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Mit dem Teufel im Bunde

Mit dem Teufel im Bunde

Titel: Mit dem Teufel im Bunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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schreiben. Und rechnen. Vielleicht sogar manierlich reden. Und merke dir: Wenn ich erfahre, dass ich dir nicht vertrauen kann, musst du wieder gehen. Dies ist kein vornehmes oder reiches Haus wie das der Schwarzbachs und der van Keupens, aber wer lügt oder stiehlt, ist nicht willkommen und muss gehen.»
    Tobias’ Kopf beugte sich noch tiefer über seine zusammengepressten Hände, und Elsbeth sagte: «Danke, Madam.» Ihre Stimme klang verdächtig nach einem dicken Kloß im Hals. «Danke. Ihr könnt kaum ermessen   …» Da fiel ihr ein, dass die junge Madam Vinstedt ihre, Elsbeths Geschichte kannte. «Ich werde weiter nach ihm sehen, und wenn er Ärger macht, kann er was erleben.»
    «Mach ich nich, mach ich gar nich, auf gar kein’ Fall   …»
    Verblüfft sah Tobias die beiden Frauen an, sah von einem Gesicht zum anderen und verstand nicht, warum beide plötzlich hell auflachten. Er würde noch erfahren, dass die Redewendung ‹auf gar keinen Fall› in diesem Haus häufig verwandt wurde. Es war ihm egal, solches Lachen konnte nur Gutes bedeuten.
    Alles Weitere war schnell verabredet. Tobias würde noch einige Tage im Waisenhaus bleiben, bis in der Wohnung der Vinstedts ein Platz für ihn hergerichtet und – das vor allem – mit dem Verwalter des Waisenhauses die nötigen Vereinbarungen getroffen und die Papiere unterzeichnet waren.
    Tobias beugte sich gerade zu einem besonders tiefen Diener vor Madam Vinstedt, was ihm mit seinen vor Freude und Aufregung zappelnden Gliedern nicht leichtfiel, als schwere Schritte die Treppe heraufgestapft kamen.
    «Madam, wir brauchen unbedingt Hilfe.» Eine hochgewachsene dünne Frau mit kräftigen Schultern trat in die Diele, in jeder Hand einen vollen Korb, auf dem Rücken ein Bündel, aus dem drei Porreestangen und ein paar herbstlich müde Mangoldblätter ragten. «Unbedingt eine Hilfe», wiederholte sie nachdrücklich und stellte ächzend die Körbe auf den Boden. «Bist du womöglich eine?»
    Sie reckte ihre steifen Schultern und musterte Tobias wie zuvor die Suppenhühner auf dem Markt, die sie wie jetzt den Jungen für zu mager befunden hatte.
    Pauline Roth, Köchin und Mädchen für alles im jungen Haushalt des Ehepaars Vinstedt, stemmte die Fäuste gegen die eckigen Hüften.
    «Klein und dünn», urteilte sie knapp. «Das ist nicht dein Ernst, Elsbeth, was? Du hast von ’nem kräftigen Jungen geredet. Diesen rotznasigen Spargel kannst du unmöglich gemeint haben.»
    «Moment», rief die Dame des Hauses, «komme ich gerade einem Komplott auf die Spur? Wissen alle außer mir, die es doch zuallererst angeht, dass unser Haushalt ein neues Mitglied bekommt?»
    «Pardon, Madam.» Pauline schnaufte immer noch, ihr hochrotes Gesicht, Ergebnis der schweren Last auf demWeg vom Markt am Messberg und der Treppen bis zur dritten Etage, nahm langsam wieder eine manierliche Farbe an. «Kein Komplott, gewiss nicht. Ich kenne Elsbeth doch schon lange, sie hat mir vor ein paar Tagen auf dem Markt von einem Waisenjungen erzählt. Ich habe an einen wie Benni gedacht, den Pferdejungen der Herrmanns’, und jetzt bringt sie uns so was.» Sie pikte Tobias mit kritisch vorgeschobener Unterlippe den Zeigefinger in die Rippen. «Haut und Knochen, eine Schande ist das. Erzähl mir keiner was von tätiger Nächstenliebe. Den müssen wir tüchtig füttern, Madam. Der Junge wird Euch teurer kommen als ein Lakai mit Perücke, Samthosen und allem Pipapo. Ich sag’s Euch, Madam. Aber niedlich isser ja mit seinem schiefen Auge. Manche sagen ‹schiefes Auge, Teufelsauge›, und dann noch die roten Haare – ist natürlich alles Unsinn und Spökenkiekerei, aber den müssen wir nehmen, Madam, den nimmt sonst keiner.»
    Die letzten Worte klangen nur noch gedämpft in die Diele, Pauline war schon mitsamt ihrer schweren Fracht in der Küche verschwunden.
    Tobias grinste so breit, dass fast alle seiner überraschend makellosen Zähne zu sehen waren. Köchinnen, das hatte er heute gelernt, waren wunderbare Menschen, die dicken wie die dünnen.
    «Tja», sagte Madame Vinstedt, «wenn selbst Pauline auf deiner Seite ist   …»
    ‹Dann müssen wir eigentlich nur noch Monsieur Vinstedt überzeugen›, hatte sie sagen wollen. Das Lächeln verschwand aus ihren Augen, ihr Blick wanderte hastig zum Fenster hinaus und zurück. Nein, sie musste ihn nicht fragen. Auf gar keinen Fall. Eine Überraschung geschah ihm recht.
    «Elsbeth?»
    «Ja, Madam?» Sie blieb, schon die Klinke in der Hand, stehen und drehte

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