippen verzogen sich zu einem kaum wahrnehmbaren Lächeln. «Für mich, die ich mein Leben am Cremon verbracht habe, ist eine Frau, die viele Jahre ihres Lebens der Theaterkunst gewidmet hat, keineswegs belanglos. Ich beneide Euch um Eure Reisen, um diese Freiheit. Ich weiß», fuhr sie fort, als sich Rosinas Blick verschloss, «viele schätzen das Schauspiel und Eure frühere Profession gering, dazu gehöre ich nicht. Ich konnte das Theater zwar nie besuchen, ich kenne nur die Texte, und natürlich gibt es schlechte darunter, aber – ach, verzeiht, ich rede und rede, Ihr müsst mich für töricht halten.» Ihr Blick glitt rasch zu Taubner, bevor sie im förmlichen Ton fortfuhr: «Es hat mich gefreut, Euch kennengelernt zu haben, Madam Vinstedt. Ich hoffe, Ihr seht mir mein indiskretes Geschwätz nach.»
Rosina war alarmiert. Irgendetwas stimmte nicht. Der Ton? Der Inhalt der Worte? Nach allem, was sie von Juliane van Keupen gehört hatte, hatte sie in ihr alles andere als eine heimliche Freundin des Theaters vermutet.
Da folgte schon der nächste Schreck. Baumeister Sonnin betrat die Kirche. Wenn er nun näher kam und der Stuckator sich für die Empfehlung bedankte? Eine kleine Lüge zu einem guten Zweck gehörte für sie zu den hin und wieder erlaubten Sünden, dennoch wurde sie nicht gerne bei einer ertappt.
Sie verabschiedete sich rasch, versicherte Taubner, sie werde wiederkommen, am besten mit ihrem Gatten, und eilte, so schnell es der Ort und die gute Sitte erlaubte, zu Sonnin. Sie war zufrieden, nach dieser erstaunlichen Begegnung würde ihr schon ein Anlass einfallen, um Mademoiselle Juliane zu besuchen. Dass Taubners Gehilfe ihr einige Schritte nachlief und schließlich mit hängenden Schultern stehen blieb, merkte sie nicht.
KAPITEL 9
SONNABEND, NACHMITTAGS
Rosina kannte Baumeister Sonnin nur wenig, zuletzt war sie ihm im Sommer im Garten der Herrmanns’ begegnet. Doch sie hatte Glück. Er erkannte sie gleich und war erfreut. Ein frohes Gesicht tue seiner bisweilen mürrischen alten Seele gut, erklärte er, die Tage seien grau und die Zeiten überhaupt ziemlich düster.
«Vielleicht möchtet Ihr mich auf den Turm begleiten? Die vielen Stufen lohnen sich, dort oben ist man Sonne und Himmel näher, und die Stadt sieht manierlicher aus als von hier unten bei den Ameisen. Nun ja, sogar recht hübsch.»
Nach einem letzten Blick zu Taubner und Juliane folgte sie dem Baumeister in den Turm hinauf. Aus Neugier und zum Vergnügen. Und weil sie es besser fand, in seiner Nähe zu bleiben, bis er die Kirche wieder verließ.
Es waren tatsächlich sehr viele Stufen, zuerst eine enge gemauerte Wendeltreppe hinauf, dann über eine hölzerne Treppe an der inneren Turmmauer. In der Etage unter dem Oktogon hingen die Glocken, drei große und drei kleinere.
Sonnin blieb schweratmend stehen. «Es sind wunderbare Glocken, die älteste begleitet die Geschicke der Stadt schon seit gut dreihundert
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