Mit dem Teufel im Bunde
hatte, auch vom Turm der Kirche aus. Als sie schwieg, sagte Wagner: «Aha!»
Magnus, der die Geschichte schon gehört hatte, fragte, was ‹aha› bedeute.
«Leider nur aha.» Wagner sah mit Wohlgefallen zu, wie Rosina seine Tasse nachfüllte, und fuhr fort: «Ich war nichtuntätig, ich und Grabbe. Ja. Taubner war am Abend des Mordes in Wandsbek, mit seinem Gehilfen. Er hat dort Verwandte. Ich weiß es zuverlässig, leider. Grabbe hat einen Gewährsmann bei der Wache, der hat ihn aus dem Steintor gehen sehen.»
«Kann sein, er ist umgekehrt, kaum dass der Wächter sich anderen zuwandte», gab Magnus zu bedenken.
Wagner zog es vor, das zu überhören, Rosina dachte über anderes nach.
«Wenn sie ihr Erbe tatsächlich nicht bekommen und es irgendwie herausgefunden hat, muss sie mächtig zornig gewesen sein. Sicher hatte sie sich ihr Leben anders vorgestellt, als immer hinter der reichen Sibylla herzutrotten. Wisst Ihr, wo sie war?»
«Als der Mord geschah?» Wagner zuckte die Achseln. «Zu Hause. Das bezeugen ihre Köchin und ihr Mädchen.»
«Was wenig besagt. Sicher gibt es einen Hinterausgang. Unser Haus hat einen. Ich glaube es nicht», rief sie plötzlich. «Ich kann es mir nicht vorstellen. Sie … sah einfach nicht so aus.»
Wagner tauschte grimmig einen Blick mit Magnus. Rosina verstand, was seine Miene bedeutete.
«Ihr habt ja recht, das hat auch nichts zu sagen. Da Ihr nicht untätig wart, wisst Ihr sicher, ob es andere Verdächtige gibt. Es muss welche geben. Die Stadt ist groß, und sie kannte so viele Leute.»
Wagner schüttelte bedauernd den Kopf. «Nicht wirklich. Die meisten, die wir befragt haben, waren nicht allein, jedenfalls zur Zeit des Mordes. Die Zimmerleute, die von den Klötzen auf der Empore wissen konnten, waren alle beim Bau dieser fremdländischen Maschinen für die Turmbegradigung in der Zimmerei. Monsieur Sonnins Gehilfe auch, ja, und er selbst, der Baumeister», Wagner hüstelteverlegen, «der war in seiner Baustube, mit zwei verlässlichen Zeugen.»
«Ihr habt tatsächlich Baumeister Sonnin verdächtigt», stellte Rosina fest.
«Mein Amt fordert, jeden zu verdächtigen», knurrte Wagner, «mein Amt und meine Erfahrung, ja. Es hatte in der Vergangenheit Missstimmungen zwischen ihm und der Madam gegeben. Das muss überprüft sein. Die Speicherarbeiter», fuhr er rasch fort, bevor Rosina nach diesen Missstimmungen fragen konnte, die er selbst für wenig bedeutend hielt, «und die Leute in ihrem Haus kommen auch nicht in Frage. Für den Mord. Für das Feuer – nun ja, da kann mancher nachts herumgeschlichen sein, auch wenn alle das Gegenteil behaupten. Es gibt keine Zeugen für nächtliche Ausflüge. Wir haben sogar die Nachtwächter für dieses Quartier befragt. Nichts, leider.»
Bergstedt allerdings, der Schreiber, sei zur Zeit des Mordes auf dem Heimweg gewesen. Jemand habe ihn gesehen, wobei die Leute viel sähen, was nicht stimme, und manchmal sähen sie das, wofür sie bezahlt würden.
«Ja. Und Wessing, der ältere der beiden Handelslehrlinge, hat sie auf dem Rückweg von einem Botengang sogar in der Kirche beobachtet, als sie gerade hineingegangen war. Ganz kurz. Er hat sie, nun ja, sagen wir: verehrt. Dann ist er schnell zurückgerannt, sagt er, in den Cremon. Er hatte irgendwelche private Post zu lesen. Das ist dünn und nah dran, ich habe ihn trotzdem gestrichen. Sie wollte die Gebühren für Professor Büschs Handlungs-Academie bezahlen, die er nach der Lehrzeit besuchen will. Jetzt fürchtet er die größten Nachteile von ihrem Tod. Ja, das tut er und mit gutem Grund. Sicher hat es andere gegeben, die sie nicht mochten oder Stärkeres, auch unter ihren Konkurrenten, aber wie soll ich die finden? Wenn jemand aus diesenKreisen mit der Wedde zu tun bekommt, schweigen alle. Es ist die Sache mit den Krähen.»
«Krähen, aha», sagte Magnus, und Rosina erklärte: «Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus.»
Magnus blickte sie misstrauisch an. Ihre Stimme klang abwesend. Er kannte sie gut genug, um zu fürchten, dass das nichts bedeutete, was ihm gefiel.
«Du brütest etwas aus, Rosina. Sag uns, was.»
«Überhaupt nicht.» Sie blickte ihn strahlend an. «Ich habe nur auf die Stundenglocke gelauscht. Wenn wir nicht zu spät in der Kirche sein wollen, wird es höchste Zeit. Der Gottesdienst beginnt um Punkt halb eins. Ausnahmsweise predigt Pastor Goeze heute auch im Mittagsgottesdienst, und er ist nie zu spät. Denkst du, es ist kalt genug für meinen
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