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Mit dem Teufel im Bunde

Mit dem Teufel im Bunde

Titel: Mit dem Teufel im Bunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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hören, ob sie den Besuch des Stuckators samt seinem Gehilfen bestätige. Grabbe hielt das für überflüssig, umso mehr, als es ein weiter Weg war und Wagner über kein Pferd verfügte, Grabbe vertraute auf seinen Gewährsmann unter den Torwachen. Immerhin habe der Weddemeister Kuno mitgenommen, dem Hund werde die Bewegung auf freiem Feld Vergnügen machen. Bis zurDämmerung und damit dem Toresschluss war Wagner nicht zurück gewesen. Morgen, wieder einmal musste etwas auf morgen verschoben werden.
    Sie dachte auch darüber nach, warum sie sich immer wieder in eine solche Bredouille brachte – und kam auch darin zu keinem rechten Schluss. Nur zu dem unbefriedigenden, dass Bredouillen eben Teil des Lebens waren.
    Sie hörte die Stimmen Paulines und Tobis aus der Küche, es klang vertraut und heimelig, doch das entsprach nicht ihrem Gefühl. Für diese beiden war sie nicht Rosina, sondern Madam Vinstedt, eine unsichtbare Mauer würde sie immer trennen, selbst wenn mit der Zeit größere Vertrautheit wuchs. Die Sehnsucht nach ihrer Komödiantenfamilie überschwemmte sie wie eine heiße Welle. Nach Helena und Jean, nach Gesine, Rudolf und ihren Kindern und nach Titus, ach ja, nach Titus, dem lieben knurrigen Hanswurst der Becker’schen Gesellschaft. Und nach Muto, dem stummen Jungen, der mit den Händen, dem ungemein lebendigen Gesicht, mit seinem ganzen Akrobatenkörper zu sprechen verstand, den sie wie einen Bruder liebte. An diesem düsteren Abend konnte sie sich nicht vorstellen, je wieder so geborgen zu sein wie bei ihnen. Warum hatte sie sich nicht in einen Komödianten oder Musiker verlieben können, in einen Mann, der mit ihr bei den Becker’schen geblieben wäre?
    Sie stützte das Kinn in die Hände und starrte gegen die Fensterscheibe. Es war, wie es war. Und war sie etwa nicht glücklich mit Magnus?
    Sie sollte die Vorhänge schließen, dann würde wenigstens der Wind, der in der letzten Stunde zum Sturm gewachsen war und an dem alten Haus rüttelte, nicht durch die Ritzen ins Zimmer drängen. Doch so albern es war, es erschien ihr wie Verrat an Magnus. Der war jetzt irgendwoda draußen, wahrscheinlich auf dem Weg zurück über den Hamburger Berg, der längst kein Berg mehr war – dessen Erde steckte in den Wällen der Befestigung   –, sondern eine weite, fast kahle Fläche auf dem Hochufer, über die stets ein Wind pfiff.
    Sie hatte es befremdlich gefunden, als er eine Stunde vor Beginn der Dämmerung verkündete, er werde nach Altona reiten. Erst auf ihre Frage hatte er knapp erklärt, Karl Struensee reise schon morgen weiter nach Berlin, er wolle ihn noch einmal sprechen. Sie hatte nicht gefragt warum, Magnus würde seine Gründe haben.
    Er hatte versprochen, noch am Abend zurückzukommen, und ihren Einwand, die Tore seien dann längst geschlossen, er möge ruhig für die Nacht in Altona bleiben, mit einem Schulterzucken abgetan. Natürlich seien sie das, aber bis Mitternacht werde man gegen eine Gebühr eingelassen. Er hatte sie umarmt und versichert, das sei ihm die Heimkehr zu seiner Liebsten allemal wert. Von ihrem Schlafkammerfenster hatte sie zugesehen, wie er seinen Fuchs aus dem Stall holte und davonritt. Sie hatte gehofft, er werde ihr winken, er hatte nicht einmal heraufgesehen. Natürlich nicht, er dachte nicht daran, seine Ehefrau könnte hinter der Gardine stehen und ihn beobachten.
    Sie stand auf und schloss energisch die Vorhänge. Besser, sie sperrte den Sturm aus, er provozierte nur wirre Ideen.
    Aus ihren Gedanken und Phantasiebildern ließ er sich dennoch nicht vertreiben. Wenn Magnus die ständig zunehmende Stärke des Sturms erkannte, war er hoffentlich vernünftig genug, doch in Altona zu bleiben. Es war eine halbherzige Hoffnung, falls sie sich erfüllte, würde sie sich die ganze Nacht sorgen. Weil er das wusste – wusste er das wirklich? Bedachte er es?   –, würde er zurückreiten. Und wenn er den Weg an den Reeperbahnen vorbei nahm, umden schlimmsten Böen auszuweichen? Die Bäume dort waren uralt, ihre Äste konnten brechen und ihn verletzen. Erschlagen. So etwas kam immer wieder vor. Oder das Pferd erschrecken und scheuen lassen. Der Fuchs war noch jung und nervös, er könnte ihn abwerfen. Bilder von gebrochenen Knochen stiegen in ihr auf, von einem im Steigbügel verfangenen Fuß, einem Körper, der von einem panischen Pferd über Stock und Stein geschleift wurde, bis   …
    Sie sprang auf, riss die Vitrinentür auf und griff nach der Flasche Rosmarinbranntwein,

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