Mit dem Teufel im Bunde
Aufgaben drängen.»
Als Rosina und Sonnin in das Kirchenschiff zurückkehrten, war von Taubner und Juliane van Keupen nichts zu sehen. Sonnin verabschiedete sich, und nachdem Rosina vergeblich versucht hatte, ihre Röcke glatt zu streichen, schlenderte sie zum Arbeitsplatz der Stuckatoren.
Das Gerüst war nicht, wie sie angenommen hatte, verlassen. Taubners Gehilfe Henrik stand an dem halb von der mächtigen Säule verborgenen Tisch, er hatte die Ärmel seines Hemdes unter der groben Schaffellweste hochgebunden und mischte mit zwei Spateln in ausholenden gegenläufigen Bewegungen auf einer spiegelglatt polierten Arbeitsplatte eine klumpige Gipsmasse.
«Ihr seid noch da, Madam?», stieß er im Rhythmus der arbeitenden Hände hervor. «Wart Ihr auf – dieser Empore?»
«Nein, Baumeister Sonnin war so freundlich, mir im Oktogon zu erklären, wie er mit seinen Sheldon’schen Maschinen den Turm begradigen wird. Wird das Stuckmarmor?»
Henrik richtete sich auf und streckte aufatmend seinen Rücken. «Nein, Madam, das soll eine Masse sein, mit der die schadhaften Stellen zuerst aufgefüllt werden müssen, Gips und Wasser, Kalk, Sand und feine Tierhaare. Und Knochenleim, den mischen wir unter, damit sie geschmeidiger und nicht zu schnell hart wird. Man kann auch Bier oder Wein nehmen, saure Milch oder, wenn man es bekommt, Pulver von Eibischwurzeln. Ich muss noch viel üben, bevor mein Teig gleichmäßig und von der richtigen Geschmeidigkeit wird.»
«Und darauf wird dann der Stuckmarmor angebracht?»
«Ja, zuvor werden Rillen eingedrückt, dann hält die Marmormasse besser. Na ja, es ist kein echter Marmor, aber am Schluss kann man es nicht unterscheiden.»
Rosina dachte an Rudolf, bei der Becker’schen Komödiantengesellschaft für alles zuständig, was mit Kulissen und Bauen zu tun hatte. Er hatte oft darüber geflucht, wie schnell Gips hart wurde. Die Sache mit dem Bier würde sie Helena im nächsten Brief schreiben.
«Für den Marmor geben wir mehr Wasser dazu, je mehr Wasser, umso langsamer wird die Masse natürlich hart. Man kann es um Stunden hinauszögern. Das ist wichtig; je länger man mischen und kneten kann, umso härter und dichter wird der Marmor später beim Trocknen, fast wie echter. Dann erst kann man ihn schleifen und polieren.»
«Wie schafft Ihr es, dass auch die Maserungen entstehen? Damit sehen die Flächen tatsächlich wie echter Marmor aus. Ich jedenfalls kann sie nicht unterscheiden.»
«Ja», Henrik blickte stolz zu dem noch guterhaltenen Teil des Epitaphs hinauf, «es ist ein kunstreiches Gewerbe. Jeder Meister hat seine Geheimnisse, aber das Prinzip ist immer dasselbe. Eigentlich ist es einfach, theoretisch, in der Handhabung sieht es leider anders aus.»
Von der Gipsmischung, erklärte er, teilte man verschieden große Klümpchen ab, um sie mit der gewünschten Farbe zu mischen und zu einer Kugel zu rollen. Die jeweilige Größe richte sich danach, wie groß die Flecken in der Marmorfläche später erscheinen sollten. Jede Kugel werde noch einmal in reinem Gipspulver gewälzt, das ziehe überflüssiges Wasser heraus. Wenn man die gründlich durchgeknetete Kugel aufbreche, könne man ziemlich genau sehen, wie die Färbung nach dem Trocknen aussehe. Allerdings nur mit langer Erfahrung, wie jeder Teil dieser Arbeit. Die Marmorierung entstünde durch zusätzliche Farbspritzer, zum Beispiel Ocker, zur eigentlichen Farbe.
«Bei diesem da», fuhr er fort und zeigte zum Epitaph hinauf, «haben die Farbflecke feine schwarze Umrandungen, ich glaube, weil sie dann leuchtender wirken. Aber da kann ich mich irren, ich weiß noch viel zu wenig. Diese Umrandungen entstehen, wenn man die einzelnen Kugeln zum Schluss in schwarzem Farbpulver wälzt oder sie damit bestäubt. Und dann, ja, dann werden die Kugeln in ihren verschiedenen Farben zu einer großen zusammengerollt. Wenn man auch die aufbricht und prüft, am besten im Tageslicht vor dem Portal, erkennt man, wie der aufgetragene Stuckmarmor aussehen wird, seine Färbung und seine Struktur. Es klingt ziemlich einfach, nicht? Seid versichert, das ist es keinesfalls. Ich fürchte, ich lerne nie, wie man die gewünschten Färbungen und Strukturen erreicht.»
Rosina strich über den Klumpen auf Henriks Arbeitsfläche. «Es sieht matt aus. Auf den Epitaphien glänzt es.»
Henrik nickte. «Wenn die Stuckmarmorschicht auf ihrem Untergrund getrocknet ist –
alles
muss absolut durchgetrocknet sein –, beginnt die langwierigste Arbeit, das
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