Mit dem Teufel im Bunde
Schleifen und Polieren. Und die langweiligste. Ich verstehe nicht, wie der Meister dabei immer guter Dinge bleiben kann. Tagelang wird poliert, bei großen Stücken wochenlang. Grobe Unebenheiten kann man abhobeln, dann nimmt man Bimsstein mit ein bisschen Wasser, so entsteht auf der Fläche ein Schleim, der die Poren der Masse erst richtig verschließt, der darf nicht abgewaschen werden. Dann heißt es wieder einige Tage auf das Aushärten warten, bevor der Wetzstein an der Reihe ist. Dabei wird dann ständig mit reichlich Wasser abgewaschen. Hier sind zum Glück nur kleine Stellen auszubessern. Für große Stücke ist es auch zu spät im Jahr, eigentlich ist es jetzt schon viel zu kalt in der Kirche. Kirchenarbeit ist Sommerarbeit, sagt Meister Taubner. Wie bei Schlössern, wenn da gearbeitet wird, ist natürlich auch nicht geheizt. Dann kann endlich poliert werden. Manche verwenden dazu in Terpentin gelöstes Bienenwachs, Meister Taubner zieht Leinöl vor, helles für helle Flächen, dunkles für dunkle. Wenn es besonders glänzen und haltbar sein soll, wird zum Schluss noch mit Schellack poliert, wie bei manchen Möbeln, und fertig ist der falsche Marmor. Endlich fertig», schloss er mit einem kleinen Stöhnen.
«Ich danke für Eure Geduld», sagte Rosina. Die Sache mit der Sommerarbeit verstand sie nur zu gut, nicht nur für Stuckatoren war ein längerer Aufenthalt in der Kirche in dieser Jahreszeit äußerst ungemütlich. «Ich hoffe für Euch, Euer Arbeitstag ist bald beendet. Ihr müsst noch mehr frieren als ich in meinem Mantel.»
«Das Mischen und Kneten macht warm. Darf ich nun Euch etwas fragen, Madam?» Mit unruhigen Fingern rückte er die Behältnisse der Farbpulver zurecht und schobeinen Spatel beiseite, bevor er sie wieder ansah. «Euer Name ist Vinstedt, das habe ich doch richtig gehört?»
«Ja», sagte Rosina knapp, «was gibt es daran auszusetzen?»
«Nichts, Madam, ganz und gar nichts», versicherte er eifrig. «Vinstedt, ja, und Euer Gatte war kürzlich in Kopenhagen.» Das war keine Frage, sondern eine Feststellung. «Es ist nur, weil wir auch aus Kopenhagen kommen, danach haben wir allerdings einige Wochen in Wismar gearbeitet, aber eigentlich kommen wir aus Dänemark. Ich habe schon überlegt, Monsieur Vinstedt aufzusuchen, aber», er rieb Bröckchen der erhärtenden Masse von seinen Händen und zerkrümelte sie zwischen den Fingern, «aber das schien mir nicht richtig. Doch nun, da Ihr hier seid … sicher hat er Euch von seiner Reise berichtet. Bitte, könnt Ihr mir sagen, ob es Neuigkeiten von Ihrer Majestät gibt? Von Königin Caroline Mathilde?»
Darum ging es also. Rosina sah diesen merkwürdigen jungen Mann mit den bittenden hellen Augen aufmerksam an. Jetzt verstand sie, was das Besondere an seiner Sprache war, nämlich dieser kaum wahrnehmbare dänische Akzent.
«Mein Mann war tatsächlich in Kopenhagen. Woher wisst Ihr davon?»
Henrik hob mit gleichgültiger Miene die Brauen. «Man hört hier viel, Madam, dies und das und manches, was mehr interessiert als anderes. Weiß er Neues von Ihrer Majestät? Wird sie nach Kopenhagen zurückkehren?»
Rosina wusste von Magnus, dass es in Dänemark eine kleine Gruppe von Männern gab, die wünschten, sie wieder als Königin auf dem dänischen Thron zu sehen und so den Einfluss, besser gesagt die neue Herrschaft der Stiefmutter des Königs Christian VII., Königinwitwe Juliane Marie, und ihres Kreises von hochrangigen Offizieren zuschwächen oder gar zu stürzen. Obwohl darauf nicht die geringste Aussicht bestand, würde sie dies für sich behalten.
«Das wird der Hof wohl nicht erlauben», sagte sie vage. «Ich weiß nur, sie hat ihren Aufenthalt im Jagdschloss Göhrde vor einigen Tagen beendet und ist drei Meilen weiter nach Celle übergesiedelt. Vielleicht wisst Ihr, dass der englische König als ihr Bruder und Hannover’scher Kurfürst das Schloss dort für ihren künftigen Aufenthalt bestimmt hat? Es ist nun renoviert und angemessen ausgestattet, das könnt Ihr auch in den Zeitungen lesen. Ihre Kinder», fügte sie nach kurzem Zögern hinzu, «sind und bleiben in Kopenhagen, auch Prinzessin Louise Augusta.»
Das zu verschweigen war nicht nötig, es war weder neu noch überraschend. Auch Magnus und ein Syndikus des Rats waren mit wenig Hoffnung nach Kopenhagen gereist. Sie hatten auf Bitten einiger Verehrer der erst zwanzigjährigen Königin unter den in Hamburg ansässigen englischen Kaufleuten und mit diskreter Billigung
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